10 Tricks der Supermärkte, die dich in den Kaufrausch treiben
Der Text zum Video
Nunu: Wir konsumieren gern, weils gute Gefühle macht. Unbewusst. Da wäre der Handel doch schön blöd, das nicht auszunutzen! Aber keine Sorge, das ist er eh nicht.
Hallo bei der Eskallertion! Mein Name ist Nunu Kaller. Ich bin Autorin und Aktivistin aus Wien und hier sprechen wir über unsere Konsumwelt, Nachhaltigkeit und was damit nicht stimmt.
Wie unsere Hormone uns beim Einkaufen beeinflussen, darüber haben wir ja im vorigen Video gesprochen. Heute geht es darum, wie das gezielt gegen uns verwendet wird: Wie wir dazu gebracht werden, mit mehr Zeug nach hause zu gehen, als wir eigentlich vorher wollten und brauchen.
Wenn du jetzt da sitzt und dir denkst: “Ich kauf im Supermarkt immer nur, was ich brauch”. Dann denk nochmal drüber nach. Woher weißt du, was du brauchst? Woher weißt du, welche Joghurtmarke es sein muss? Da rennt viel mehr unbewusst ab, als du glaubst.
Die Top 10 Tricks der Supermärkte
Durch Hirnforschung konnte man sehr gut herausfinden, wie der oder die DurchschnittskonsumentIn funktioniert und was sie eher zum Kauf treibt. Fast nirgendwo ist man derartig gut untersucht und beobachtet wie als Kunde in Filialen der Lebensmitteleinzelhändler. Und die tun wirklich alles, damit die Kunden oder Kundinnen mit mehr und mit teurerem Zeug aus dem Laden gehen, als sie eigentlich wollten.
Hier sind 10 Tricks, mit denen wir zum Kaufrausch “motiviert” werden. Und hey! Der fieseste kommt natürlich zum Schluss.
#1 Der Korb
Es beginnt bereits beim Eingang: Die Einkaufswägen und Plastikkörbe sind in den vergangenen Jahren immer größer geworden. Dahinter liegt ein einfacher psychologischer Trick: Wer nur zwei oder drei Produkte braucht, dessen Einkaufswagen wirkt total leer – und diese Leere vermittelt den Eindruck, man habe nicht genug gekauft. Marketingexperten berichten, dass die Verdopplung der Einkaufswagengröße den Umsatz schon einmal um ein Fünftel steigern kann.
#2 Der Umweg
Ein Schritt weiter im Laden: Beim Eingang stehen auch oft sogenannte Stopper – im Raum stehende Tische oder Regale, die einen Umweg rundherum erfordern. Das verlangsamt das Gehtempo. In viele Geschäfte geht man nicht gerade in das Geschäft hinein, sondern muss gleich mal in eine Richtung abbiegen, um zu den Produkten zu gelangen. Sobald man langsamer geht, erhöht sich die Aufmerksamkeit auf die Produkte.
#3 Der Geruch
Direkt beim Reinkommen stehen da schon mal lebende Kräuter im Topf. Immer mehr Märkte kommen drauf, wie wichtig Gerüche sind. Es gibt Untersuchungen, wonach der Geruch von frisch gebackenem Brot den Umsatz im Laden erhöht – sogar für andere Produktkategorien. Es macht Gusto und regt die Speicheldrüsen an. Wer hungrig ist, kauft im Supermarkt mehr und vor allem impulsiver. Sicher auch ein Grund, warum manche Supermärkte ihre industriell gefertigten Weckerl mittlerweile direkt im Laden aufbacken.
#4 Das Kosten
Ein anderer, nicht mehr so neuer Trick: Gratisverkostungen. Wer vor Ort kosten „darf“, nimmt sich gern mal das entsprechende Produkt mit heim – auch wenn es vorher nicht auf der Liste stand. Besonders erfolgreich sind solche Aktionen bei Produkten wie Wein oder Tiefkühlspeisen.
#5 Die Musik
In vielen Supermärkten läuft Musik – teils sogar mit eigenen Radiosendern. Zur Rush Hour, also wenn sehr viele KundInnen in der Filiale sind, wird oft schnellere Musik gespielt, vormittags und am frühen Nachmittag eher langsamere – der Grund: Das Gehtempo passt sich häufig der Musik an. Mit schnellerer Musik ist ein schnellerer Ablauf möglich, bei langsamerer Musik setzt der gleiche Effekt ein wie bei den Stoppern am Eingang: Man geht langsamer und kauft bis zu 29 Prozent mehr.
#6 Das Regal
Eine eigene Wissenschaft für sich ist die Regalhöhe in Supermärkten – und die Anordnung der Produkte in den Regalen. Die Produkte, die in Augenhöhe liegen, werden am häufigsten gekauft (und Hersteller müssen übrigens nicht selten dafür extra bezahlen, wenn sie dort stehen wollen). Die allerwichtigsten Produkte sind immer in Augenhöhe einsortiert – weil sie dort bis zu 35 Prozent mehr Aufmerksamkeit bekommen als jene Produkte auf niedrigeren Regalen. Wenig überraschend stehen dort die Produkte, die den Supermärkten die größte Marge liefern.
Der schlechteste Platz ist überm Kopf. Viele KundInnen sind nicht groß genug, um hinauf zu greifen, manche können es aufgrund ihres Alters vielleicht gar nicht mehr. Dort stehen Produkte mit geringer Marge für die Märkte – und leichte Produkte, damit es zu keinen Unfällen kommt. SchnäppchenjägerInnen sollten nach unten schauen – dort sind oft die billigen Produkte aufgestellt, und – welche Überraschung – die für Kinder.
#7 Die Farben
Farben haben einen immensen Einfluss auf unser Kaufverhalten. Angebotsschilder sind zum Beispiel häufig in Rot gehalten. Der Grund: Wir reagieren schneller und energetischer, wenn wir „rot sehen“ 1. Die Farbe ist in uns seit Urzeiten als Warnsignal verankert und erhöht unsere Aufmerksamkeit. Grün andererseits, oh Überraschung, löst die Assoziationen „umweltfreundlich und gesund“ aus.
#8 Das Licht
Auch die Beleuchtung hat Einfluss auf das Kaufverhalten. Während es in Drogeriemärkten sehr hell und vor allem dabei sehr tageslichtähnlich sein sollte, wird in Supermärkten besonders bei der Frischware wie Obst und Gemüse mit sehr weichem, gelblichem Licht gearbeitet – Farbtemperatur und Filter lassen es knackiger und frischer erscheinen. An der Fleischtheke hingegen wird Licht mit einem hohen Rotanteil im Filter eingesetzt, bei Fisch ist es eher kaltweiße Beleuchtung. In besonders exklusiven Supermärkten in New York habe ich auch schon erlebt, dass das Obst und Gemüse wie auf einer Bühne hell beleuchtet präsentiert wird, während die Umgebung leicht abgedunkelt ist.
#9 Der Platz
Die Anordnung der Produkte ist auch nicht zufällig: Manche Produkte assoziiert man bewusst oder unbewusst miteinander. Daher stehen Pestos und fertige Spaghetti-Saucen immer direkt bei den Nudeln, Zahnbürsten neben Zahnpasten. Meine liebste Assoziation habe ich in einem italienischen Supermarkt gesehen, dort standen diverse Abnehmprodukte neben diversen Schokoladen-Nuss-Cremes (wenn das keine Absicht war, war‘s lustig, wenn doch: Respekt!).
Die wirklich wichtigen Produkte, also die, die am meisten gekauft werden, stehen dafür meist nicht nebeneinander, sondern sind im ganzen Laden aufgeteilt. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Um von den Nudeln zum Bier zu kommen, muss man häufig einmal quer durch den Laden. Kühlregale sind häufig im hinteren Bereich einer Filiale angesiedelt. Einerseits wegen der Kühlkette, aber damit stellen die Märkte auch sicher, dass man große Teile des Ladens abgehen und so an möglichst vielen Produkten vorbeikommen muss.
#10 Die Suche
Aber jetzt kommt die größte Frechheit: das Umsortieren.
In vielen Supermärkten ist es Vorgabe, die Regale immer wieder umzusortieren. Weil wenn man nach einem Produkt suchen muss, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass man dabei durchs aufmerksame Schauen auf weitere Produkte stößt – und man kauft mehr.
All diese bis ins Detail durchdachten Maßnahmen sind nur dazu da, dass wir mehr kaufen, als wir uns bei Betreten des Supermarkts eigentlich vorgenommen hatten. Wenn Supermärkte also behaupten, sie würden nur verkaufen, was die Leute wollen, ist da schon eine gehörige Portion Schwindelei dabei.
Wer so gut über seine KundInnen Bescheid weiß und so viele Schritte zur Verkaufsförderung setzt, kann auch die Produktauswahl sehr exakt steuern. Florian Skrabal vom Recherchemagazin Dossier interviewte einmal anonym einige der Einkäufer der großen Supermarkt-Handelsketten. Er fragte: Entscheiden die KonsumentInnen, was sie kaufen können?
Die Antwort war klar: „Aber keinen Millimeter. Der Konsument hat überhaupt nichts zu sagen. Was soll er entscheiden? Haben Sie schon jemals das Verlangen gehabt, etwas zu kaufen, das es nicht gibt? Nein. Der Konsument ist zu hundert Prozent manipulierbar. Ich manipuliere nur. Creation of demand, das ist der Job, das machen wir.“
Wer Bescheid weiß, kann der Manipulation vielleicht öfter entkommen.
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