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Demokratie
Kapitalismus

Die Party ist vorbei? Grund zu feiern haben ohnehin nur Reiche

Die Party ist vorbei? Grund zu feiern haben ohnehin nur Reiche
Beate Meinl-Reisinger feiert auf der Bundesmitgliederversammlung der NEOS in Graz. In einem Interview mit der Krone richtete sie "den Leuten" zuletzt aus, dass "die Party" vorbei sei. Bittere Ironie, analysiert Natascha Strobl. Foto: Jürgen Fuchs
Beate Meinl-Reisinger von den Neos ist genauso wie die Spitzenfunktionär:innen aller anderen Parteien mitten im Wahlkampf. Dort lässt sie mit einer interessanten Botschaft aufhorchen: Die Party sei jetzt vorbei. Das ist bittere Ironie.

In einem Interview mit der Krone plädiert Meinl-Reisinger für das EU-Mercosur-Freihandelsabkommen. Dieses Abkommen würde einerseits die industrielle Landwirtschaft Lateinamerikas und andererseits die europäische Auto- und Chemiewirtschaft pushen, aber das sei nur am Rande erwähnt. 

Sie begründet die Notwendigkeit dieses Abkommens mit der hemdsärmeligen Feststellung, dass die Party nun vorbei ist und man das “den Leuten” sagen müsse.

Gewinne werden privatisiert und Verluste sozialisiert

Das Bild der Party suggeriert, dass es bis jetzt lustig war, aber nun wieder der Ernst des Lebens anfängt. Statt lustiger Musik und Realitätsflucht heißt es jetzt wieder: arbeiten und überlegen, wie Wohlstand erwirtschaftet werden kann. Meinl-Reisinger versucht sich damit als abgeklärte Sagerin dessen, was ist. 

Dabei agiert sie eigentlich nur in typisch neoliberaler Manier: Immer dann, wenn es gut ist, sollen sich die “Leistungsträger:innen” bloß nicht an der Allgemeinheit beteiligen. Wenn es allerdings schlecht läuft, dann heißt es plötzlich zusammenrücken und die Krisen gemeinsam stemmen. Es ist das alte Prinzip von Gewinne privatisieren und Verluste sozialisieren. Denn zu suggerieren, es wäre für die meisten Menschen in den letzten Jahren besonders lustig gewesen, ist besonders zynisch. 

Grund zum Feiern hatten vor allem: Reiche

In einer Zeit, in der immer mehr Menschen auf Lebensmittelspenden angewiesen sind, immer mehr junge Menschen in den Privatkonkurs schlittern und Heizen so teuer war wie nie zuvor, kann man nur sehr schwer von einer allgemeinen “Party” reden, die “die Leute” feiern. 

Die “Party” haben wohl andere gefeiert. Etwa die Milliardäre, die trotz (oder wegen) der Pandemie noch reicher geworden sind. Oder all jene Firmen mit zweifelhaften Firmenkonstrukten, die zu den Top-Abkassierern der Corona-Hilfen gehörten. Oder auch die Banken, die die höchsten Gewinne seit der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 eingefahren haben. Oder, oder, oder …

Beate Meinl-Reisingers neoliberale Party ist vorbei

Bemerkenswert ist der Satz auch, weil er eine Verdrehung der Realität ist. Das Bild der Party, die nun vorbei ist, wird seit der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 für das neoliberale Wirtschaftsmodell gebraucht. Die Party der absurden Finanzprodukte und des schnellen Geldes in kurzer Zeit auf Kosten der Allgemeinheit ist vorbei. 

Die anderen hatten nie Party, sondern das reale Leben mit zig Krisen in den vergangenen Jahren. Mit Krediten, die in schwindelerregende Höhen gehen, niedrigerer Lebenserwartung und unsicherer Zukunft. 

Die Mehrheit hatte lange keinen Grund mehr zu feiern

Es gibt das “wir” immer nur in der Krise und nie bei der Party. Insofern betreibt Meinl-Reisinger hier eine Verkehrung der Realität. Sie sollte den Krisengewinnern sagen, dass die Party vorbei ist, der Rest weiß es schon. 

Als Durchhalteparole zum mehr arbeiten für weniger Geld taugen neoliberale Kalendersprüche ohnehin schon lange nicht mehr. Da ändert auch das drölfzigste Freihandelsabkommen auf Kosten von Mensch und Natur nichts. 

Die Party ist schon lange vorbei und bald werden es die letzten besoffenen Yuppies auch merken. 

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