Schnell reich werden mit Umwidmungen: Das gute Geschäft mit dem Boden
Leute, das Internet hat DOCH recht. Es gibt wirklich ein Geschäftsmodell, mit dem man quasi über Nacht reich werden kann. Ohne Arbeit, ohne Mühe … RICHTIG reich. Aber nein, nicht mit einem Schneeball-Scam. Nicht mit einem tollen Erbe, das einen erwartet, wenn man nur einen kleinen Betrag nach Lagos überweist, damit man es loseisen kann. Nein, ganz seriös: Per Geschäftsmodell mit einem Grund.
Ein Grundstück kann über Nacht im Wert förmlich explodieren … um Millionen Euros. Alles, was für so eine märchenhafte Wertsteigerung notwendig ist: ein Beschluss der Gemeinde zur Umwidmung. Und sim-sala-bim, wird aus einem Quadratmeter wertloser Wiese ein Quadratmeter prächtiger Baugrund.
Umwidmungen: 26-fache Wertsteigerung, 100.000 Mal am Tag
Statt 10 Euro kostet der Quadratmeter dann 300 Euro. Das ist keine Übertreibung – wenn Grünland in Bauland umgewidmet wird, dann steigt der Wert im Durchschnitt um das 26-Fache. Und deshalb widmen die Gemeinden um, als hätten wir einen zweiten Planeten im Keller rumkugeln, den wir raufholen, wenn der erste komplett in Bauland umgewidmet worden ist.
Etwa jede Sekunde wird in Österreich ein Quadratmeter Grünland in Bauland umgewidmet. Pro Tag sind es 100.000 Quadratmeter, also 10 Hektar. Nur mit Umwidmungen werden so Hunderte Millionen Euro an Wert geschaffen. Quasi aus dem Nichts, denn ändern tut sich ja nur etwas auf dem Papier … im Grundbuch nämlich.
So landet also viel, viel Geld in den Taschen der Leute, denen die Grundstücke gehören. Ohne, dass jemand anders das Geld verliert … wie bei einem Zaubertrick!
Die Wertsteigerung zahlt auch die Allgemeinheit
Na, nicht ganz. Denn wenn das Bauland dann aufgeschlossen wird, dann zahlen wir alle dafür: Straßenbeleuchtung, Kanal, Strom, Straße. Das bauen wir auf Kosten aller dahin. Das wertet die Grundstücke dann weiter auf und steigert den Wert der Häuser, die darauf gebaut werden.
Das heißt also: Den Gewinn der Umwidmung und der darauffolgenden Aufschließung, den streift der Eigentümer ein. Dass es nur so rauscht. Die Kosten dafür, auf denen bleiben wir als Gesellschaft sitzen. Das gilt auch für die langfristigen Folgen:
Mit der Zersiedelung zerstören wir so viel Boden dauerhaft wie überhaupt noch nie.
Wir brauchen keine neuen Bauflächen
Und abseits der privaten Profite für die Eigentümer gibt es heute KEINEN Grund, dass wir überhaupt weiter Bauflächen widmen. Denn Land, das bereits umgewidmet, aber noch nicht bebaut wurde, haben wir in Österreich reichlich.
Die “Baulandreserve” ist eine Art Vorrat für die notwendigen Bauvorhaben in Österreich. In manchen österreichischen Regionen reicht die Baulandreserve für die nächsten 200 Jahre. Trotzdem wird weiter umgewidmet – statt die Reserve zu mobilisieren – und zwar aus einem einzigen Grund … damit die Kasse klingelt.
Bürgermeister Alfred Redl und sein „Dubai von Grafenwörth“
Jüngstes Beispiel ist der Scheich — äh Bürgermeister von Grafenwörth, Alfred Riedl. Der ist seit 1990 im Amt und geschäftlich sehr … umtriebig. In seiner Amtszeit wurde eine große Siedlung an einem Folien-See geplant, ein “Mini-Dubai im Weinviertel”m wie es Kritiker:innen nennen. Ein Haus gibt es dort für 300.000 bis 600.000 Euro. Eine Luxus-Anlage für Zweitwohnsitze, sagen die Dorfbewohner:innen. Was es in jedem Fall ist: wohnpolitisch unklug und ökologisch irrsinnig.
An diesem Wahnsinn hat der Bürgermeister kräftig mitverdient. Zufällig hat Riedl ein paar Grundstücke, die für das Bauprojekt gebraucht wurden, geerbt. Und die andere Hälfte hat er günstig gekauft. Erst, nachdem der Fürst vom Foliensee seiner Shoppingtour beendet hatte, wurde der Grund zum Bauland umgewidmet – der Mehrheit seiner Partei (ÖVP) im Gemeinderat sei Dank.
Mit der Umwidmung kommt die Wertsteigerung, klingelt die Kasse: Eine Projektentwicklungsfirma hat dem Bürgermeister die Gründe abgekauft, um stolze 1,5 Millionen Euro. Eine Million Euro soll Riedl damit verdient haben.
Das Schrebergarten-Wunder der Donaustadt
Jetzt könnte man sagen … gut, in Niederösterreich, da laufen die Dinge halt manchmal ein bisl eigenartig ab. Aber auch im Wiener Schrebergarten geht es ordentlich zu. Wenn auch weniger glamourös. Donaustadt statt Dubai. Erstaunlich viele Rote haben sich in den vergangenen Jahren einen Schrebergarten an einem Schotterteich im 22. Bezirk gekauft.
Billig war das nicht: 380 Euro pro Quadratmeter muss man sich mal leisten können für eine Wiese mit Gartenhütte (…). . Auch der da, der Bezirksvorsteher von eben jenem 22. Bezirk, Ernst Nevrivy, hat zugeschlagen und sich Mitte 2020 eine Parzelle gekauft. 380 Euro pro Quadratmeter klingen aber gleich viel vernünftiger, wenn die Grundstücke ein Jahr später plötzlich doppelt so viel wert sind wie vorher. Dank Umwidmung, weil der Boden jetzt einfach vollwertiger Baugrund geworden ist. Nun kann sich der Bezirksvorsteher selbst nicht umwidmen, dafür ist der Wiener Gemeinderat zuständig. Und die Umwidmungsgewinne gibt es in diesem Fall noch nur am Papier, noch hat keiner einen Riedl gebaut und Gewinn damit gemacht.
Aber erstens hocken neben Nevrivy eben so viele andere Rote in ihren “Heisln” am Schotterteich, dass die Umwidmung immer ein Geschmäckle haben wird. Und eines bleibt halt doch gleich – vom Folien-See bis zum Schotterteich: In beiden Fällen haben Leute mit besserem, nein bestem Zugang zu Informationen zum perfekten Zeitpunkt Grundstücke eingekauft, kurz, bevor sie ihren Wert vervielfacht haben. Und damit haben die Beteiligten zumindest ihre Glaubwürdigkeit im Schotterteich und im Foliensee ertränkt.
Was es also bei Umwidmungen braucht
- Eine Mehrwertabgabe: Das heißt, man würde die Gewinne aus Umwidmungen ganz einfach abschöpfen – und damit die Verlockung kleiner machen, sich kurz vor der Wert-Explosion noch Grundstücke einzustecken. Und mit dem Geld, das wir dort reinholen, geschätzt mindestens eine Milliarde Euro im Jahr, könnten wir leistbaren sozialen Wohnraum schaffen. Indem wir verdichten, statt auf die grüne Wiese zu stellen.
- Eine Bodenstrategie: Ohne einen gemeinsamen, übergeordneten Plan; wenn wir den Boden weiterhin in den Händne der Bürgermeister:innen lassen, werden wir die Versiegelung nicht in den Griff kriegen. Einfach alles auf die grüne Wiese knallen, damit muss Schluss sein. Dafür müssen wir, was an Wohn- und Betriebsflächen leersteht, zugänglich machen.