Argumente gegen "Arbeitslosengeld runter, sonst geht keiner mehr arbeiten!"
Argumente gegen ein niedriges Arbeitslosengeld
#1 Das Arbeitslosengeld ist in Österreich schon extrem niedrig
Wer arbeitslos wird, rutscht deutlich in Richtung Armut: Der Grundbetrag in der Arbeitslosigkeit liegt bei nur 55 Prozent des vorherigen Nettoeinkommens. Das ist auch im internationalen Vergleich ein geringer Wert.
Eine große Umfrage unter 1.200 arbeitslosen Menschen zeigt auf, wie sehr sie sich finanziell einschränken müssen: Rund neun von zehn Befragten haben weniger als 1.200 Euro im Monat. Sie liegen damit deutlich unter der Armutsgrenze, die in Österreich 2021 für einen Ein-Personen-Haushalt bei 1.328 Euro liegt.
#2 Die allermeisten Menschen sind nur sehr kurz arbeitslos
Die meisten Menschen, die arbeitslos sind, sind nur sehr kurz auf Jobsuche. Das betrifft zum Beispiel Saisonkräfte in Tourismus, Gastronomie oder auch am Bau. 4 von 10 frisch arbeitslosen Menschen haben eine Wiedereinstellungszusage von ihrem früheren Arbeitgeber. Die Höhe des Arbeitslosengelds beschleunigt ihren Wiedereintritt in einen Job gar nicht.
Je länger die Arbeitslosigkeit dauert, desto mehr Menschen müssen sich einen Zusatzjob suchen. 40 Prozent aller Arbeitslosen, die einem Zuverdienst nachgehen, sind langzeitarbeitslos. Aber: Wer sich in der Arbeitslosigkeit mit Gelegenheitsjobs über Wasser hält, sucht genauso intensiv nach Arbeit wie Arbeitslose ohne Zuverdienst. Der einzige Unterschied: Je länger man arbeitslos ist, desto seltener wird man zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Eine Kürzung des Arbeitslosengelds nach einer gewissen Dauer würde sie besonders hart treffen.
#3 Ist das Arbeitslosengeld niedrig, macht das Druck auf die Löhne. Das trifft alle.
Schon heute können Arbeitslose ihre Jobsuche nicht einfach einstellen. Wer aufhört, sich zu bewerben, oder auch nur einen Kurstag versäumt, dem wird das Arbeitslosengeld gestrichen für bis zu acht Wochen. Ist das Arbeitslosengeld so niedrig, dass es Menschen zwingt, egal welchen Job zu egal welchen Bedingungen anzunehmen, dann erhöht das den Druck auf alle Beschäftigten. Eine Studie zeigt, dass Menschen, die länger Anspruch auf Arbeitslosengeld haben, anschließend eher Jobs mit besserer Bezahlung haben. „Menschen können eher in Ruhe suchen und schlechte Angebote ablehnen“, sagt die Arbeitsmarkt-Ökonomin Andrea Weber.
Plus: Druck auf Arbeitslose schafft noch keine Arbeit. Die Debatte darüber lenkt aber davon ab, dass Arbeitsmarktpolitik eben mehr ist, als arbeitslose Menschen zu schikanieren. Barbara Blaha fasst das in ihrer Videokolumne zusammen.