Vorzugssparbuch: Wie wir Zinsgewinn für alle möglich machen können
Die Europäische Zentralbank hat die Zinsen erneut gesenkt. Angesichts der schwächelnden Wirtschaft kommt der Schritt nicht überraschend. Die Idee: Wenn Kredite günstig sind, sind Investitionen billig. Damit hofft die EZB der Wirtschaft wieder Schwung zu verleihen.
Gleichzeitig ist die Zinssenkung eine schlechte Nachricht für alle, die ihr Geld auf dem Sparbuch haben. Denn die steigenden Zinsen der Europäischen Zentralbank haben die Banken in den letzten Jahren nur sehr zögerlich an die Sparer:innen weitergegeben. Bei sinkenden Zinsen zeigen die Banken ein deutlich schnelleres Tempo – zum Nachteil der Kund:innen.
Angeblich um die Kaufkraft der kleinen Sparer:innen zu erhalten, will die ÖVP die Kapitalertragsteuer (KESt) abschaffen. Doch wer profitiert wirklich von dieser Maßnahme?
Wer wenig hat, verliert durch die KESt-Abschaffung
Eine Abschaffung der KESt auf Spareinlagen klingt zunächst verlockend. Doch die Realität sieht anders aus: Wer mehr Erspartes hat, erspart sich dadurch mehr. Sie bringt deshalb vor allem den reichsten Haushalten Vorteile. Das reichste Zehntel würde jährlich 229 Euro mehr Zinseinnahmen erzielen, das ärmste Zehntel lediglich 5 Euro.
Diese Umverteilung nach oben ist nicht nur sozial ungerecht. Sie ist auch sehr teuer – dem Staat würden Einnahmen von über 400 Millionen Euro fehlen. Das bedeutet langfristig weniger Mittel für öffentliche Leistungen wie Schulen, Kindergärten oder Spitäler. All das würde aber wiederum Haushalten mit geringem Einkommen zugute kommen – also allen, die sich Privatschule oder -primar nicht leisten können.
Ein Vorzugssparbuch: Treffsicher und gerecht
Man will die kleinen Sparer:innen unterstützen, aber eine Steuersenkung hilft vor allem den Wohlhabenden. Es gibt für dieses Dilemma eine politische, sozial gerechtere Lösung: Ein Vorzugssparbuch.
Die Idee kommt aus Frankreich. Dort gibt es ein Volkssparbuch, auf das die meisten Franzosen ihr Erspartes einzahlen. Für das Sparbuch gelten staatlich garantierte Mindestzinsen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Eine Einkommensgrenze stellt sicher, dass vor allem einkommensschwache Haushalte profitieren. Ein maximaler Sparbetrag von 10.000 Euro pro Person verhindert, dass Wohlhabende die Vorteile des Vorzugssparbuchs ausschöpfen. Die unteren Einkommensschichten und die untere Mittelschicht könnten ihre Zinseinkünfte damit verdoppeln, während der Effekt bei wohlhabenden Haushalten begrenzt bleibt. Vor allem die untere Mittelschicht würde von garantierten Zinsen profitieren und hätte endlich eine Chance auf faire Erträge für ihr hart Erspartes.
Besonders bemerkenswert: Die Finanzierung des Vorzugssparbuchs könnte durch die Banken selbst erfolgen, die aktuell Rekordgewinne erzielen. Die geschätzten Kosten von 265 Millionen Euro wären gerade einmal 2,1 Prozent der Bankengewinne aus dem Jahr 2023.
Sicherheit für Kleinsparer:innen
In Zeiten hoher Inflation sind staatlich garantierte Mindestzinsen für Kleinsparer:innen essenziell. Ihr Vermögen besteht oft ausschließlich aus Sparguthaben. Ohne risikolose Anlageoptionen droht ihr ohnehin geringer finanzieller Spielraum weiter zu schrumpfen. Ein Vorzugssparbuch könnte dies verhindern und ihre Kaufkraft sichern.
Ein Vorzugssparbuch ist nicht nur eine Frage der Fairness, sondern auch der ökonomischen Vernunft. Es schützt die finanziell Schwächsten, ohne die öffentliche Hand übermäßig zu belasten, und schafft einen Ausgleich zu den enormen Gewinnen der Banken.