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Ungleichheit

Warum haben Rene Benko und die Signa Schwierigkeiten? Die Probleme möglichst einfach erklärt

Man sieht René Benko im schwarzen Anzug mit, er geht händchenhaltend mit seiner Frau eine Straße vor einem Gebäude und Absperrgittern entlang.
Rene Benko und die Signa haben Probleme. Foto: Roland Schlager/APA/Picturedesk.com
Milliardär Rene Benko ist einer der reichsten und einflussreichsten Menschen in Österreich. Wegen Problemen seiner Geschäfte dürfte er bei seinem Unternehmen Signa demnächst entmachtet werden. Wie ist es dazu gekommen? Wir versuchen die komplizierten Hintergründe zu durchleuchten.

 

Was ist eigentlich René Benkos Signa Holding? Und warum gibt es öffentliches Interesse an ihr?

Die Signa Holding ist ein österreichisches Immobilien- und Handelsunternehmen, das alleine aufgrund seiner schieren Größe – die Bilanzsumme bewegt sich im Bereich von 27 Milliarden Euro – von großer Relevanz für die Immobilienwirtschaft in Österreich und Deutschland ist. 

Hinzu kommen politisch brisante Beteiligungen der Signa an Medienunternehmen – allen voran der Kronen Zeitung – sowie die schillernde Figur des Unternehmensgründers René Benko selbst.
 

Warum ist die Unternehmensgruppe Signa in wirtschaftlichen Schwierigkeiten?

Die aktuell schwierige Situation von Signa liegt vor allem an der “Zinswende” – also an dem stark gestiegenen Zinsniveau. Immobilienunternehmen benötigen für den Bau und Kauf von Gebäuden viel Kapital und müssen dafür Zinsen für Kredite oder Anleihen bezahlen. Höhere Zinsen bedeuten also zunächst einmal höhere Kosten für dieses sogenannte Fremdkapital. Das ist kein Problem, solange auch die Mieteinnahmen im ähnlichen Ausmaß steigen. 

Genau das ist für die Signa derzeit schwierig bis unmöglich. Sie setzt stark auf Warenhäuser. Diese stecken aber wegen Strukturproblemen und dem allgemeinen Abschwung in der Wirtschaft in Schwierigkeiten. Schon seit Corona stagnieren zum Beispiel die Preise für Gewerbeimmobilien in Deutschland, wo Signa über besonders viele Immobilien verfügt.

Warum steckt Signa offenbar in größeren Schwierigkeiten als andere Immobilienunternehmen?

Steigende Zinsen bei stockenden Mieteinnahmen sind für die meisten Immobilienunternehmen ein Problem. Der Wert ihres Immobilienbestands basiert auf erwarteten zukünftigen Erträgen – größtenteils Mieteinnahmen. Wenn die Zinsen steigen, die Mieten aber nicht, sinkt der erwartete Ertrag und damit der Wert einer Immobilie.

Die Signa hat ihre Immobilien besonders hoch bewertet und mit niedrigen Zinsen gerechnet. So kam sie zu vielen Krediten. Und damit hat sie schnell expandiert. So schaffte es Benko beispielsweise, alleine das Immobilienvermögen der Teilgesellschaft „Signa Prime Selection“ in 10 Jahren um 2.000 Prozent zu steigern – von 750 Millionen Euro im Gründungsjahr 2010 auf über 15 Milliarden Euro im Jahr 2020

Genau diese aggressive Bewertungspolitik holt Signa jetzt ein. Denn auch in guten Innenstadtlagen – also jenen „Top-Lagen“, von denen Signa oft schwärmt – wird es zunehmend schwerer, das Mietniveau im für Signa notwendigen Maße steigen zu lassen. Spätestens wenn Kreditlinien auslaufen und Refinanzierungsbedarf besteht, führt das zu Problemen: Der alte Kredit muss abgelöst werden, der (gesunkene) Wert der Immobilie reicht aber nicht mehr aus, um einen Kredit in der dafür nötigen Höhe zu besichern. Signa braucht also frisches Geld.

Warum fällt es Signa so schwer, neue Kapitalgeber zu finden?

Bei der Suche nach frischem Kapital kämpft Signa mit drei Problemen: 

1. Im Unterschied zu der Zeit vor der Zinswende, kann Signa gerade kein Wachstum versprechen, sondern kämpft darum, die Verluste in erträglichem Ausmaß zu halten. Das macht Signa ganz allgemein nicht attraktiv für potenzielle Geldgeber:innen. 

2. Bereits im Sommer 2023 forderte die Europäische Zentralbank (EZB) Medienberichten zufolge Banken auf, ihre Kredite an die Signa-Gruppe auf Werthaltigkeit hin zu durchleuchten. Ein Warnschuss, der Banken besonders vorsichtig bei der Vergabe neuer Kredite an Signa machen dürfte.

3. Die Signa-Gruppe ist ein schwer durchschaubares Geflecht aus hunderten, miteinander verschachtelten Teilgesellschaften. Die Geschäftsbeziehungen zwischen diesen Gesellschaften sind von außen kaum zu durchschauen. Dieses Transparenzdefizit erschwert die Investorensuche zusätzlich.

Wenn Signa jedoch nicht ausreichend neue Investoren oder Kreditgeber findet, um auslaufende Kreditlinien zu erneuern und laufende Kosten für Bauprojekte zu schultern. Dann bleibt nur noch die Option über Beteiligungs- und Immobilienverkäufe an neues Kapital zu kommen (teilweise wird das schon gemacht) – oder es bleibt nur noch der Gang zum Insolvenzgericht.

Wer zahlt am Ende drauf, sollte Signa Pleite gehen?

In erster Linie betroffen von Insolvenzen im Bereich der Signa-Gruppe wären Anteilseigner:innen und Geldgeber:innen, die über besonders risikoreiche Anlageformen investiert sind – wie zum Beispiel sogenannte “Genussscheine”. Die Bankkredite hingegen sind größtenteils grundbücherlich besichert. Etwaige Verkaufserlöse würden also zunächst vor allem an Banken fließen. 

In zweiter Linie wäre es aber, wie immer bei großen Unternehmenspleiten, auch die Allgemeinheit, die einen Teil der Kosten schultern muss. Das ließ sich zuletzt gut bei der von Benko bis zu einem gewissen Grad mitverantworteten Kika/Leiner-Pleite beobachten: beginnend bei den Kosten für Arbeitslosenunterstützung, Vermittlung und Umschulungsmaßnahmen, bei uneinbringlichen Außenständen bei Sozialversicherung und Steuerbehörden bis hin zu den Kosten von Folgepleiten von Zulieferern und Kund:innen wegen unbezahlter Rechnungen oder nicht mehr gelieferter Waren. Im Ergebnis zahlen in einer hochgradig arbeitsteiligen Wirtschaft immer wir alle für die Kosten von Unternehmenspleiten.

Auch weil die Kosten von unternehmerischem Scheitern zu einem beträchtlichen Teil immer von der Gesellschaft getragen werden, ist es nur logisch, dass im Umkehrschluss auch Unternehmensgewinne über Gewinnbesteuerung an der Finanzierung beteiligt werden.

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