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Ungleichheit
Demokratie

UnEinigkeit bei Kurz und Kogler

Grafik NatsAnalyse - Analysen von Ideologie, Sprache und Frames von Natascha Strobl. NatsAnalyse Cover zeigt ein gezeichnetes Porträt von Natascha Strobl mit zwei Sprechblasen.
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Nach den Sondierungsgesprächen der Vorwoche verlautbarten sowohl Sebastian Kurz als auch Werner Kogler die Themen, mit denen sich die beiden Verhandlungsteams tief gehender beschäftigten wollen.

Nach den Sondierungsgesprächen der Vorwoche verlautbarten Sebastian Kurz und Werner Kogler die Themen, mit denen sich die beiden Verhandlungsteams tiefer gehend beschäftigen wollen.

Für Sebastian Kurz stand fest, dass dies Wirtschaftsabschwung, Klimakrise, illegale Migration, Reformen in der Bildung und Transparenz sind.

Werner Kogler hingegen stellte die fünf Felder als Klimaschutz, Ankurbelung der Wirtschaft und soziale Sicherheit, Bildungschancen, Migration und Integration sowie echte Transparenz dar.

Beide versuchen mit diesen knappen Wordings, ihre jeweilige Geschichte zu erzählen. Das Problem aus Sicht der Grünen ist, dass in den Medien flächendeckend das ÖVP-Wording übernommen wird. Schauen wir uns die Unterschiede im Detail an.

Bei „Klimakrise“/“Klimaschutz“ sowie „Reformen im Bereich Transparenz“/“echte Transparenz“ gibt es höchstens nuancierte Unterschiede. Bei diesen Punkten scheinen die beiden Verhandlungspartner ein prinzipielles gemeinsames Verständnis der Problemlage gefunden zu haben, auch wenn die Diagnose das Eine und die Behandlung etwas Anderes ist. Bei den anderen Punkten scheint man sich aber noch nicht einmal über das Problem an sich einig zu sein.

„Reformen in der Bildung“ vs. „Bildungschancen“

„Reformen in der Bildung“ ist ein viel vageres und größeres Feld im Vergleich zu „Bildungschancen“. Ersteres kann von Unterstützung von LehrerInnen gegen schwierige SchülerInnen, eine Stärkung des Gymnasiums und ein Einzementieren der Trennung der SchülerInnen nach der Volksschule bis zur täglichen Turnstunde alles heißen. Bildungschancen hingegen fokussiert klar auf den sozialen Aspekt. Die, die jetzt wenig Chancen auf einen Bildungsaufstieg haben sollen eine Chance bekommen.

„lllegale Migration“ vs. „Migration und Integration“

„Illegale Migration“ ist zu einem ständig wiederholten Mantra der ÖVP unter Sebastian Kurz geworden. Er zeichnet damit sein klar rechtes Profil und er kann es immer hervorholen, wenn er wo in die Bredouille kommt. Im Gegensatz zu den linken Träumern stand er nie am Westbahnhof und außerdem hat er die Balkanroute geschlossen. Illegale Migration. Illegale Migration. Illegale Migration.

Die Grünen hingegen setzen auf ein verbindendes Wording und koppeln Migration und Integration aneinander. Migration muss also nicht abgewehrt, sondern begleitet werden und man muss Maßnahmen für das Danach finden. Deutschkurse, Teilhabe, Arbeit – all diese Bilder hat man bei Integration im Kopf. Menschen, die in unserer Gesellschaft leben. Bemerkenswert ist, dass keiner von Beiden von „Flucht“ spricht, die eben nicht dasselbe wie Migration ist.

„Wirtschaftsabschwung“ vs. „Ankurbelung der Wirtschaft und soziale Sicherheit“

„Wirtschaftsabschwung“ und „Klimakrise“ hat Sebastian Kurz in seinem Statement geschickt nebeneinander platziert. Zwei bedrohliche Szenarien, die man gleichermaßen verhindern oder bekämpfen muss. Kurz nutzt hier das Dringlichkeitsgefühl beim Thema Klima, um sein eigenes Thema zu pushen. Denn wenn etwas so eine große Krise ist, dann muss unbedingt kompromisslos etwas getan werden. Natürlich ist die Erzählung, dass er als starker Mann etwas tun kann und diese Maßnahmen unbarmherzig durchsetzt. 12-Stunden-Tag, Kürzung der Mindestsicherung, Entmachtung der ArbeitnehmerInnen in der Sozialversicherung sind einige der schon durchgesetzten Punkte.

Die Botschaft von Kogler ist hingegen positiv und weniger alarmierend – die Wirtschaft muss unterstützt und angekurbelt werden. Das klingt beruhigend und verursacht keine Panik. Der Zusatz „soziale Sicherheit“ zeigt zudem, dass Sozialpolitik ein Thema ist, wenn auch nur als Anhängsel zur Wirtschaftspolitik. Während es für die Kurz-ÖVP gar kein Thema ist, war das eigentlich immer der Standpunkt der ÖVP – Wirtschaft und Soziales als gemeinsames Ganzes und nicht als Widerspruch. Das ist aber jetzt die grüne Position. Eine eigenständige Sozialpolitik kommt gar nicht vor.

Keine versöhnlichen Signale von Kurz

Einerseits zeigt dies, wie groß die inhaltlichen Differenzen nach wie vor sind, andererseits zeigt Kurz auch gleich, wie es ablaufen wird. Während in den vergangenen Tagen sich viele einst sehr kritische Grüne sehr stark um Wohlwollen zu Kurz bemüht haben, gibt es keinerlei Signale aus umgekehrter Richtung. Im Gegenteil, er muss wissen, dass Wordings wie „illegale Migration“ bei grünen WählerInnen nicht gut ankommen – er benutzt sie aber trotzdem.

Es liegt an den Grünen, vor lauter positiven Signalen in Richtung Sebastian Kurz nicht darauf zu vergessen, mit wem sie es zu tun haben: Mit einer rechtskonservativen Partei, die PR und Inszenierung besser kann als Koalition.

 

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