Wer war Hildegard Burjan? Pionierin der bürgerlichen Frauenbewegung
Hildegard Burjan war die Pionierin der bürgerlichen Frauenbewegung.
1919 erkämpfte eine Gruppe von Frauen in Deutschland und Österreich das Wahlrecht. Sie kamen aus unterschiedlichen politischen Lagern, doch arbeiteten für Gleichberechtigung zusammen. Eine von ihnen war Hildegard Burjan, sie war Pionierin der bürgerlichen Frauenbewegung.
Hildegard Burjan wurde 1883 im heutigen Deutschland geboren. In der Schweiz studierte sie als eine von wenigen Frauen Philosophie. Danach studierte sie in Berlin, wo sie an einer schweren Nierenkolik erkrankte. Angeblich, weil es damals noch keine Klos für Frauen an der Universität gab und sie deshalb einfach nicht ging und wenig trank. Sie erkrankte so stark, dass sie lange im Spital behandelt werden musste. In dieser Zeit konvertierte sie Judentum zum Christentum. Sie überlebte und zog nach Wien.
Hildegard Burjan setzte sich für Heimarbeiterinnen ein
Um die Jahrhundertwende war Wien eine Millionenstadt. Im Zentrum der Donaumonarchie lebten viele Menschen im Elend. Burjan unterstützte eine besonders von Armut betroffene Gruppe, die Heimarbeiterinnen. Die Frauen, die neben Haushalt und Kinderbetreuung von zu Hause aus für sehr wenig Lohn arbeiteten. Burjan machte sie auf ihre Rechte aufmerksam und wollte ihre Situation verbessern. 1912 gründete sie den »Verein der christlichen Heimarbeiterinnen« in Wien.
Hildegard Burjan und sieben Sozialdemokratinnen waren die ersten Abgeordneten
Im Ersten Weltkrieg setzte sie ihre wohltätige Arbeit fort. So organisierte sie Lebensmittelverteilungen und Nähstuben für arbeitslose Frauen und Mädchen. Burjan setzte sich gemeinsam mit anderen für das Frauenwahlrecht und Mindestlöhne ein. Das allgemeine Wahlrecht für Frauen gibt es in Österreich seit 1918, es wurde gleichzeitig mit dem Ende der Monarchie und der Gründung der Republik eingeführt. Nach dem Krieg wurde Burjan in den Wiener Gemeinderat gewählt und später die erste christlich-soziale Abgeordnete der Ersten Republik. Sie und sieben Sozialdemokratinnen waren die ersten weiblichen Abgeordneten im österreichischen Parlament.
Bei den Wahlen 1920 lässt sie sich nicht mehr aufstellen. Angeblich sei sie auch wegen des aufstrebenden Antisemitismus in ihrer Partei nicht mehr zur Wahl angetreten. Wie Hildegard Burjan zu Kanzler Engelbert Dollfuß stand, ist heute nicht ganz klar. Sie starb im Jahr 1933 und erlebte die austrofaschistische Diktatur nicht mehr mit.
Als Gründerin der katholischen Schwesterngemeinschaft Caritas Socialis wurde Hildegard Burjan zu einer wichtigen Figur der kirchlichen Sozialarbeit. Bis heute unterstützt die von ihr gegründete Organisation Familien, Jugendliche und alte Menschen.
Die Geschichte von Hildegard Burjan, Adelheid Popp und Clara Zetkin wurde 2020 in der ORF-Dokumentation ‚die Unbeugsamen‘ nacherzählt.
Dieser Text entstand in der Serie #HerStory während des Women’s History Month. Weil Frauen in der Geschichtsschreibung oft übersehen oder kleingeredet werden stellt MOMENT jeden Tag im März 2021 eine Österreicherin vor, deren Wirken wir in zeitgenössischer oder historischer Hinsicht bemerkenswert finden.