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Gesundheit

Long Covid: Was wissen wir über die möglichen Corona-Langzeitfolgen?

Was ist Long Covid? Manche haben noch Monate nach einer Corona-Infektion Symptome. Wie können die aussehen? Und kann man etwas dagegen tun?
Wer an COVID-19 erkrankt, kann sehr unterschiedliche Verläufe erleben. Viele spüren wenig oder gar nichts davon, einige müssen ins Krankenhaus, manche landen auf der Intensivstation und insgesamt zu viele sterben. Was erst nach und nach erforscht werden kann, sind die Langzeitfolgen einer Infektion mit dem Coronavirus. Sie wurden unter dem Namen „Long Covid“ (oder auch „Post-Covid“) bekannt.

Dass es solche Langzeitfolgen gibt, überrascht Virolog:innen wahrscheinlich nicht. Das Auftreten langfristiger Folgen bei Vireninfektionen wird durchaus auch bei anderen Viren beobachtet. Eine genaue Erklärung für Long Covid, was alles darunter zu verstehen ist oder warum es viele Menschen nicht betrifft, andere aber schon, gibt es aber noch nicht.

Was ist Long Covid?

Long Covid ist ein Sammelbegriff, der die Langzeitfolgen einer Corona-Infektion bezeichnet. Eine allgemein anerkannte Definition gibt es nicht, was auch die Forschung dazu immer noch erschwert. Laut einer Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gilt: Symptome entstehen in den drei Monaten nach der Infektion, dauern mindestens zwei Monate an und sind nicht anders erklärbar.

Welche Symptome hat man mit Long Covid?

Die Symptome, die bei Long Covid auftreten, können sehr unterschiedlich sein. Sie reichen von länger anhaltenden Beschwerden wie Kopfschmerzen oder Müdigkeit, Muskelproblemen oder Geruchs- und Geschmacksverlust bis zu langanhaltenden Schäden in Herz und Hirn oder einem erhöhten Risiko für Schlaganfälle. Erschöpfung und Benommenheit („Brain Fog“) sind auch häufig. Manche PatientInnen leiden auch Monate später noch unter dem sogenannten Chronischen Erschöpfungssyndrom (ME/CFS). Auch Lungenschäden sind eine recht häufige Folge von COVID. Die Lunge regeneriert bei vielen Menschen erst nach langer Zeit – bei manchen bisherigen Erkenntnissen zufolge gar nicht. 

Wie viele Menschen sind von Long Covid betroffen?

Dazu gibt es immer noch unterschiedliche Zahlen. Eine große Studie der Universität Oxford mit 270.000 Menschen, die von COVID-19 genesen sind, hat gezeigt, dass mehr als jede dritte Person auch nach sechs Monaten noch merkbare Folgen spürte. Auch eine Studie der Universitätsmedizin Mainz kommt zu einem ähnlichen Ergebnis: Demnach weisen 40 Prozent der genesenen Menschen Symptome von Long Covid auf. Die WHO spricht von 10-20% aller COVID-Infizierten.

Warum gibt es Long Covid?

Dass Virusinfektionen Langzeitfolgen nach sich ziehen können, ist schon länger bekannt. COVID-19 scheint diese noch häufiger hervorzurufen, als andere Infektionen. Denn das Corona-Virus befällt nicht nur die Lunge, sondern auch andere Organe. Dadurch kann das Virus längerfristige Schäden hervorrufen. Besonders bei immungeschwächten Personen kann es außerdem sein, dass das Virus auch nach überstandener Infektion nicht vollständig aus dem Körper beseitigt werden konnte. Long Covid-Symptome können aber auch als Reaktion der körpereigenen Abwehr entstehen.

Wie lange hat man Long Covid?

Das ist von Person zu Person unterschiedlich und kommt auf die Symptome an. Von anderen Viruserkrankungen ist bekannt, dass die Symptome innerhalb von drei Monaten verschwinden können. In manchen Fällen kommt es allerdings zu chronischen Erkrankungen, etwa das Chronische Erschöpfungssyndrom.

Wer ist von Long Covid betroffen?

Long Covid betrifft auch Leute, die wegen COVID-19 ursprünglich nicht einmal ins Krankenhaus mussten. Während COVID-19 vor allem für vorbelastete und ältere Menschen tödlich und lebensbedrohlich sein kann, macht Long Covid vor keiner Altersgruppe halt. Ein erhöhtes Risiko dafür haben Frauen, ältere und übergewichtige Menschen sowie Raucher:innen. Das Risiko für Long Covid steigt ab dem 40. Lebensjahr. Auch Menschen mit Vorerkrankungen wie Asthma, COPD, Diabetes, Herzkrankheiten oder Depressionen sind häufiger betroffen.

Auch Kinder können unter Long Covid leiden. Unter ursprünglich schweren Verläufen von COVID-19 ist auch Long Covid häufiger. Die Schwere einer Erkrankung spielt also eine Rolle. Sie erklärt aber nicht alles.

Was kann man gegen Long Covid machen?

Der beste Schutz gegen Long Covid sind die Maßnahmen, die vor einer Infizierung mit dem Coronavirus allgemein schützen. Dazu gehören insbesondere in Zeiten einer starken Verbreitung die gängigen Praktiken der Hygiene, gut belüftete Innenräume, Masken und Impfungen. 

COVID-19-Erkrankungen werden oft immer noch nur in Bezug auf das Sterberisiko als gefährlich eingeschätzt. Langzeitfolgen sorgen aber dafür, dass für viele Menschen das Problem mit dem Abklingen der Infektion noch nicht vorbei ist. Es erfordert langfristige medizinische Betreuung und Alltags-Unterstützung. Dabei können oft aber nur Symptom bekämpft werden. Wichtig ist auch, dass eine Therapie zeitnah beginnen kann.

Sind Leute mit Long Covid ansteckend?

Nein. Menschen, die Long Covid haben, sind nicht infektiös. Sie können weder Corona noch Long Covid-Symptome übertragen.

Schützen die Corona-Impfstoffe vor Long Covid?

Eine Impfung kann vor Long Covid schützen. Wer geimpft ist, hat ein niedrigeres Risiko an Corona zu erkranken. Und auch bei Impfdurchbrüchen – also Fällen, bei denen vollständig Geimpfte dennoch an Corona erkranken – erkranken um etwa die Hälfte weniger Menschen an Long Covid. 41 Studien, die bis Dezember 2022 durchgeführt wurden, ergeben, dass das Risiko durch Impfungen um 40% verringert ist. Allerdings bietet auch eine Impfung keinen vollständigen Schutz davor. Sie kann das Risiko aber zumindest stark reduzieren.

Eine Studie zeigt außerdem, dass zumindest zweimal geimpfte Menschen vermutlich weniger lange an Long Covid-Symptomen leiden. Auch das Ausmaß der Erkrankung dürfte demnach durch eine Impfung weniger schwer sein.

Gibt es auch psychische Langzeitfolgen einer COVID-Erkrankung?

Neben körperlichen gibt es auch psychische, neurologische und psychiatrische Folgen. Und zwar offenbar nicht nur wegen der seelischen Belastung durch die Pandemie, sondern tatsächlich auch als direkte Folge der Krankheit. Der Zusammenhang wird aber noch untersucht.

Ehemalige PatientInnen zeigten zumindest innerhalb der ersten sechs Monate (so lange untersuchte die Universität Oxford in einer Studie über 236.000 Betroffene) ein klar erhöhtes Risiko zum Beispiel für Angststörungen und psychotischen Störungen, Suchtverhalten, Schlaflosigkeit und Schlaganfälle und auch erneute Hirnblutungen und Demenz. Je schwerer der Verlauf der Krankheit gewesen ist, desto höher scheint auch das Risiko solche Folgen.

PsychologInnen und Menschen aus diesen Fachbereichen fordern jedoch deshalb einen Ausbau der Infrastruktur für die Versorgung dieser Probleme. Schon vor der Pandemie war aber gerade die psychologische Gesundheitsversorgung in Österreich alles andere als ideal. Im Gespräch mit MOMENT schloss sich dem etwa Alfred Pritz an, der Rektor der Sigmund Freud-Klinik in Wien.

Warum sind Frauen häufiger von Long Covid betroffen?

Frauen sind, je nach Schätzung, zwischen zwei und vier Mal so häufig von Long Covid betroffen, wie Männer. Dafür gibt es einige Erklärungsversuche. So gibt es etwa die Theorie, dass Frauen in gebärfähigem Alter als Selbstschutz eine stärkere Immunantwort gegenüber Krankheitserregern aufweisen. Befinden sich Reste des Virus noch im Körper, was als ein Grund für Long Covid angesehen wird, reagieren sie also noch stärker darauf, als andere Menschen. Ein andere Erklärung besagt, dass Long Covid eine Autoimmunkrankheit sein könnte, die mit dem Hormon Östrogen in Zusammenhang steht. Dafür könnte etwa sprechen, dass Long Covid bei Frauen und Männern über 60 Jahren gleich oft auftritt.

Eine definitive Antwort für diesen Unterschied gibt es aber noch keine. An diesem Beispiel zeigt sich jedoch auch, dass männliche Körper in der Medizin als der Standard gelten und Krankheiten oder Symptome, die vor allem Frauen betreffen, als weniger wichtig erachtet werden. Denn ein ähnliches Krankheitsbild, wie es bei Long Covid auftritt, gibt es auch bei anderen Infektionskrankheiten – und auch hier sind vor allem Frauen betroffen. Doch ergründet wurde dieser Unterschied bisher kaum. Vielfach werden die Symptome einfach auf psychologische Faktoren reduziert und Betroffenen eine übertrieben Reaktion unterstellt.

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