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Kapitalismus
Ungleichheit

Wie die Angst vor der Vermögenssteuer gesteuert wird

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Die Vermögenssteuer. Kaum eine Debatte ist so voller absichtlicher Missverständnisse und falschen Annahmen wie jene über die Steuern auf Vermögen. Es wird um Omas Haus und Papas Hof gebangt. Das Finanzamt schnüffelt den intimen Erbstücken hinterher. Man kann sich seine Millionen einfach wirklich nicht mehr leisten. Jedenfalls behauptet das die Industriellenvereinigung mit ihrer Schnüffelsteuer-Kampagne. Doch was steckt wirklich hinter dieser Art der Rhetorik? Natascha Strobl erklärt.

IV-Kampagne für Reiche: Die Schnüffelsteuer

Die Österreichische Industriellenvereinigung ist ganz vorne dabei, wenn es gegen eine Vermögenssteuer geht. In einer eigenen Kampagne nennt sie die “Schnüffelsteuer”. 

Das ist so bizarr, dass es fast schon einigermaßen originell ist. Der Staat wird als (eigentlich gar nicht unsympathischer) Detektiv dargestellt, der Menschen hinterher schnüffelt. Sogar den Wert der Uhr am Handgelenk möchte er wissen (50€ im Übrigen). Die Botschaft ist klar: Den Staat hat es nicht zu interessieren, was ich privat besitze und das ist eine unzulässige Beschneidung meiner Privatsphäre. Die Position der Industriellenvereinigung ist logisch. Sie vertritt ja vor allem die Interessen von Vermögenden.

Transparenz bei Vermögen und Einkommen? Nur bei den Armen

Aber das Finanzamt als Privatdetektiv zu framen, zeigt ein seltsames Verständnis von Staatlichkeit. Schließlich legt man seine Vermögens- und Einkommensverhältnisse ja immer wieder offen. Etwa bei der Steuererklärung. Oder, wenn man Mindestsicherung beantragt. Bis zum letzten Ring der Uroma muss der eigene Besitz säuberlich aufgelistet werden, bevor man auch nur einen Cent bekommt. Das ist ein ganz normaler Vorgang für Menschen, die gerade genug Geld zum Existieren bekommen.

Reiche wollen hingegen nicht einmal ihren exorbitanten Reichtum offenlegen, um Steuern zu zahlen. Hier zeigt sich ein ungleiches Denken. Was für eine Gruppe gilt, soll für die andre nicht gelten.

Falsche Angst um Omas Häuschen

Stattdessen wird mit Angst operiert, etwa mit dem Märchen der Häuser, die gefährdet sind. Zum Beispiel hier, vom NEOS-Abgeordneten Nikolaus Scherak. Das gezeichnete Bild geht in etwa so: Die Omi hat vor vielen Jahren jeden Groschen zur Seite gelegt, um ein kleines Häuschen zu bauen und jetzt wird es ihr mit einer Vermögenssteuer weggenommen. Das ist natürlich schlicht eine Lüge bzw. ein absichtliches Missverstehen. 

Scherak argumentiert gar nicht sachlich am vorgeschlagenen Modell. Er geht in eine populistische Frontal-Opposition. In den in Österreich diskutierten Modellen um die Vermögenssteuern ist immer ein Freibetrag von 1 Millionen Euro drinnen. 

Nicht einmal Villen im Wienerwald von Vermögenssteuern betroffen

Wisst ihr wie ein Haus aussieht, dass aktuell einen Marktwert von 1 Millionen Euro hat? So. (Hinter dem Link: Das Angebot einer Villa mit Indoorpool im Wienerwald um 1 Mio Euro) Ist das Haus der Oma eine Villa im Wiener Wald? Nein? Gut, dann gibt es auch keine Vermögenssteuer drauf. Und jetzt kommts: Auf das gezeigte Haus im Übrigen auch nicht, da die Vermögenssteuer erst auf alles nach 1 Millionen Euro greift. 

Nehmen wir jetzt mal an, man hat man gar ein doppelt so tolles Haus als diese Wienerwald-Villa. Um 1,9 Millionen Euro gibts das da. (Hinter dem Link: Eine ehrwürdige Villa mit großem Grundstück und Pool knapp westlich von Wien) Dann zahlt man Vermögenssteuern nur auf die 900.000 über der ersten Million. Und zwar zum Beispiel im Modell der Arbeiterkammer 0,3 Prozent im Jahr. Das wären 2700€.

Das ist für viele Menschen viel Geld – aber nicht für mehrfache Millionäre. Wahrscheinlich kann man dann auch die 2700€ verschmerzen, wenn man so wohnt. Es ist weniger, als Erhalt, Reinigung und Befüllen des Pools kostet.

Wer aktuell Steuern zahlt

Das hat alles nichts mit einer Oma zu tun, die ein bescheidenes Vermögen angehäuft hat, um sich ein kleines Häuschen im Burgenland zu kaufen. Und wer doch eine Oma mit 1,9 Millionen Euro schuldenfreier Wienerwald-Villa hat – da kann man nur gratulieren, sie möge doch bitte einen bescheidenen Teil am Gemeinwohl beitragen. 

Das machen nämlich aktuell jene, die arbeiten gehen. Österreich ist ein Hochsteuerland – aber nur, was Arbeitseinkommen betrifft. Es ist ein Steuersumpf, wenn es um Vermögen geht. Es wird Zeit, dieses Verhältnis umzudrehen. 

Schnüffel-Detektiv und Hausmärchen sind jedenfalls faktenfreie Angstmache gegen ein berechtigtes Anliegen. Denn wer in der Villa vor Wien dem guten Leben frönt, von dem kann man wirklich mindestens dasselbe verlangen, wie von jemandem, der Mindestsicherung bezieht – Transparenz und einen fairen Beitrag zum Erhalten von Sozialstaat, Schulen und Infrastruktur. Es ist eine Gerechtigkeitsfrage.

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