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Klimakrise

Die "Technologieoffenheit" der ÖVP ist eine faule Ausrede gegen Klimaschutz

Die Technologie wird uns schon vor der Klimakatastrophe retten. Glaubt zumindest die ÖVP, wenn sie "Technologieoffenheit" propagiert. Aber von welcher Technologie spricht Kanzler Nehammer, wenn er nicht einmal die vorhandene umsetzt? Katharina Rogenhofer erklärt. 

 

 

Retten uns “Technologieoffenheit” und “Innovation” vor der Klimakatastrophe? Die ÖVP-Spitze wird nicht müde, das zu behaupten. Von Kanzler Karl Nehammer bis zu Staatssekretärin Claudia Plakolm. Die Schlagworte sind gut eingelernt und werden so lange getrommelt, bis sie alle glauben. Wenn man jedoch genauer hinschaut, geht das Argument in Flammen auf.

Technologieoffenheit wird uns nicht retten

Die Klimaaktivist:innen sollen sich nicht so aufregen. Innovation und Technologien werden uns schon retten. Diese Behauptung hört man immer öfter von der ÖVP-Spitze. Natürlich klingt es sexy, immer noch bessere technologische Lösungen für die Klimakrise zu versprechen – und dann darauf zu warten. Doch Fakt ist: Die meisten Technologien für die Klimawende sind bereits am Markt. Bis 2030 müssen wir die Treibhausgase halbieren. Schon mit den heutigen Technologien können wir 80 % dieser Reduktion schaffen. Selbst für den Weg zur weltweiten Klimaneutralität 2050 sind über 50% der Technologien einsatzbereit.

Diese Technologien kennen wir mittlerweile fast alle: Windräder, PV-Anlagen und Wärmepumpen. Wo ist also die Kanzlerrede, die einen Turbo im Ausbau der Erneuerbaren ankündigt? Wo ist das Erneuerbaren-Wärme-Gesetz, mit dem die ÖVP bundesweit den Ausstieg aus Öl- und Gasheizungen fördert? Mit dem wir innovative und erneuerbare Heizalternativen anschieben? Oder: habe ich irgendwo die neue Kampagne für Geothermie verpasst?

Wenn die ÖVP also nicht einmal die vorhandenen Technologien fördert, ist der Verweis auf Technologie der Zukunft nur eine Ausrede, um am Status quo festzuhalten. Die Glaubwürdigkeit als “Innovations-Vorreiter” bröselt noch weiter, seit Kanzler Nehammer gemeinsam mit den deutschen Liberalen auf EU-Ebene das Ende der Verbrenner ausbremste und seitdem in gefühlt jedem Interview über e-Fuels schwärmt.

E-Fuels sind unsinnig

Das Märchen klingt auch sehr verlockend: Niemand muss etwas ändern. Wir werden einfach irgendwann grüne Treibstoffe statt Benzin tanken und alles ist gut. Aber so einfach ist es nicht. Erstens: Wir werden auf absehbare Zeit nicht genug davon haben. Selbst wenn alle WELTWEIT angekündigten Projekte zur Herstellung von e-fuels umgesetzt werden, würden diese bis 2035 nicht einmal genug Treibstoff für die Luftfahrt in DEUTSCHLAND bereitstellen.

Sollte man dann nicht einfach viel mehr davon erzeugen? Nein. Denn e-fuels sind außerdem extrem verschwenderisch und teuer. Um e-fuels zu erzeugen, braucht es viel Energie, die dann wiederum in Bewegungsenergie umgewandelt werden muss. Nur 14 Prozent der ursprünglichen Energie können so zum Fahren genutzt werden. 86 Prozent werden verschwendet. Zum Vergleich: Lädt man Fahrzeuge direkt mit Strom, ist es fast umgekehrt. 81 Prozent der Energie wird bei einem E-Auto zum Fahren genutzt.

Schlechte Technologien bewerben, ist dumm.

Was die ÖVP-Spitze als “Technologieoffenheit” propagiert, ist in Wahrheit also etwas anderes: Technologiedummheit. Technologien, die offensichtlich ineffizient sind, werden beworben. Wirklich nachhaltige und marktreife Technologien werden hingegen ignoriert. In wessen Interesse? Jedenfalls nicht in dem des Klimas. 
Derweil lässt sich der Kanzler unter dem Slogan „Klimaschutz durch Fortschritt“ plakatieren. Doch welcher Fortschritt soll da gemeint sein? Immerhin regiert die ÖVP seit über 30 Jahren und stellte, bis auf die vergangenen Jahre, in jeder Legislaturperiode die Umweltminister:innen. In den Jahrzehnten, in denen die ÖVP verantwortlich war, sind die österreichischen Emissionen jedoch gar nicht gesunken.

Richtiger Fortschritt wäre es, wenn die ÖVP endlich Gesetze beschließen würde, statt zu blockieren und Sonntagsreden auf Innovation zu halten. Solange es nicht einmal ein Klimaschutzgesetz gibt, zieht sich die ÖVP nur ein grünes Mäntelchen an. Statt schon lange bekannte Lösungen umzusetzen, will Kanzler Nehammer nun einmal einen Zukunftsplan erarbeiten. Auf meine Nachfrage auf Twitter, welche Expert:innen für das Klima hinzugezogen werden, kam keine Antwort. In der Pressekonferenz fiel aber ein Name: Elisabeth Zehetner. Das ist die Geschäftsführerin von Oecolution. Der Name deutet umweltfreundliche Lösungen an. Ein gutes Zeichen? 

Tatsächlich ist es ein Oecolution ein Thinktank, der ausschließlich von der Wirtschaftskammer und der Industriellenvereinigung finanziert wird. Beide haben in der Vergangenheit wichtige Klimaschutzinitiativen immer wieder gebremst. Und – ganz überraschend – propagiert Oecolution vor allem pseudo-technologische Lösungen. Wie e-fuels.

 

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