Verfassungsschutzbericht: Die größte Gefahr ist Rechtsextremismus

Es ist nie akzeptabel, wenn das Leben, die Unversehrtheit oder Freiheit einer anderen Person bedroht oder angegriffen wird. Die Gefahr, dass dies geschieht, ist aber nicht bei allen Gruppierungen gleich groß. Im Gegenteil. Am größten ist sie in der Gruppe, die vermeintlich am wenigsten Aufmerksamkeit bekommt: Die Rechtsextremen. Das zeigen nicht nur die Zahlen.
Fünfmal so viele rechtsextreme Tathandlungen wie linksextreme
1.486 rechtsextremistische, fremdenfeindliche beziehungsweise rassistische, islamfeindliche, antisemitische oder andere Tathandlungen sind 2024 bei den Sicherheitsbehörden bekannt geworden. Das sind 23 Prozent mehr als noch 2023. Es kam im Zuge dessen zu 2.346 Anzeigen.
Die meisten davon sind: 358 Sachbeschädigungen, 28 schwere Sachbeschädigungen, 156 Fälle der Verhetzung, 54 gefährliche Drohungen, 46 Verstöße gegen das Waffengesetz, 36-mal Körperverletzung und 16-mal schwere Körperverletzung zählen unter anderem zu diesen Tathandlungen.
Zum Vergleich: Im Bereich „Islamistischer Extremismus und Terrorismus“ wurden 215 Tathandlungen bekannt. Das ist ein Fünftel der rechtsextremen Tathandlungen – aber der Anstieg ist größer (41,5 Prozent). Angezeigt wurden 388 Delikte.
Die meisten Anzeigen gab es wegen terroristischer Vereinigung (117), Verstöße gegen das Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz (68), krimineller Organisation (66), gefährlicher Drohung (20) und Sachbeschädigung (18).
Ähnlich viele Tathandlungen gab es mit erwiesenem oder vermutetem linksextremem Motiv, nämlich 214. Noch 2023 waren es mit 97 Tathandlungen nur halb so viele. Daher kommt der vermeintlich „explosive“ Anstieg der linksextremen Tathandlungen.
Im Zuge derer gab es 297 Anzeigen. 220 davon wegen Sachbeschädigung, 15 wegen schwerer Sachbeschädigung und 11 wegen schwerer Körperverletzung.
Im Zuge des Klimaaktivismus kam es zu 46 Verstößen gegen das Versammlungsgesetz, 31 Verstöße gegen das Sicherheitspolizeigesetz, 20 gegen die Straßenverkehrsordnung und 17 Fälle der Sachbeschädigung.
Der Linksextremismus ist also nicht „explodiert“. Im Gegenteil: Ein Teil des Anstiegs kann sogar ganz einfach erklärt werden. Klimaaktivismus beziehungsweise „Klimaextremismus“ wurde nämlich kriminalisiert, neu als Form des Extremismus in den Bericht aufgenommen und dem Linksextremismus zugeordnet.

Die Gefahr ist nicht dieselbe
Ja, Klimaaktivist:innen haben zivilen Ungehorsam mit unangemeldeten Störaktionen wie Straßenblockaden gewählt. Ja, das verstößt gegen das Gesetz. Es ist jedoch nicht gleichzusetzen mit schweren Gewalttaten und der Gewaltbereitschaft, die von rechtsextremen Gruppen ausgeht.
Von dieser wird im Verfassungsschutzbericht auch explizit gewarnt. „Auf internationaler Ebene finden die Vernetzungsaktivitäten nach wie vor bei Gedenk- und Kampfsportveranstaltungen sowie Konferenzen statt. Dabei spielt auch der wechselseitige Austausch mit Akteurinnen und Akteuren auf politischer Ebene sowie mit militärischen Freiwilligenverbänden eine Rolle, insbesondere im Hinblick auf die Kampferfahrung und den Zugang zu Waffen.“ Kurz: Rechtsextreme sind gut vernetzt – bis in die Politik. Sie sind gewaltbereit, kampferfahren und haben Zugang zu Waffen.
Weiter ist die Rede von „transnationale neofaschistische Netzwerkgruppierungen, die weltweit Memes, Texte und Videos verbreiten, die zu Gewalt aufrufen und teilweise detaillierte Anleitungen für schwere Gewalttaten oder zur Herstellung eigener Waffen und Munition zur Verfügung stellen. Derartige Inhalte können bei den Empfängerinnen und Empfängern dazu führen, dass Einzelne zu terroristischen Handlungen inspiriert werden, ohne dass persönlicher Kontakt zu extremistischen Gruppierungen erforderlich ist. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen ist zu erwarten, dass die Bedrohung, die aus diesem Teilbereich des gewaltbereiten Rechtsextremismus hervorgeht, mittel- bis langfristig auch in Österreich weiter zunehmen wird.“
Die Beschreibung des Linksextremismus hingegen klingt im Verfassungsschutzbericht so: „Im Jahr 2024 nahm der Kampf linksextremer Akteurinnen und Akteure gegen Rechtsextremismus und Faschismus eine zentrale Rolle ein. Dieser äußerte sich österreichweit in unterschiedlichsten Formen, darunter Protesten und Kundgebungen bis hin zu Vandalismus und vereinzelten Gewaltdelikten. Neben dem Antifaschismus standen auch weiterhin Antikapitalismus, Antiimperialismus und Antirassismus als zentrale Kernnarrative im Zentrum linksextremer Bestrebungen.“
Außerdem gibt es im Gegensatz zu den Rechtsextremen, die stark vernetzt und professionalisiert sind, diese Tendenzen im linken Spektrum nicht. Einnahmen durch Clubs, Wettkampfsportveranstaltungen und den Verkauf von einschlägigen Produkten tragen außerdem zur finanziellen Absicherung und der Aufrechterhaltung rechtsextremer und krimineller Strukturen bei, heißt es im Bericht.
Sitzblockaden sind kein Terror
Noch einmal: Leben, Unversehrtheit und Freiheit aller Menschen soll respektiert werden und darf auf keinen Fall angegriffen werden – egal, welche politische Ideologie dahinter liegt. Sowohl die Zahlen als auch die Schwere der Delikte zeigt aber ganz klar, dass von Rechtsextremist:innen die größere Gefahr ausgeht, dass genau diese Dinge und die Demokratie verletzt werden.



Erst vor wenigen Monaten lasen wir in allen Medien von brutalen Überfällen Rechtsextremer auf Homosexuelle. Regelmäßig stoßen Ermittler:innen auf Waffenlager. In Christchurch, Hanau, Utøya, München wurden Menschen von Rechtsextremen getötet. In Telegram-Gruppen und anderen Kommunikationskanälen teilen teilweise Minderjährige Videos davon, verherrlichen die Taten und solidarisieren sich mit den Attentätern.
Sitzblockaden, um Klimapolitik einzufordern, sind definitiv nicht dasselbe. Wer so tut, der verharmlost echten Terror, der Menschenleben kostet.