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Kapitalismus
Arbeitswelt

Steuerverweigerung der Unternehmen – und warum sich bisher nichts daran ändert

Wirtschaft erklärt von Chef-Ökonom Oliver Picek.

Gestern war Tag der internationalen Steuerverweigerung der multinationalen Unternehmen. Deren Vorstandsvorsitzende verschieben munter Gewinne in Steuersümpfe, um ihre Steuern einseitig zu kürzen – zum Schaden der Allgemeinheit und zum alleinigen Wohle der KonzerneigentümerInnen. Steuerverweigerung ist eine Möglichkeit, die keine ArbeitnehmerIn, keine PensionistIn, keine kleine Selbstständige, ja nicht einmal ein Mittelstands-Betrieb hat.

Vergleicht man den Tag der Steuerverweigerung international, liegt Österreich im Mittelfeld. Doch eigentlich sollte Österreich viel besser liegen, denn große multinationale Konzerne hat Österreich nur sehr wenige. Die öffentliche und auch mediale Aufregung darüber ist groß. Die Politik war gezwungen zu handeln, indem sie die OECD bat, eine international koordinierte Strategie gegen Steuervermeidung zu entwerfen.

 
Steuervermeidung im internationalen Vergleich

Das konnten die Konzerne nicht verhindern, darum haben sie ihre Taktik angepasst. Trotz öffentlicher Bekenntnisse, zukünftig mehr Steuern zahlen zu wollen, agieren die Lobbying-Abteilungen der internationalen Konzerne wie eh und je im Hintergrund. Sie treffen PolitikerInnen und wenden eine Doppelstrategie an: Bei Wohlgefallen (sprich: Übernahme ihrer Forderung) spenden die EigentümerInnen fleißig, bei Widerspenstigkeit drohen sie mit Arbeitsplatzverlusten und Liebesentzug.

Tatsächlich: Sieht man sich im Detail an, ob und was genau weitergegangen ist beim Abschaffen dieser Steuerverweigerung, reicht es hinten und vorne nicht. Eine der wichtigsten ersten Schritte, um erst einmal überhaupt Transparenz über die Praktiken der Konzerne herzustellen, sind sogenannte „Länderberichte“. In diesen müssen Firmen veröffentlichen, in welchen Ländern sie Gewinne, Umsätze, und Steuern zahlen und wie hoch diese sind. Zu dem kommt noch die Anzahl der Arbeitsplätze. Da würde es ganz offensichtlich seltsam anmuten, wenn ein Land wie Luxemburg mit wenig mehr als einer „Briefkasten“-Gesellschaft und ein paar MitarbeiterInnen plötzlich den Großteil des Konzerngewinns ausweist.

 

Österreich blockiert

Darum gibt es ein Konsortium an Finanz- und Wirtschaftsministern in der EU, die die Veröffentlichung dieser Länderberichte mit allen Mitteln verhindern wollen. Vergangenes Jahr haben auch die ÖVP-nahen Minister der Übergangsregierung in Österreich – unter starkem Druck der Konzerne – ihre Gegenstimme im EU-Ministerrat eingelegt. Das Ziel ist einfach: Wenn es keine handfesten Beweise gibt, dann wird die öffentliche, mediale (und vielleicht rechtliche) Verurteilung schwieriger. Als Handlungsprinzip gilt hier das Vertuschen des Skandals, nicht das Verhindern des Skandals.

Eine weitere wichtige Forderung der WirtschaftsforscherInnen ist, besseren Zugang zu Daten zu haben – vor allem konkrete Steuerdaten. Im Moment sind diese angewiesen auf indirekte Methoden zur Schätzung der Steuerhinterziehung und -verweigerung. So berichten internationale Konzerne an staatliche Statistikbehörden, dass sie mehr Finanzanlagen und Wirtschaftsgüter im kleinen Luxemburg als im 2300 mal größeren China besitzen würden. Diese absurden Statistiken korrigieren die ForscherInnen mittels aufwendiger ökonomischer Methoden auf Länderebene.

Vertuscht und geleugnet

Das macht das Ergebnis nicht schlechter oder gar falsch, aber es macht es schwieriger, das Fehlverhalten der Konzerne auf den einzelnen Konzern in einem einzelnen Land systematisch herunterzubrechen. Es erlaubt außerdem Industrievertretern, weiterhin ungestört und ungeniert behaupten zu können, dass diese Studien ja übertrieben seien. Das, obwohl es genug Einzelbeispiele für die Steuerverweigerung gibt: Ein ehemaliger österreichische Bundeskanzler verwendete dafür einmal den Vergleich, dass Starbucks und Amazon weniger Steuern in Österreich bezahlen als ein Würstelstand.

Vor allem aber verhindern die IndustrievertreterInnen über ihren Lobbying-Arm, dass mehr Transparenz ins System kommt. Doch auch damit wären wir erst ganz am Anfang, um die ungerechte Steuerverweigerung der Konzerne, die nur den reichsten Menschen der Welt nützt, zu beenden. Denn erst nach der Transparenz kommt die Reform. Aktuell schaffen es die Beharrungs- und Steuerverweigerungskräfte von Konzernen und konservativer Politik, die detaillierte Einschau in die Konzern-Praktiken zu verhindern.

Es braucht dafür offenbar noch mehr politischen Druck. Zu hoffen bleibt, dass dieser in Kombination mit der grünen Regierungsbeteiligung die österreichische Position in der EU etwas „kompromissbereiter“ macht. Neue Regierung – neues Glück?

 

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