Warum deine Stromrechnung bald wieder steigt, obwohl die Energiekrise vorbei ist
Schlechte Nachrichten: Deine Stromrechnung wird bald wieder steigen. Zwar ist die Energiekrise vorbei, aber: Die Netzentgelte, jene Gebühren, die fällig werden, damit ein Stromanbieter überhaupt Strom bis nach Hause liefern kann, werden im kommenden Jahr kräftig nach oben gezogen.
Der Anteil der sogenannten „Netzentgelte“ an der Stromrechnung beträgt aktuell etwa ein Viertel. Schon nächstes Jahr wird er um bis zu 30 Prozent steigen. Bis 2030 könnten sich diese Gebühren verdoppeln, warnt die Arbeiterkammer bereits.
Wer zahlt die Stromrechnung, wer profitiert?
Dabei profitieren von einem modernen, gut ausgebauten Netz alle – auch die großen Stromerzeuger. Wer aber zahlt den Ausbau? Heute sind es fast ausschließlich private Haushalte und kleine Betriebe.
Obwohl sie vom Stromnetz genauso abhängig sind, zahlen Stromkonzerne und Großbetriebe kaum für die Netznutzung. Die Netzentgelte tragen fast vollständig die Verbraucher:innen. Eine gerechte Kostenverteilung würde bedeuten, dass auch die Stromerzeuger einen fairen Anteil beitragen. Schließlich könnte kein Stromproduzent ohne Stromnetz sein Produkt ausliefern. Selbst die E-Control – als staatliche Aufsichtsbehörde über den Strommarkt normalerweise recht vorsichtig – spricht von einer ungerechten Situation.
Effiziente Netze statt Einzelanschlüsse
Der Netzausbau ist nötig, weil immer mehr Stromerzeuger ihren Strom einspeisen wollen. Doch die Energiewende auf dem Dach des Einfamilienhauses allein ist wenig effizient. Und schon gar nicht kostengerecht. Einzelne PV-Anlagen auf Einfamilienhäusern benötigen teure, zusätzliche Anschlüsse. Braucht der einen stärkeren Stromanschluss, weil er überschüssigen Strom aus der PV-Anlage ins Stromnetz speisen will, sollte er den selbst bezahlen. Und sich nicht von allen Stromkund:innen Geld zuschießen lassen, wie derzeit.
Effizienter wäre es, große Freiflächen oder Gebäude – wie Felder, Bahngleise oder Einkaufszentren – für Solarstrom zu nutzen. Hier können große Mengen Strom über nur eine Leitung eingespeist werden, was die Netzkosten für alle senkt.
Die Strompreisfalle: Wie das Merit-Order-Prinzip Verbraucher:innen benachteiligt
Dazu kommt, das Strom immer noch nach dem Merit-Order-Prinzip gehandelt wird. Dabei wird der Strom immer zum teuersten benötigten Produktionspreis der Stunde gehandelt. Egal, wie viel die Stunde Strom in der Produktion gekostet hat – gehandelt wird sie zum teuersten Preis. Die Folge? Wir bezahlen den hohen Gaspreis, auch wenn unser Strom fast vollständig billig aus Sonne, Wind oder Wasser hergestellt wurde.
Eine Reform des Merit Order Prinzips könnte dafür sorgen, dass erneuerbare Energien und fossiler Strom getrennt behandelt werden, damit Kund:innen direkt von den günstigen Preisen profitieren.
Mehr Fairness für die Verbraucher:innen
Ein anderer Weg wäre, die Liberalisierung des Marktes für Haushaltskunden auszusetzen. Dann könnten die Energieanbieter nicht mehr ohne weiteres hohe Preise verlangen, die an der Börse durch Spekulation in die Höhe getrieben werden. Ein regulierter Aufschlag würde die Preisexplosion abfedern.
In der Schweiz funktioniert dieses Modell: Die Strompreise sind dort viel stabiler und auch während der Energiekrise nicht davongaloppiert.
Energiewende ohne soziale Schieflage
Die Energiewende darf nicht allein den Stromkonzernen nutzen, während die Kund:innen die Rechnung bezahlen.
Wenn wir keine gerechtere Lösungen finden, droht die Akzeptanz für die Energiewende zu sinken – das wäre fatal für den Klimaschutz. Das können wir uns wahrlich nicht leisten.