Warum Zohran Mamdani der beste Kommunikator von links ist

Zohran Mamdani wird neuer Bürgermeister von New York City. Soviel steht für mich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest. Die Umfragen zeigen ihn weit vorne. Der Erfolg liegt auch daran, dass im Moment niemand so gut politisch kommuniziert wie er.
Hier fünf Punkte, die zeigen, wie diese funktioniert.
#1 Mamdani überlegt zuerst die Inhalte und kommuniziert sie dann.
Das klingt banal und logisch, aber der (sozial)demokratische Zentrismus macht es oft umgekehrt: Man überlegt sich ein schickes Format und hofft, dass man es schon irgendwie füllen kann. Bei Mamdani ist es umgekehrt, er (bzw. sein Team) passt das Format dem Inhalt an. Ein Beispiel ist ein Video, in dem es um teure Kebabs in der Stadt geht.
Es geht eigentlich um teure Lebenshaltungskosten, aber eben heruntergebrochen auf etwas ganz Alltägliches. In dem Video wird nicht eine lange Schlange von Leuten gezeigt, die sich beschweren, sondern die Inhaber der Imbissstände. Die legen dar, warum sie Preise erhöhen und identifizieren als ein gravierendes Problem die sehr teuren Bewilligungen. Mamdani verspricht sogleich, diese günstiger zu machen und die Besitzer der Stände (allesamt Kleinstunternehmer, die meisten mit Migrationshintergrund) sagen, dass es ihnen auch lieber wäre, würde das Kebab unter 10 Dollar kosten.
Das ist so konzise und so klar für klare Zielgruppen (Leute, die wollen, dass das Leben günstiger wird und die Kleinunternehmer, die gerne weniger Belastung von der Stadt hätten) kommuniziert, dass klar ist, dass zuerst der Gedanke da war, etwas gegen das teure Leben zu machen und erst ganz am Schluss die Idee für das Video stand. Es hat nicht angefangen mit „Wir brauchen ein Video, was könnten wir machen?“, wie es oft planlos bei anderen Parteien wirkt. Man kann nur kommunizieren, was da ist, sonst sind es sinnlose Sprechblasen und das merkt man sehr schnell und sehr deutlich.
#2 Essen als verbindendes Element
Essen spielt die zentrale Rolle in der Kommunikation. Das ist ein so einfacher wie genialer Einfall in einer so diversen und großen Stadt wie New York. Mamdani sitzt mit seinem Essen bei Curry oder Hot Dog und besucht Delis und Taco Stände. Das zeigt nicht nur die Vielfalt von New York City, es hat auch eine implizit integrative Botschaft: Am Ende mögen wir alle gutes Essen und ob das nun Curry oder Sandwich ist, ist egal. In NYC müssen wir uns nicht entscheiden.
Es erlaubte ihm auch, viele Migrationsbiographien (oft Jahrzehnte zurück) und NYC (und in Zeiten von Trump die USA generell) als Einwanderungsland darzustellen. Es ist zudem als Kommunikationsmittel einnehmend und sympathisch, statt steifen Männern in grauen Anzügen Menschen bei (oder vor) Essen zu sehen. Es stellt eine Augenhöhe zu den Betrachter:innen der Botschaften hier und wirkt so, als könnte man sich da in dieser Sushi-Bar an den Tisch dazu setzen.
#3 Millennial- und Gen X-Nostalgie
Die Schriftarten der Kampagne orientieren sich nicht am klassisch-professionellen blau-weiß-rot (mit Fahne) der US-amerikanischen politischen Klasse, sondern an einer Plakat-Ästhetik der 70er und 80er. Sie erinnern an Comics und Filme der Zeit oder an kleine Läden in einem vor gentrifizierten NYC. Nostalgie ist eine der stärksten Waffen der Trump-Kampagne. Aber die skizzieren mit in ihren KI-Bildern eine eingebildete, nie wahre Vorstellung der USA der 1950er – und versprechen dorthin „zurückzukehren“.
Die Mamdani-Kampagne nutzt auch Nostalgie, aber nicht für ein Gesellschaftsbild, sondern für einen Rückgriff auf die Jugend und Kindheit vieler mittelalter Wähler:innen. Er fügt sich so selbst in diese Generationen ein – ist er doch selbst ein Millennial und stellt Augenhöhe her. Er bricht so auch deutlich mit den viel älteren Konkurrenten.
#4 Farbe als Faktor
Eine der bemerkenswertesten Techniken der Kampagne ist der Einsatz von Farbe. Wenn Mamdani in den Videos über die Gegenwart spricht, sind Farben nur sehr zurückhaltend und generell blass eingesetzt. Spricht Mamdani über seine Ideen, dann ist der Hintergrund in satten und warmen Farben gehalten. Ganz so, als könnte man die Zukunft quasi schon greifen, als wäre sie im Hintergrund schon da. Das wirkt für die Zuseher:innen direkt auf ihre Gefühlswelt und schafft eine Verbindung zwischen Ratio (den gehörten Policy-Vorschlägen) und den Emotionen.
#5 Offensive
Dazu kommt, dass Mamdani einer der geschicktesten und schlagfertigsten politischen Debattanten ist, die es gerade gibt. Dahinter steckt sehr viel und sehr aufwändige Vorbereitung auf jedem Auftritt – statt immer selben drei Stehsätze zu hören. Das funktioniert, weil er immer in der Offensive bleibt. Das zeigte sich bei der letzten Diskussion der Kandidaten.
Sein Hauptkonkurrent ist Andrew Cuomo, der eigentlich die Vorwahl der Demokraten schon gegen ihn verloren hat, aber trotzdem antritt. Mamdani nutzte die Diskussion, um eine der Frauen, die Cuomo des sexuellen Übergriffs bezichtigen, einzuladen und an ihrer statt zu sprechen. Denn sie selbst darf sich nicht äußern, da sie von Cuomo verklagt wird.
Man muss nicht alles gut finden, was Mamdani vorschlägt oder wo er sich positioniert. Er zeigt aber ganz klar einen Weg für linke Kommunikation auf, die furchtlos, offensiv und selbstsicher ist. Das ist ein erfrischender Unterschied zu vielen Wahlkämpfen der letzten Jahre.




