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Demokratie

Supreme Court: Warum die Demokratie in den USA in Gefahr ist

Supreme Court: Warum die Demokratie in den USA in Gefahr ist
Schon wieder gelangt ein Fall des amerikanischen Supreme Court in die Nachrichten. Diesmal geht es um das Wahlsystem und Versuche, gerichtliche Kontrolle über den Ablauf von Wahlen auszuhebeln. Gewinnen die Antragstellenden, könnte das die Demokratie in den USA nachhaltig gefährden. Was es mit Moore vs. Harper auf sich hat und was die Independent State Legislature Theorie ist, erfährst du hier.

Was passierte im Fall Moore vs. Harper?

Nach einer Volkszählung im April 2020 änderten die Republikaner die Aufteilung der Wahlbezirke im Bundesstaat North Carolina. So wollten sie mit Gerrymandering das Wahlergebnis manipulieren. Demokratische Wähler:innen und NGOs legten daraufhin beim North Carolina Supreme Court Beschwerde ein. Das Gericht gab ihnen recht und ordnete Karten mit anderen Wahlbezirken an.

Republikaner in North Carolina legten darauf im Februar 2022 Berufung ein. Der Supreme Court lehnte ab. Nun versuchten sie es erneut, mit dem Argument, dass es verfassungsrechtlich relevant wäre, die Frage der Independent State Legislature Theorie (ISL) zu klären. Diesmal willigte das Gericht ein, den Fall zu hören.

Was ist die Independent State Legislature Theorie (ISL)?

Die ISL ist eine Theorie der Rechtsauslegung, nach der die amerikanischen Verfassung der Legislative der Bundesstaaten alle Gestaltungsmacht über die Abhaltung der Wahlen auf Bundesebene gibt. Das bedeutet, dass Ort, Zeit und Weise der Wahl von einem Bundesstaat frei beschlossen werden können, ohne gerichtlicher Kontrolle zu unterliegen.

Was bedeutet die Independent State Legislature für die Demokratie?

Würde der Supreme Court der ISL Theorie zustimmen, könnte kein Gericht unrechtmäßiges Gerrymandering beanstanden. Auch hätten die Bundesstaaten freie Hand, die Wahlpersonen, die alle vier Jahre den:die Präsident:in wählen, nach ihrem Interesse zu besetzen. Gesteht man den Bundesstaaten diese Unabhängigkeit ein, könnten sie Wahlen auf Bundesebene beliebig gestalten, selbst wenn es verfassungswidrig ist.

Wenn die Durchführung einer Wahl keiner gerichtlichen Kontrolle untersteht, kann man eigentlich nicht mehr von einer Demokratie sprechen. Denn wer an der Macht sitzt, kann die Wahlbedingungen so manipulieren, dass abweichende Ergebnisse gar nicht mehr möglich sind. 

Akzeptiert der Supreme Court nun die ISL Theorie, könnten die Republikaner die Wahlen in ihren Bundesstaaten so richten, dass sie gar nicht mehr verlieren.
 

Wie stehen die Chancen, dass der Supreme Court den Republikanern recht gibt?

Dass der Supreme Court den Antrag überhaupt zur Begutachtung angenommen hat, ist ein beunruhigendes Zeichen. Die meisten Fälle – etwa 6,930 von 7,000 jährlich – lehnen sie nämlich ab.

Rechtlich hat diese Theorie eigentlich keinen Rückhalt. Weder die Verfassung, noch historische Nachweise oder Präzedenzfälle unterstützen die ISL Theorie. Ihre Umsetzung wäre auch absurd, da sie der Legislative erlauben würde, gegen die Verfassung zu verstoßen, ohne vor einem Gericht Rechenschaft ablegen zu müssen. Das Brennan Center, ein überparteiliches Institut für Recht und Politik, bezeichnet die ISL Theorie als „unhaltbare Fehlinterpretation“.

Was ist der Hintergrund des Falls Moore vs. Harper?

Ähnlich wie beim Roe vs. Wade Urteil kommt diese Anfrage nicht aus dem Nichts. Jahrelang haben Interessensgruppen aus Konzernen und rechten Fundamentalist:innen daran gearbeitet, ihre Agenda durchzusetzen.

Die ISL Theorie ist besonders nach Donald Trumps Versuch, die letzte Präsidentschaftswahl umzukehren, ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt. Während dieser im Vordergrund den Sturm auf das Kapitol provozierte, wurde im Hintergrund versucht, das Wahlergebnis nachträglich zu verändern. Sollte der Supreme Court für die ISL Theorie entscheiden, kann das die Präsidentschaftswahlen 2024 maßgeblich verändern.

Mit der Angelobung drei neuer Höchstrichter:innen wurde unter Trump ein Drittel des Supreme Courts neu besetzt. Der Rechtsrutsch, den er damit bewirkt hat, wird die amerikanische Rechtssprechung noch Jahre begleiten. Denn die Richter:innen bleiben bis zu ihrem Lebensende im Amt. 

Wann wird der Supreme Court über Moore vs. Harper entscheiden?

Im Programm für Oktober und November 2022 ist der Fall Moore vs. Harper nicht vorgesehen. Anhörungen werden frühestens im Dezember stattfinden, der Fall könnte sich aber auch bis Juni 2023 hinauszögern.

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