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Klimakrise

Zurück in die Steinzeit? Warum eine Welt ohne fossile Brennstoffe nötig und möglich ist

Der Präsident des Weltklimagipfels zweifelt am wissenschaftlichen Konsens zum Aus von Kohle, Öl und Erdgas. Er hält das Ende fossiler Brennstoffe für unnötig. Die Welt würde dadurch wieder zurück in die Steinzeit katapultiert werden. Wie sieht eine Welt ohne fossile Brennstoffe aus?

Der weltweite Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas ist eines der strittigen Themen in Dubai. Das Gastgeberland Vereinigte Arabische Emirate und weitere Staaten wollen weiter auf fossile Energien setzen und Technologien wie CO2-Speicherung oder -Abscheidung nutzen. Der Präsident der Klimakonferenz al-Dschaber ist der Ansicht: Es gäbe keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen nötig sei, um die Erderhitzung auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Eine wirtschaftliche Entwicklung ohne fossile Rohstoffe sei nicht möglich, sagt al-Dschaber, “außer man will die Welt zurück in die Steinzeit katapultieren”. Ist eine Welt ohne fossile Rohstoffe wirklich so undenkbar?

Die Welt der Brennstoffe

Bei fossilen Rohstoffen denken wir zuerst ans Autofahren und den Strom aus der Steckdose. Doch Kohle, Gas und Erdöl sind in den vergangenen 200 Jahren viel tiefer in unseren Alltag gesickert. Arzneimittel, Nylon oder Kunstdünger kommen aus den Energieträgern. Der heutige Wohlstand der Industriegesellschaft gründete sich darauf, Kohle, Gas und Öl aus der Erde zu holen und zu verbrennen. Für die Zukunft muss etwas anderes gelten. Denn: Hauptverursacher für den CO2-Ausstoß sind fossile Brennstoffe. 

Der neueste Bericht zum globalen Kohlenstoff-Budget sagt: Die CO2-Emissionen durch fossile Energieträger sind auf einem Rekordhoch. Und sie steigen weiter. Sie erreichen Ende des Jahres voraussichtlich 36,8 Milliarden Tonnen. Das sind 1,1 Prozent mehr als 2022 und 1,4 Prozent mehr als 2019. Mehr ist schlecht. Das belegen wissenschaftliche Zahlen aus dem Weltklimabericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC). Die Konzentration von Kohlendioxid in der Atmosphäre ist so hoch wie zuletzt vor zwei Millionen Jahren. Direkte Folgen sind Wetterextreme wie Starkregen, Unwetter, das Abschmelzen der Gletscher. Konkret: Es wird immer heißer. Dadurch drohen in Zukunft weite Teile der Erde unbewohnbar zu werden. 

Die Klimaberichte des IPCC gelten als Konsens der weltweiten Klimaforschung. Und sie bilden die Grundlage für die Politik, auch bei den Weltklimakonferenzen. Die Forderung der Wissenschaft: Die globalen Treibhausgasemissionen müssen ab sofort in allen Sektoren sinken und bis 2030 halbiert werden, um das 1,5-Grad-Ziel noch zu erreichen. 

How To Aussteigen

Es gibt nicht den einen Weg zur Energiewende. Der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen kann nicht von heute auf morgen gelingen. Aber er muss gelingen. Bereits jetzt gibt es konkrete Maßnahmen, die zeigen, wie es in einer Welt ohne fossile Energie aussehen könnte. Der Vorsitzende des Weltklimarates IPCC, Jim Skea, wiederholte auf der COP28 die nötigen Schritte für den Ausstieg für fossile Brennstoffe: Bis 2050 müssten Kohlekraftwerke eingestellt werden, sofern ihre Emissionen nicht vollständig eingefangen werden können. Die Nutzung von Erdöl müsse bis 2050 um 60 Prozent reduziert werden. Erdgas um 45 Prozent. Aber woher dann die Energie nehmen? Aus erneuerbaren Quellen. Dazu gehören Sonnenenergie, Wasserkraft, Windkraft, Geothermie und Umgebungswärme sowie Bioenergie.

In einigen Ländern und Regionen konnte der Wandel recht schnell umgesetzt werden. Ontario ist in den Jahren 2003 bis 2014 komplett aus dem Abbau und Verbrennen von Kohle ausgestiegen. Seit 2003 ist in Österreich die Förderung für den Ausbau von Strom aus erneuerbaren Energien bundesweit einheitlich durch das Ökostromgesetz geregelt. Wasser, Wind und Sonne decken hierzulande fast zwei Drittel der Stromversorgung ab. 

Island deckt mit über 99 Prozent nahezu den gesamten Energiebedarf des Landes aus erneuerbaren Energiequellen. Dabei nutzt der Inselstaat bereits seit vielen Jahren die geothermalen Gegebenheiten: 65 Prozent des Energiebedarfs kann das Land aus Erdwärme decken. Diese Beispiele haben eines gemeinsam: Eine entschlossene Regierung, die den Wandel aktiv unterstützt hat, und die alle beteiligten Organisationen und Firmen unter einen Hut bringt.

Steinzeit oder Zukunft?

Aus dem Lebensstil, der die letzten 200 Jahre gewachsen ist, lässt sich Kohle oder Öl nur schwer wegdenken. Ob es einen ähnlichen Lebensstil ohne fossile Rohstoffe geben könnte, fällt in den Bereich der Spekulation. Was fest steht: mit fossilen Brennstoffen wird die Klimakrise weiter angeheizt. Bereits jetzt verlieren Millionen Menschen dadurch ihre Lebensgrundlage. Naturkatastrophen, Hunger, Flüchtlingsströme und wirtschaftliche Konflikte sind weitere Folgen. Der aktuelle IPCC-Bericht sieht dadurch das Zusammenleben und die Existenz der zukünftigen Generationen bedroht. 

Saudi-Arabien, Russland und der Irak stemmen sich auf der Klimakonferenz in Dubai besonders vehement dagegen, komplett aus Kohle, Öl und Gas auszusteigen. Das hat Gründe: Die drei Staaten gehören zu den größten Öl- und Gasexporteuren weltweit. Sie sind wirtschaftlich stark abhängig davon, dass weltweit fossile Energieträger gebraucht und verarbeitet werden. Fallen diese Einkünfte weg, hat das soziale und wirtschaftliche Folgen. Die Länder müssen neue Einnahmequellen erschließen. 

Die Weltklimakonferenz in Dubai geht noch bis zum 12. Dezember. Es laufen harte Verhandlungen zur Zukunft der fossilen Energien. Nur der Ausstieg daraus ist die Lösung für die Klimakrise. Das belegt die Wissenschaft. 

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