Gegengelesen: Wie die "Heute" einen "woken" Aufreger fabriziert

Wollen uns Forscherinnen einreden, dass wir unsere Babys nur mehr wickeln dürfen, wenn sie dazu ihre Erlaubnis geben?
Das ist natürlich Blödsinn. Doch die “Heute” will uns einem Artikel eigentlich sinnvolle Vorschläge von Wissenschaftler:innen als genau das verkaufen. Die Zeitung berichtet dabei nicht nur falsch. Sie reiht sich auch in die Berichterstattung rechter Medien ein, die den vermeintlich “woken” Vorschlag skandalisieren wollen.
Der vermeintliche Skandal ging von einem Blogbeitrag zweier Wissenschaftlerinnen der Australischen Deakin University aus. Ihr Fachbereich ist die frühkindliche Erziehung. Sie erklären in ihrem Beitrag: Konsens kann schon sehr früh gelernt werden. Und je normaler der Umgang damit ist, desto besser.
Als Beispiel dafür nennen sie das Windelwechseln. Die Vorschläge der Wissenschaftlerinnen: Babys Zeit geben, sie nicht ablenken. Beim Wickeln ganz selbstverständlich fragen, ob es okay ist, was man macht.
Außerdem seien korrekte anatomische Bezeichnungen gut - das diene später auch der Sicherheit der Kinder, damit sie besser über ihren eigenen Körper sprechen können. Vieles davon soll auch dazu führen, dass Eltern und Kinder Konsens als etwas Alltägliches betrachten. Von Verpflichtung ist dabei keine Rede. Im Gegenteil: Es sei ganz normal als Elternteil, das nicht immer hinzukriegen.
Was die "Heute" aus gut gemeinten Vorschlägen macht
Die Heute schreibt dazu: “Ein neuer Leitfaden der australischen Deakin University für Kleinkind-Erzieher sorgt für Stirnrunzeln”. Dabei ist es weder ein Leitfaden, noch ist er für Kleinkind-Erzieher gedacht. Später schreibt die Zeitung: “Dass das Baby noch gar nicht antworten kann, ist egal.” Dass das den Forscher:innen bewusst ist und sie darauf eingehen - auch egal. Wozu recherchieren, wenn man einen “woken” Aufreger hat? Dabei geht das Medium im Rest des Artikels durchaus auf die Vorschläge ein - aber stets in dem lächerlichen Ton, der zu Beginn des Artikels gesetzt wurde.
Und die Heute weiß natürlich, wie so ein Artikel ankommt. Das zeigt schon ein Blick in die Kommentare, die vor Häme und Empörung ob der Ideen triefen.
So wird Aufregung geschürt
Die Zeitung ist damit freilich nicht alleine. Rechte Medien auf der ganzen Welt haben die künstliche Empörung über die vermeintlich weltfremden und übertriebenen “Vorgaben” der Forscherinnen aufgenommen und verdreht.
Dass es sich eigentlich nur um Vorschläge handelt, wie man Kindern das Konzept von körperlicher Autonomie einfach näherbringen kann, ist dabei Nebensache.











