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Fortschritt
Demokratie

Wer war Marie Jahoda? Die Pionierin der Sozialforschung

Marie Jahoda war eine Pionierin der empirischen Sozialforschung und eine Aktivistin im Kampf gegen den Faschismus.

Marie Jahoda wurde 1907 in Wien geboren und wuchs in einem liberalen jüdischen Elternhaus auf. 1932 promovierte sie an der Universität Wien zur Doktorin der Philosophie. Den meisten von uns ist sie heute vor allem wegen ihrer bekanntesten Arbeit, “Die Arbeitslosen von Marienthal”, ein Begriff. 

Die Arbeitslosen von Marienthal

In dem Werk, das sie 1933 mit Paul Lazarsfeld und Hans Zeisel veröffentlichte und von dem sie den Hauptteil verfasste, beschreibt Jahoda die Auswirkungen von Langzeitarbeitslosigkeit auf die Betroffenen. Das Ergebnis der Studie war, sehr einfach gesagt: Langzeitarbeitslosigkeit führt nicht zu einem Aufbäumen sondern zu Resignation. Die Studie gilt bis heute wegen ihrer Nähe zu den untersuchten Personen und der Kombination von unterschiedlichsten Methoden als eines der Standardwerke der Sozialforschung. So befanden sich die insgesamt 15 ForscherInnen vor Ort und beteiligten sich am Leben der EinwohnerInnen sowie an unterschiedlichsten Hilfsaktionen. Das sollte der Förderung des Kontakts dienen, war den ForscherInnen aber auch ein persönliches Anliegen. So kehrte Marie Jahoda zwei Jahre nach Veröffentlichung der Studie nach Marienthal zurück, um ein Selbsthilfeprojekt zu leiten. 

 
Marie Jahoda war eine Pionierin der Sozialforschung

Der große Erfolg der Studie sollte sich aber erst später einstellen. Sie wurde zwar positiv aufgenommen, aber erschien kurz nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten in einem Frankfurter Verlag. In der Originalausgabe wurde sogar auf eine Nennung der AutorInnen verzichtet, da die Namen zu jüdisch waren. Erst in den 60er-Jahren erlangte das Werk die bis heute anhaltende Berühmtheit.

Marie Jahoda flieht aus Österreich

Jahoda war schon früh politisch interessiert und trat der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei bei. Dort war sie in verschiedenen Funktionen auch politisch tätig. 1937 wurde sie wegen ihrer Tätigkeit bei den von den Austrofaschisten verbotenen Revolutionären Sozialisten zu drei Monaten Haft verurteilt. Zu diesem Zeitpunkt war sie schon als Forscherin etabliert und kam durch Interventionen aus dem In- und Ausland wieder frei. Doch sie musste innerhalb von 24 Stunden das Land verlassen, die österreichische Staatsbürgerschaft wurde ihr ebenfalls aberkannt. Sie verbrachte ihr restliches Leben in New York und Großbritannien, wo sie das erste “Department of Social Psychology” des Landes aufbaute.

Marie Jahoda war lebensnahe Forschung und eine tiefe Auseinandersetzung mit den betroffenen Personen immer ein zentrales Anliegen. Nur so könne man das von ihr formulierte Problem ihres Forschungszweiges lösen: “Das Problem der Sozialwissenschaften ist es, unsichtbare Dinge sichtbar zu machen.” Ihre Forschungsfelder beinhalteten Fragen zu Arbeit, Antisemitismus, psychische Gesundheit und Familie. 

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