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Ungleichheit

Was Corona für obdachlose Menschen bedeutet

Obdachlose Menschen sind auf Notschlafstellen und Essensausgaben angewiesen. Die Einrichtungen setzten alle Sicherheitsmaßnahmen um, die sie wegen Corona einhalten sollen. Die Caritas und der Fonds Soziales Wien kümmert sich darum, den Betrieb aufrecht zu erhalten.

Dieser Artikel wurde am 18. März aktualisiert.

 

Wir sollen zu Hause bleiben, um die schnelle Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern. Aber was tun Menschen, die kein Zuhause haben?

Die verordneten Sicherheitsmaßnahmen treffen die rund 14.000 obdachlose Menschen in Österreich ebenso wie alle, die im Sozialbereich arbeiten. Notschlafstellen sind ein Extremfall, denn die Menschen brauchen jetzt einen Schlafplatz oder ein warmes Abendessen. Ihr Anliegen lässt sich nicht verschieben oder per Telefon abklären.

Seit Montag läuft Österreich auf Minimalbetrieb. Alle Menschen, die nicht raus müssen, sollen zu Hause bleiben. Ausnahmen für die Ausgangsbeschränkung gibt es nur wenige: Berufsarbeit, die sich nicht aufschieben lässt (denke: KrankenpflegerInnen), dringende Besorgungen (etwa Lebensmittel) und Hilfe für andere Menschen, sowie Spaziergänge. Die Polizei kontrolliert, dass diese Einschränkungen auch eingehalten werden.

Eine kleine Anzahl an obdachlosen Menschen lebt tatsächlich auf der Straße. Gegen einzelne Personen soll es keine Strafen geben, hieß es aus dem Kanzleramt.

Am Mittwoch gab die Caritas bekannt, ihre Nachtquartiere ab sofort auch untertags offen zu halten. Die Menschen müssen die Bleibe also in der Früh nicht mehr verlassen.

Freiwilligen-Ausfall

“Wir setzen alle behördlichen Maßnahmen um”, sagt Chef der Wiener Caritas Klaus Schwertner. Bei der Wiener Gruft etwa werden alle Menschen beim Ankommen gebeten, sich die Hände gründlich zu waschen. “Am Freitag sind zum Mittagessen 138 Menschen gekommen, das ist weniger als an normalen Tagen – aber mehr als die 100 erlaubten. Es kann also zu kurzen Wartezeiten kommen”, sagt Schwertner, “Wir stellen aber sicher, dass alle obdachlosen Menschen, die kommen, eine warme Mahlzeit erhalten.” Die Gruft spürt die Auswirkungen der Corona-Maßnahmen allerdings schon. Üblicherweise bereiten ehrenamtliche Kochgruppen Mahlzeiten zu. Diese fallen Großteils aus. Die Gruft bittet nun über Facebook um Spenden, um Lebensmittel zu bezahlen.

Freiwillige der mobilen Obdachlosenhilfe Canisibus, die zur Risikogruppe gehören, werden gebeten, nicht zu kommen. “Zum Glück haben wir viele junge Menschen, die den Dienst aufrechterhalten. Sie haben bemerkt, dass in den letzten Tagen mehr Menschen kommen, um sich bei den Ausgabestellen Suppe zu holen.” Die Sicherheitsbestimmungen werden durch Absperrbänder und Informationszettel sichergestellt. Sowohl beim Anstellen als auch beim Essen soll Abstand gehalten werden.

Im Ernstfall vorbereitet

In Notschlafstellen schlafen manchmal mehrere Personen in einem Zimmer. Im schlimmsten Fall ist die Caritas auch auf eine Quarantäne in einer ihrer Einrichtungen vorbereitet, sagt Schwertner.

Der Fonds Soziales Wien betont, dass für wohnungslose Menschen in Einrichtungen dasselbe gilt wie für privat wohnende Personen. “Die MitarbeiterInnen sorgen nach Möglichkeit für eine räumlich getrennte Aufenthaltsmöglichkeit und informieren die Behörde”, sagte eine Pressesprecherin: “Sollten obdachlose Menschen keine Einrichtung nutzen und stattdessen irgendwo im Freien nächtigen, weil sie den engen Kontakt zu anderen Menschen nicht ertragen, dann haben sie dementsprechend auch eine geringere Ansteckungsgefahr.” StraßensozialarbeiterInnen halten ein Auge offen und informieren bei offenkundigen Erkrankungen ebenfalls die Behörden.

Zumindest in Wien ist die medizinische Versorgung von obdachlosen und nicht-versicherten Menschen vonseiten des Neunerhaus im Gesundheitszentrum und an weiteren 27 Standorten gesichert.

“Wir müssen in dieser Zeit gut zusammenhalten, aber eben auch Abstand halten”, sagt Schwertner. Er rät, weiter das Kältetelefon zu rufen, wenn Menschen auf der Straße frieren und einfach mal fragen, ob man helfen kann. “Mit einem Lächeln begegnen, nachfragen, ob man ihnen einen Kaffee oder ein Kipferl bringen soll. Oder in Zeiten wie diesen auch Taschentücher oder Desinfektionsmittel.”

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