HerStory: Diese berühmten Österreicherinnen musst du kennen
Es gab und gibt viele starke Frauen in Österreich, einige stellen wir dir vor. Ihre Errungenschaften und ihr Wirken sind bemerkenswert. Welche berühmten Frauen aus Österreich muss man kennen?
Berühmte Österreicherinnen, die du kennen musst:
Ida Pfeiffer (*1797)
Ida Pfeiffer war die erste österreichische Weltreisende. Sie war eine erfolgreiche Reiseschriftstellerin. Dabei bereiste die Wienerin vier Kontinente und legte 240.000 Kilometer auf Hoher See zurück. Diese Reisetagebücher, insgesamt 13 Bände über ihre sieben Reisen, waren Bestseller und wurden in sieben Sprachen übersetzt. Und das alles in Biedermeier-Zeiten.
Ida Pfeiffer wurde 1797 in eine bürgerliche Familie geboren. Gemeinsam mit ihren Brüdern wurde sie von Hauslehrern unterrichtet und lernte mehrere Sprachen. Für ein Mädchen damals eine Besonderheit. Ihren Drang zur Erkundung der Welt musste sie dennoch jahrzehntelang unterdrücken. Sie heiratete und zog zwei Söhne auf, bevor sie auf ihre Expeditionen ging.
Ihre erste größere Reise führte sie ab 1842 nach Konstantinopel, Beirut, Jerusalem, Damaskus, Alexandria und Kairo. Ihr Reisebericht brachte das notwendige Geld für weitere Expeditionen. Danach startete sie nach Skandinavien und Island. Es folgten drei große Weltreisen. Ihre Berichte wurden schon damals populär als Unterhaltungslektüre für das gehobene Bürgertum. Die Bücher dokumentieren die außergewöhnliche Reisetätigkeit einer Frau Mitte des 19. Jahrhunderts.
Ida Pfeiffer war die erste Frau, der ein Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof gewidmet wurde. An der Fakultät für Geowissenschaften, Geografie und Astronomie der Universität Wien unterstützt die Ida Pfeiffer Professur die Forschung und Lehre für die Nachhaltigkeit.
Gabriele Possanner von Ehrenthal (*1860)
Possanner von Ehrenthal wurde 1860 in Wien geboren; nach der Schule war sie als Volksschullehrerin tätig. In den 1880er Jahren ging sie schließlich in die Schweiz, um Medizin zu studieren. Weil ihr österreichischer Schulabschluss dort nicht akzeptiert wurde, musste sie in der Schweiz die Matura wiederholen. 1894 promovierte sie an der Universität Zürich in Medizin, durfte dann aber wiederum nicht in Österreich als Ärztin arbeiten. Possanner von Ehrenthal ließ sich nicht unterkriegen und schrieb einen Brief an Kaiser Franz Joseph. Darin bat sie ihn, auch in Österreich als Ärztin zugelassen zu werden. Der Kaiser gewährte den Wunsch schließlich, nicht aber ohne sie vor weitere Hürden zu stellen: Im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen musste sie die Prüfungen aus ihrem Schweizer Medizinstudium in Österreich erneut ablegen.
1897 war es dann so weit: Gabriele Possanner von Ehrenthal wurde als erste Frau in der österreichisch-ungarischen Monarchie zur Doktorin der gesamten Heilkunde promoviert. Bereits einen Monat später eröffnete sie ihre eigene Ärztinnenpraxis; heute ist der Staatspreis für Leistungen in der Geschlechterforschung nach ihr benannt.
Elise Richter (*1865)
1901 promovierte Richter und wurde Doktorin der Philosophie. Ihr Wunsch zu habilitieren stieß jedoch auf Widerstand. Das Dekanat hatte Bedenken, ob denn eine Frau an der Universität Männer unterrichten könne. Doch 1905 gelang Richter auch die Habilitation und zwei Jahre später erhielt sie eine Lehrerlaubnis. Damit war sie die erste Privatdozentin Österreichs.
Studenten mit klerikaler und nationaler Gesinnung versuchten ihre erste Vorlesung zu boykottieren. Für sie war es nicht nur undenkbar, dass eine Frau an der Universität lehren sollte, Richter war auch auch noch jüdischer Abstammung. Doch sie blieb an der Universität und erhielt 1921 als erste Frau eine außerordentliche Professur. Fast die Hälfte des zuständigen Gremiums hatte sich allerdings dagegen ausgesprochen. Eine ordentliche Professur wurde ihr Zeit ihres Lebens verwehrt.
Richter blieb in politischen Fragen ihrer bürgerlichen Herkunft treu. Sie setzte sich in der Bürgerlich-demokratischen Arbeitspartei vor allem für die Bildung von Frauen ein, 1934 trat sie auch der Vaterländischen Front unter Dollfuß bei. Damals hatte sie dem Judentum schon längst den Rücken gekehrt: Richter hatte sich 1911 protestantisch taufen lassen. Für die Nationalsozialisten machte das keinen Unterschied. Sie entzogen Richter nach dem Anschluss Österreichs 1938 die Lehrbefugnis. Eine Flucht zog sie dennoch nicht in Betracht. So wurde sie 1942 mit ihrer Schwester in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo sie ein Jahr später verstarb.
2016 wurde zu Ehren von Richter ein Denkmal im Hof der Universität Wien enthüllt. Bereits 2003 wurde dort außerdem der ehemalige „Juristensaal“ in „Elise-Richter-Saal“ umbenannt.
Adelheid Popp (*1869)
Sie wurde 1869 als Adelheid Dwořak in Inzenhof bei Wien in eine sehr arme Familie geboren. Der Vater war Alkoholiker, die Mutter abgekämpft. Popp hatte 14 Geschwister. Zehn von ihnen starben sehr früh. Sie selbst ging nur drei Jahre lang in die Volksschule. Schon mit zehn Jahren musste sie arbeiten, um die Familie zu unterstützen. Zuerst als Dienstmädchen, später als Heim- und dann als Fabrikarbeiterin.
Durch die Arbeit nahm sie an ihrer ersten Arbeiterversammlung teil. Sie war begeistert und lernte nach der Arbeit Lesen und Schreiben. Mit 17 Jahren hielt sie vor lauter Männern eine Rede über die unerträgliche Situation der Arbeiterinnen. Ab 1890 sprach sie in allen Teilen der Monarchie. Ihr Engagement für Gleichberechtigung stoß innerhalb der Partei auf viel Widerstand. Doch Adelheid Popp und die Sozialdemokratinnen in ihrem Umkreis gründeten Bildungsvereine für Arbeiterinnen und organisierten Boykotte von Parteitagen. Mit Erfolg: 1893 wurde sie Chefredakteurin der Arbeiterinnen-Zeitung, die sie mitbegründet hat.
Sie organisierte auch gemeinsam mit anderen den ersten Frauenstreik mit. Arbeiterinnen forderten in einem dreiwöchigen Streik bessere Arbeitsbedingungen. Sie wurde mehrmals verhaftet. Doch ihre Forderungen setzte sie oft durch. 1919 erkämpfte eine Gruppe von Frauen in Deutschland und Österreich das Wahlrecht. Sie kamen aus unterschiedlichen politischen Lagern, doch arbeiteten für Gleichberechtigung zusammen. Popp hatte dabei eine entscheidende Rolle.
Sie gehörte dann auch zu den ersten Frauen, die ins Parlament einzogen. Als Abgeordnete engagierte sich weiterhin vor allem für ‚Frauenthemen‘ wie der Reform des Eherechts, wollte Abtreibung straffrei gestalten und forderte gleiche Löhne für Männer und Frauen.
1933 hatte sie gesundheitliche Probleme und zog sich vom Parteivorstand zurück. Damals war sie bereits 64 Jahre alt. Während der Februarkämpfe befand sich Adelheid Popp im Spital und entging so der Verhaftung durch die austrofaschistisches Dollfuß-Regime. Ihre Partei war verboten worden. Adelheid Popp starb in Wien, knapp ein Jahr nach der Machtergreifung der NationalsozialistInnen in Österreich.
Schon 1909 schrieb sie ihre eigene Geschichte auf. Die anonym veröffentlichte Autobiografie „Jugend einer Arbeiterin. Von ihr selbst erzählt“ wurde in viele Sprachen übersetzt. Sie erzählt davon, wie sie Verhältnisse nicht akzeptieren wollte und sich für die junge Arbeiterbewegung begeistert.
Lise Meitner (*1879)
Das Problem dabei: Frauen war in Berlin der Zutritt zum Physik-Institut als Mitarbeiterinnen verboten. Meitner musste einen separaten Eingang nehmen und durfte nur im Keller arbeiten. Die ersten Jahre arbeitete sie ohne Gehalt. Später wurde sie seine Assistentin – und damit die erste Universitätsassistentin im heutigen Deutschland. Ab 1923 lehrte sie als Professorin.
Zehn Jahre später wurde Meitner vom NS-Regime der Titel und ihre Lehrbefugnis aufgrund ihrer jüdischen Abstammung entzogen. 1938 floh sie nach Schweden. Dort gelang ihr gemeinsam mit einem Kollegen die erste physikalisch-theoretische Erklärung der Kernspaltung. Otto Hahn und sein Assistent Fritz Straßmann konnten ihre theoretische Erklärung später nachweisen. Lise Meitner selbst erhielt Angebote von den USA, sich an der Entwicklung der Atombombe zu beteiligen, was sie ablehnte. Sie war zu dem Zeitpunkt überzeugte Pazifistin.
Meitner erhielt zahlreiche Preise. Aber den Nobelpreis für die Entdeckung der Kernspaltung nicht – den bekam Otto Hahn alleine. Meitner und Fritz Straßmann wurden nicht berücksichtigt. Achtzigjährig wurde sie Ehrenbürgerin der Stadt Wien. Sie starb 1968 in Cambridge.
Hildegard Burjan (*1883)
1919 erkämpfte eine Gruppe von Frauen in Deutschland und Österreich das Wahlrecht. Sie kamen aus unterschiedlichen politischen Lagern, doch arbeiteten für Gleichberechtigung zusammen. Eine von ihnen war Hildegard Burjan, sie war Pionierin der bürgerlichen Frauenbewegung.
Hildegard Burjan wurde 1883 im heutigen Deutschland geboren. In der Schweiz studierte sie als eine von wenigen Frauen Philosophie. Danach studierte sie in Berlin, wo sie an einer schweren Nierenkolik erkrankte. Angeblich, weil es damals noch keine Klos für Frauen an der Universität gab und sie deshalb einfach nicht ging und wenig trank. Sie erkrankte so stark, dass sie lange im Spital behandelt werden musste. In dieser Zeit konvertierte sie Judentum zum Christentum. Sie überlebte und zog nach Wien.
Um die Jahrhundertwende war Wien eine Millionenstadt. Im Zentrum der Donaumonarchie lebten viele Menschen im Elend. Burjan unterstützte eine besonders von Armut betroffene Gruppe, die Heimarbeiterinnen. Die Frauen, die neben Haushalt und Kinderbetreuung von zu Hause aus für sehr wenig Lohn arbeiteten. Burjan machte sie auf ihre Rechte aufmerksam und wollte ihre Situation verbessern. 1912 gründete sie den »Verein der christlichen Heimarbeiterinnen« in Wien.
Im Ersten Weltkrieg setzte sie ihre wohltätige Arbeit fort. So organisierte sie Lebensmittelverteilungen und Nähstuben für arbeitslose Frauen und Mädchen. Burjan setzte sich gemeinsam mit anderen für das Frauenwahlrecht und Mindestlöhne ein. Das allgemeine Wahlrecht für Frauen gibt es in Österreich seit 1918, es wurde gleichzeitig mit dem Ende der Monarchie und der Gründung der Republik eingeführt. Nach dem Krieg wurde Burjan in den Wiener Gemeinderat gewählt und später die erste christlich-soziale Abgeordnete der Ersten Republik. Sie und sieben Sozialdemokratinnen waren die ersten weiblichen Abgeordneten im österreichischen Parlament.
Bei den Wahlen 1920 lässt sie sich nicht mehr aufstellen. Angeblich sei sie auch wegen des aufstrebenden Antisemitismus in ihrer Partei nicht mehr zur Wahl angetreten. Wie Hildegard Burjan zu Kanzler Engelbert Dollfuß stand, ist heute nicht ganz klar. Sie starb im Jahr 1933 und erlebte die austrofaschistische Diktatur nicht mehr mit.
Als Gründerin der katholischen Schwesterngemeinschaft Caritas Socialis wurde Hildegard Burjan zu einer wichtigen Figur der kirchlichen Sozialarbeit. Bis heute unterstützt die von ihr gegründete Organisation Familien, Jugendliche und alte Menschen. Die Geschichte von Hildegard Burjan, Adelheid Popp und Clara Zetkin wurde 2020 in der ORF-Dokumentation ‚die Unbeugsamen‘ nacherzählt.
Marie Jahoda (*1907)
Marie Jahoda wurde 1907 in Wien geboren und wuchs in einem liberalen jüdischen Elternhaus auf. 1932 promovierte sie an der Universität Wien zur Doktorin der Philosophie. Den meisten von uns ist sie heute vor allem wegen ihrer bekanntesten Arbeit, “Die Arbeitslosen von Marienthal”, ein Begriff.
In dem Werk, das sie 1933 mit Paul Lazarsfeld und Hans Zeisel veröffentlichte und von dem sie den Hauptteil verfasste, beschreibt Jahoda die Auswirkungen von Langzeitarbeitslosigkeit auf die Betroffenen. Das Ergebnis der Studie war, sehr einfach gesagt: Langzeitarbeitslosigkeit führt nicht zu einem Aufbäumen sondern zu Resignation. Die Studie gilt bis heute wegen ihrer Nähe zu den untersuchten Personen und der Kombination von unterschiedlichsten Methoden als eines der Standardwerke der Sozialforschung. So befanden sich die insgesamt 15 ForscherInnen vor Ort und beteiligten sich am Leben der EinwohnerInnen sowie an unterschiedlichsten Hilfsaktionen. Das sollte der Förderung des Kontakts dienen, war den ForscherInnen aber auch ein persönliches Anliegen. So kehrte Marie Jahoda zwei Jahre nach Veröffentlichung der Studie nach Marienthal zurück, um ein Selbsthilfeprojekt zu leiten.
Der große Erfolg der Studie sollte sich aber erst später einstellen. Sie wurde zwar positiv aufgenommen, aber erschien kurz nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten in einem Frankfurter Verlag. In der Originalausgabe wurde sogar auf eine Nennung der AutorInnen verzichtet, da die Namen zu jüdisch waren. Erst in den 60er-Jahren erlangte das Werk die bis heute anhaltende Berühmtheit.
Jahoda war schon früh politisch interessiert und trat der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei bei. Dort war sie in verschiedenen Funktionen auch politisch tätig. 1937 wurde sie wegen ihrer Tätigkeit bei den von den Austrofaschisten verbotenen Revolutionären Sozialisten zu drei Monaten Haft verurteilt. Zu diesem Zeitpunkt war sie schon als Forscherin etabliert und kam durch Interventionen aus dem In- und Ausland wieder frei. Doch sie musste innerhalb von 24 Stunden das Land verlassen, die österreichische Staatsbürgerschaft wurde ihr ebenfalls aberkannt. Sie verbrachte ihr restliches Leben in New York und Großbritannien, wo sie das erste “Department of Social Psychology” des Landes aufbaute.
Marie Jahoda war lebensnahe Forschung und eine tiefe Auseinandersetzung mit den betroffenen Personen immer ein zentrales Anliegen. Nur so könne man das von ihr formulierte Problem ihres Forschungszweiges lösen: “Das Problem der Sozialwissenschaften ist es, unsichtbare Dinge sichtbar zu machen.” Ihre Forschungsfelder beinhalteten Fragen zu Arbeit, Antisemitismus, psychische Gesundheit und Familie.
Hedy Lamarr (*1914)
Hedy Lamarr war ein weltweit bekannter Film-Star der 1940er Jahre. Aber nicht nur das: Die Österreicherin war auch Wissenschafterin. Mit ihrer Erfindung legte sie den Grundstein für die heutige Mobilfunktechnologie und damit auch für WLAN, GPS und Bluetooth.
1914 wurde Hedy Lamarr in Wien unter dem Namen Hedwig Eva Maria Kiesler geboren, wo auch ihre Filmkarriere startete. 1933 sorgte sie dann mit einer der ersten Nackt- und Orgasmusszenen für einen handfesten Film-Skandal. In Nazi-Deutschland wurde der Film verboten. Wegen der “anzüglichen Szenen” und weil Lamarr Jüdin war. Nach der kurzen Ehe mit einem Waffenproduzenten ging Lamarr in die USA. Dort wurde Hedwig Kiesler zu Hedy Lamarr. Öffentlich wurde und wird sie meist auf ihre Rolle als Schauspielerin und Hollywood-Ikone reduziert. Das war sie auch. Aber eben nicht nur.
Sie wollte gemeinsam mit dem Komponisten George Antheil die USA im Kampf gegen das Hitler-Regime unterstützen. Die beiden entwickelten ein geheimes Kommunikationssystem: das Frequenzsprungverfahren. Es wurde zwar erst in den 60ern eingesetzt als das Patent bereits abgelaufen war. Was aber nichts daran ändert, dass die beiden es erfunden haben.
Lange wurde Lamarrs Arbeit nicht gewürdigt. Erst kurz vor ihrem Tod im Jahr 2000 wurde sie von einer US-amerikanischen Organisation mit einem Pionier-Awards ausgezeichnet. Beim Hackerkongress CCC 2016 in Hamburg sprach Wissenschafterin Anja Drephal in einem Vortrag über Lamarr: „Es ist für Frauen immer noch schwer, in der Technik anerkannt zu werden – gerade für eine Frau wie Hedy. Ihre Schönheit hat den Blick verstellt auf das, was hinter der Fassade steckt.“ Und: „Lamarr hat das WLAN nicht erfunden. Aber sie war trotzdem eine Vordenkerin ihrer Zeit.“
Maria Lassnig (*1919)
Lassnig stammte ursprünglich aus Kärnten. Sie absolvierte das Studium der Malerei an der Akademie der bildenden Künste, das sie 1945 abschloss. Bei einer Reise nach Paris lernte sie die Grundsätze der informellen Kunst und galt danach als eine der Begründerinnen der informellen Malerei in Österreich.
Lassnig übersiedelte 1961 nach Paris und später weiter nach New York, wo ihre Kunst gerade zu Beginn jedoch auf Ablehnung stieß. Erst 1980 kehrte sie nach Österreich zurück, da ihr als erste Frau die Professur für Malerei an der Hochschule für angewandte Kunst angeboten wurde. 1982 gründete sie dort das Lehrstudio für experimentellen Animationsfilm, das bis heute besteht.
Die Werke Maria Lassnigs wurden in wichtigen internationalen Gallerien ausgestellt. 2013 erhielt sie bei der Biennale in Venedig den goldenen Löwen für ihr Lebenswerk.
Ingeborg Bachmann (*1926)
Bachmann wurde 1926 in Klagenfurt geboren, wo sie auch den Zweiten Weltkrieg erlebte. Ihr Vater trat bereits 1932 der NSDAP und später bei Kriegsbeginn freiwillig der Wehrmacht bei. Wie viele Familien haben offenbar auch die Bachmanns nach dem Krieg kaum über die Rolle eigene Mitglieder im Nationalsozialismus gesprochen. Auch öffentlich hat Ingeborg Bachmann über diese Erfahrung nie etwas Überliefertes gesagt. Deshalb wurden Details auch erst nach ihrem Tod bekannt. KritikerInnen lesen ihr Werk zum Teil als Verarbeitung dieser Seite ihres Vaters.
Zahlreiche Biografien haben sich mit Bachmann beschäftigt, aber vieles aus ihrem Leben ist wegen des schwierigen Zugangs zum Nachlass von Beteiligten nicht einfach nachzuvollziehen. Nach 1945 studierte Bachmann als junge Frau, Philosophie, Psychologie, Germanistik und Rechtswissenschaften in Innsbruck, Graz und Wien und arbeitete als Radio-Redakteurin. Als Schriftstellerin war sie sehr produktiv, schrieb neben Gedichten und Prosa auch Hörspiele, Essays und pflegte viele Briefwechsel, die später veröffentlicht wurden.
Aus Liebe zum Schriftsteller Max Frisch wanderte Bachmann in den späten 50er-Jahren aus und lebte abwechselnd in Zürich und Rom. Das Ende der Beziehung Anfang der 60er setzte ihr offenbar psychisch stark zu. Auch das verarbeitete sie in ihrer Arbeit. Bachmann kämpfte jedoch mit Alkoholismus und Drogenabhängigkeit. Im Alter von 47 Jahren starb sie in Rom nach einem Brand, den eine Zigarette ausgelöst hatte – die genaue Ursache und ob Bachmann bei Kenntnis ihrer Sucht zu retten gewesen wäre, ist umstritten.
Erni Mangold (*1927)
Erni Mangold wurde 1927 geboren. Sie kommt aus einer KünstlerInnenfamilie. Aufgewachsen ist sie im Wirtshaus ihrer Großeltern in Niederösterreich. Der Vater war Schuldirektor und Maler, die Mutter als Hausfrau und Pianistin. Schon als Kind wurde Ernestine Goldmann, wie sie mit Geburtsnamen heißt, in Schauspiel und Musik unterrichtet. Ihre Karriere begann sie in Wiener Theaterhäusern, die sie aber wegen des Zweiten Weltkriegs unterbrechen musste. Nach Kriegsende 1945 studierte die damals 18-Jährige Philosophie an der Universität Wien.
Schon ein Jahr später spielte sie im Theater an der Josefstadt und änderte ihren Namen von Goldmann in Mangold. Die Josefstadt war eine von vier Bühnen, die in der Besatzungszeit in Wien wieder aufmachten. Gemeinsam mit Freunden wie Helmut Qualtinger oder dem Fotografen Ernst Haas eroberten sich die „jungen Wilden“ das Nachkriegs-Wien zurück. Sie „war ziemlich radikal“ und habe auf gesellschaftlichen Wandel und politische Veränderung gehofft, sagt Mangold heute zum ORF: „Wir haben Nazi-Villen besetzt – das nannten wir so, wenn wir in der Nacht eingebrochen sind und uns mit dem Alkohol, der dort war, vollgeschüttet haben. Zum Fressen gab’s ja nix.“
Erni Mangold machte auch im Film Karriere und unterrichtete am Max-Reinhardt-Seminar. Insgesamt ist sie in über sechzig Filmen und über zwanzig TV-Produktionen zu sehen. Etwa in „Kottan ermittelt“ oder „Kaisermühlen Blues“. Aber auch einigen Heimatfilmen aus der Nachkriegszeit ist die kritische Erni Mangold nicht entkommen. Heute kann die 94-Jährige auf mehrere Jahrzehnte österreichischer Theater- und Filmgeschichte zurückblicken.
Christine Nöstlinger (*1936)
Doch Nöstlinger schrieb nicht nur für Kinder. In den Gedichtbänden “Iba de gaunz oamen Leit” beschreibt sie die häufig triste Lebensrealität von Menschen aus der sogenannten “Unterschicht”. Nöstlinger macht sich darin aber nicht über sie lustig, sondern behandelt sie mit Respekt und kritischer Distanz.
Sie selbst wächst als Tochter eines Uhrmachers und einer Kindergärtnerin im 17. Wiener Gemeindebezirk auf. Die Erinnerungen an die Kindheit während des Krieges wird sie später in dem Buch “Maikäfer flieg!” aufarbeiten. Als sie in den 60er-Jahren Kinder bekommt und heiratet, findet sie sich plötzlich als Hausfrau wieder. Doch damit ist sie unzufrieden und beginnt deswegen zu schreiben. 1970 erscheint mit “Die feuerrote Friederike” ihr erstes Kinderbuch – mehr als 150 werden folgen.
Gegen Ende ihres Lebens wird Christine Nöstlinger immer mehr zur moralischen Autorität. Sie nimmt klar Stellung, wenn sie gefragt wird. So hat sie Initiativen wie das Frauenvolksbegehren unterstützt und in Reden vor Rassismus und Fremdenfeindlichkeit gewarnt. Als sie 2018 im Alter von 81 Jahren stirbt, wird ihr Wirken weltweit gewürdigt.
Johanna Dohnal (*1939)
Mit ihrem 1957 geheirateten Ehemann, dem Chaffeur Franz Dohnal, lebte sie gemeinsam mit zwei Kindern in einer 48 Quadratmeter großen Gemeindewohnung. Um Geld zu verdienen, ging Dohnal kurz nach der Geburt des ersten Kindes wieder arbeiten. Als sie 1962 das zweite bekam, wurde ihr gekündigt. Mangels kostengünstiger Betreuungseinrichtungen nahm Dohnal verschiedene Heimarbeiten an, erst 1969 fand sie wieder eine ordentliche Anstellung als Sekretärin in einer Schlosserei. Nach 19 Jahren Ehe ließ sich Dohnal von ihrem Mann scheiden.
Dohnal wurde 1956 Mitglied der SPÖ. Der Kampf um die Fristenregelung sensibilisierte Johanna Dohnal für Frauenanliegen. Ab 1973 wurde sie Wiener Gemeinderätin.1978 war sie Mitgründerin des Vereins “Soziale Hilfen für gefährdete Frauen und Kinder”, der das erste Wiener Frauenhaus schuf.
Unter Bruno Kreisky wurde sie 1979 zur Staatssekretärin für allgemeine Frauenfragen, unter Franz Vranitzky wurde sie 1990 Frauenministerin. Ihr gelangen wesentliche Meilensteine bei den Frauenrechten und der Gleichberechtigung: Sie beseitigte die Amtsvormundschaft bei ledigen Müttern, setzte das Recht zur Betretungsverweigerung bei Gewalt in der Ehe durch, sowie das gesetzliche Verbot der sexuellen Belästigung. Auch viele Verbesserungen für berufstätige Frauen fielen in ihre Ära.
1995 wurde sie gegen ihren Willen von Vranitzky als Frauenministerin aus der Regierung entlassen. Durch den Aufstieg Jörg Haiders begann in Österreich eine konservative Wende und Dohnals Person und Arbeit wurde infrage gestellt. Danach bekleidete sie kein politisches Amt mehr, setzte sich aber weiterhin für Frauenrechte ein und arbeitete mit Vereinen, Gewerkschaften und anderen Initiativen zusammen.
Dohnal starb 2010 an Herzproblemen, nur wenige Wochen nachdem sie sich mit ihrer Lebensgefährtin Annemarie Aufreiter verpartnert hatte.
Der ORF zeigt noch einige Tage in seiner TV-Thek die preisgekrönte Doku “Die Dohnal”.
Valie Export (*1940)
Valie Export ist eine Performancekünstlerin, Filmemacherin und eine feministische
Valie Export wurde 1940 in Linz geboren, heiratete bereits mit 18 Jahren und bekam im selben Jahr eine Tochter. Mit 20 trennte sie sich, ging nach Wien und besuchte die HBLA für Textilindustrie. Nach ihrem Diplom fasste sie in der Filmbranche Fuß und arbeitete als Komparsin und Filmeditorin.
1966 verfasste sie ihren ersten filmischen Text und fand Anschluss in den Wiener Künstlerkreisen. Sie erfand ihren Namen als künstlerisches Konzept, denn ihr erstes Kunstobjekt war eine Zigarettenpackung mit ihrem Porträt und Künstlernamen: Valie Export. Geboren wurde sie als Waltraud Lehner. Sie erlangte immer mehr Berühmtheit durch ihre teils schockierenden und provokativen Performances, Videos und Fotografien. Mit ihren Körperaktionen und Expanded-Cinema-Aktionen wie dem um die Brust geschnallten „Tapp- und Tastkino“ oder der Aktion “Genitalpanik” sorgte sie für Schlagzeilen. Ihre Auseinandersetzung mit der gesellschaftlichen Stellung der Frau, sowie die Experimente mit neuen Medien machten Valie Export zu einer internationalen Pionierin der Medienkunst und der feministischen Kunst.
Von 1991 bis 2005 hatte sie Professuren in Berlin und Köln inne. Bis heute wird ihr Name international hoch geschätzt. Arbeiten von ihr befinden sich im New Yorker Museum of Modern Arts und in der Tate Modern. In der Linzer Tabakfabrik wurde 2017 das mit dem angekauften Vorlass der Künstlerin bestückte „VALIE EXPORT Center, Forschungszentrum für Medien- und Performancekunst“ eröffnet.
Ute Bock (*1942)
In den 90ern schickte das Jugendamt immer mehr Geflüchtete aus dem zerfallenen Jugoslawien und später aus Ländern Afrikas in ihr Heim. Ute Bock setzte sich für Jobs, Deutschkurse und Schlafplätze außerhalb des Heimes ein. Kurz: Sie kämpfte für bessere Lebensbedingungen und Rechte der Jugendlichen.
Dieses Engagement behielt sie ihr Leben lang: Auch in der Pension organisierte sie private Wohngemeinschaften, Rechtsberatung und verschiedene Kurse, die sie mit Hilfe von Spenden und Großteils ehrenamtlicher HelferInnen finanzierte und betreute. 2002 gründete sie den Ute Bock Verein. Unterstützerinnen des Vereins treten gegen jede Form von Diskriminierung und Rassismus ein. Über Ute Bock wurden mehrere Dokumentationen und Filmprojekte gedreht. Für ihr soziales Engagement erhielt Ute Bock viele Preise.
Elfriede Jelinek (*1946)
In den 80ern kam der erste große Skandal: Jelinek behandelte in einem Theaterstück die schlechte Vergangenheitsbewältigung der NS-Zeit in Österreich. Später setzte sie sich unter anderem mit weiblicher Sexualität auseinander und schrieb ein Stück über den Anschlag von Franz Fuchs auf Sinti und Roma im Burgenland.
Als Schriftstellerin ist sie heute weltweit bekannt. Auch weil sie 2004 den Nobelpreis für Literatur für ihr Gesamtwerk erhielt. Er gilt als höchste Auszeichnung für SchriftstellerInnen.
Während Jelinek schon früher in Deutschland als außergewöhnliche Texterin bekannt und geschätzt wurde, war sie in ihrem Heimatland Österreich Angriffen von Konservativen und Rechten ausgesetzt.
Jelinek war Feindbild für die ÖVP, die FPÖ und die Krone. In der größten Tageszeitung Österreichs wurde sie beschimpft, die Freiheitlichen Wiens machten mit ihrem Namen 1995 sogar Wahlkampf. Auf dem Plakat hieß es: „Freiheit der Kunst statt sozialistische Staatskünstler.“ Darüber der Name: Jelinek.
Vor fünf Jahren stürmten die rechtsextremen Identitären Jelineks Aufführung von „Die Schutzbefohlenen“ an der Uni Wien. In dem Stück geht es um den Umgang mit geflüchteten Menschen.
Wie die Presse schreibt: „Es scheint in der österreichischen Literatur der Gegenwart beinahe Brauch zu sein, dass ihre Besten allgemein angefeindet werden.“ Die Feministin Elfriede Jelinek lebt zurückgezogen, gibt selten Interviews. In ihren Werken übt sie weiter laute Kritik an unserer Gesellschaft. Die Wahrheit tut eben manchmal weh.
Reneé Schröder (*1953)
Renée Schroeder verbrachte ihre Kindheit und Jugend in Brasilien. Die Eltern stammen aus Luxemburg und wanderten nach Brasilien aus. Doch aufgrund der Militärdiktatur wollte die Familie Brasilien verlassen. Die Familie zog nach Bruck an der Mur, wo der Vater einen Posten bekam.
Die Biochemikerin befasste sich schon früh mit der Ribonukleinsäure, kurz RNA. Wie DNA kann dieses Molekül Erbgut transportieren. Lange wurde die RNA in der Forschung als eher unbedeutend angesehen. Heute spielt sie aber zum Beispiel bei der Corona-Impstoffherstellung eine wesentliche Rolle.
2003 erhielt Renée Schröder für ihre Forschungsarbeit den Wittgensteinpreis, die renommierteste österreichischen Auszeichnung im Wissenschaftsbereich. Im selben Jahr wurde sie als erst zweite Frau wirkliches Mitglied der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse der österreichischen Akademie der Wissenschaften. Diese verließ sie jedoch im Mai 2012 aus Protest, da sie die mangelnde Exzellenzförderung kritisierte, sowie die Tatsache, dass viele Mitglieder dem Cartellverband angehören – eine Vereinigung katholischer Studentenverbindungen, denen Frauen nicht beitreten können.
Sie war Mitglied der Bioethik-Kommission, Vizepräsidentin des Fonds zur Förderung wissenschaftlicher Forschung. Seit 2010 ist sie Mitglied des Rates für Forschung und Technologieentwicklung. Reneé Schröder hat immer wieder auf die Benachteiligung von Frauen innerhalb der universitären Strukturen hingewiesen. Sie engagierte sich stets für die Förderung von Frauen in der Wissenschaft. Dafür erhielt sie 2001 den von UNESCO und L’Oréal gestifteten Preis “Special Honor Award For Women in Science”, im Jahr 2007 erhielt sie auch den Wiener Frauenpreis.
Auch äußerte sie sich immer kritisch über das Bildungssystem, sowie Religionen und deren Frauenbild. Im Jahr 2017 kandidierte sie bei der Nationalratswahl auf der Liste von Peter Pilz. Sie ist Obfrau der Parteiakademie der Liste Peter Pilz.
Nicole Werdenigg (*1958)
Nicola Werdenigg wuchs in einer Tiroler Skifamilie auf. Die Eltern hatten eine Skischule, die Mutter war Rennläuferin. Bereits mit 8 Jahren fuhr sie selbst die ersten Rennen für den Österreichischen Skiverband (ÖSV). Ihre Karriere startete sie wie die meisten SkiläuferInnen sehr früh. Mit 15 Jahren bestritt sie ihre erste Weltcup-Saison.
Mit 23 Jahren beendete sie ihre Skirennkarriere. Um zur Skiführerprüfung antreten zu dürfen, musste sie mit dem Verfassungsgerichtshof drohen. Sie war die erste Frau, die diese Ausbildung in Österreich machte. Neben ihr: 120 Männer. Das war 1981.
2017 kandidierte Werdenigg für die Liste Pilz im Nationalratswahlkampf. Noch davor im selben Jahr veröffentlichte die Tirolerin einen Text im „Standard“, der große Wellen schlug. Sie berichtete, wie sie als Teenager von einem Mannschaftskollegen vergewaltigt wurde. Sie erzählt evon strukturellem Machtmissbrauch und sexueller Gewalt im Skisport. Das war nicht einfach: Der Skiverband drohte ihr nach den Enthüllungen mit Klagen. Nicola Werdenigg wurde von unterschiedlichen Seiten als “Lügnerin” bezeichnet.
Später wurden ihre Aussagen und die vorhandene sexuelle Gewalt, vor allem beim Skinachwuchs, durch eine Tiroler Expertenkommission bestätigt. Es meldeten sich weitere Betroffenen, mehr Missbrauchsfälle wurden bekannt. Es gab Konsequenzen, Entlassungen im Skiverband und rechtskräftige Verurteilungen. Auch in anderen Ländern meldeten sich Betroffene. Sie selbst gründete den Verein ‚WeTogether‘ für Prävention von Machtmissbrauch im Sport. 2018 erhielt sie den Frauenring-Preis, 2019 den Ute-Bock-Preis für Zivilcourage.
Heute ist Nicole Werdenigg in Pension – und kämpft weiter gegen strukturellen Machtmissbrauch. Doch was hat sich seit ihrem Outing vor über drei Jahren getan? Wie steht es um die Gewaltprävention im Sport? Das erzählt Nicola Werdenigg im Gespräch mit MOMENT.
Erika Wieser (*1964)
Erika Wieser arbeitet seit 28 Jahren am Bau. Sie ist Kranführerin, vermutlich als erste Frau in Österreich. Und sie ist die erste trans-idente Kranfahrerin. Ihr Arbeitsplatz liegt über den Dächern der Städte in einer sehr männlich dominierten Branche.
- Lies dazu auch unser Interview mit Erika: Sie hat ihren Chef gefragt, ob er ein Problem mit ihr hat.
Erika Wieser wurde im November 1964 bei Bruck an der Mur in der Steiermark geboren. Doch Erika war nicht ihr Geburtsname: Sie wurde als Bub großgezogen, wusste aber schon früh, dass irgendetwas an ihr anders war, konnte es aber noch nicht zuordnen. Auf Idee, dass die ‘Natur ihr einen falschen Körper gegeben hat’, wie sie heute sagt, war sie auch während ihrer Lehrjahre nicht gekommen.
1980 begann Erika Wieser eine Lehre als Glaserin, danach schulte sie zur Kranfahrerin um. Zu dieser Zeit dachte sie noch, sie wäre ein schwuler Mann – erst 2014 erkannte Erika Wieser, dass sie in Wahrheit eine trans-idente Frau war.
Sie wollte etwas ändern. Mit 49 Jahren begann sie eine Hormontherapie und beschloss, offen als Frau zu leben. Später hatte sie eine geschlechtsanpassende Operation. Seit 2015 ist sie auch am Papier eine Frau. Dieser Prozess zu ihren wahren Identität war das beste, was ihr je passiert war, sagt Erika Wieser heute.
Den Kollegen am Bau sagte sie gleich Bescheid. Jeder, der damit ein Problem habe, sollte sich melden. Die Rückmeldungen waren zu Beginn positiv. Doch bei derselben Firma bekam sie später keinen Auftrag mehr. Sie wechselte und fand Auftraggeber, bei denen sie als trans-idente Frau einfach ihren Job machen konnte.
Erika Wieser engagierte sich später politisch bei der SPÖ-Wien für Gleichberechtigung aller Geschlechter und für mehr Frauen auf Baukränen. Heute lebt sie in Wien und steht kurz vor der Pension. Erika Wieser ist außerdem Vorsitzende des Vereins Trans-Austria.
Alev Korun (*1969)
Mit 11 Jahren erlebte Korun dann den Militärputsch mit. Obwohl sie noch ein Kind war, prägte sie der brutale Einsatz des Militärs. Korun fing an, sich Gedanken über Demokratie und Diktatur zu machen. Schon als Jugendliche bezeichnete Korun sich als Feministin und marschierte auf Frauendemos mit.
Nach der Matura zog sie nach Innsbruck um Gender Studies und Politikwissenschaften zu studieren. Kurz nach ihrem Umzug machte sie schon die erste Erfahrung mit Rassismus in Österreich bei der Fremdenpolizei. Ein Beamte sagte vor Korun zu einer Kollegen: „Die spricht wahrscheinlich kein Wort Deutsch“. Schnell wurde Korun klar, dass sie von einer ganz normalen Bürgerin in der Türkei zu einer „Ausländerin“ in Österreich geworden war. Diese Erfahrung brachte Korun dazu, sich politisch gegen Rassismus und Diskriminierung einzusetzen.
Ihr Engagement brachte sie zu den Grünen, für die sich als erste Abgeordnete mit Migrationserfahrung 2008 in den österreichischen Nationalrat einzog. In den Medien war sie „die Türkin“. Über den Meilenstein der ersten Migrantin im Parlament schrieb damals fast niemand. Auch im Nationalrat selbst wurde Korun zur Zielscheibe für rassistische Sprüche. Sie solle nach Hause gehen, wenn es ihr in Österreich nicht gefalle, rief ihr ein Abgeordneter etwa zu, als Korun gerade eine Rede über Menschenrechte hielt.
Trotz allen Widrigkeiten blieb Korun bis 2017 als Abgeordnete im Nationalrat für die Grünen. Dort setzte sie sich gegen Diskriminierung und für Chancengleichheit ein.
Bis heute bleibt Alev Korun diesen Themen treu. Aktuell engagiert sie sich ehrenamtlich bei verschiedenen politischen Initiativen. Besonders beschäftigt sie sich mit Bildungsbenachteiligungen, dort wo Klasse auf Migrationserfahrung trifft. Außerdem hält sich Vorträge.
Mireille Ngosso (*1980)
Mireille Ngosso brach die Schule im ersten Anlauf wegen Schwierigkeiten mit einzelnen Lehrkräften ab und träumte von einer Karriere als Jazzsängerin. Am Abendgymnasium holte sie die Matura nach, studierte in Kingston (UK) und schließlich in Wien Medizin. Heute arbeitet sie als Ärztin in einem Wiener Spital.
Sie engagiert sich seit 2010 in der SPÖ, nach Stationen als Bezirksrätin und stellvertretende Bezirksvorsteherin, ist sie heute Landtagsabgeordnete in Wien. Sie ist die erste afroösterreichische Frau in einem politischen Amt. Die Entscheidung, sich politisch zu engagieren, lag für sie nahe, wie sie im Gespräch mit dem Magazin News erzählt: „Man darf nicht immer nur über Inklusion sprechen. Man muss sie leben. Man muss in allen Bereichen des Lebens die Türen öffnen. Je mehr schwarze Vorbilder junge Menschen in Politik, Wirtschaft und in den Medien haben, desto leichter wird es für sie.“ Mireille Ngossos politische Themen sind Antirassismus, Gesundheit, Frauen und Bildung.
Rassismus hat sie als schwarzer Mensch in Österreich bereits oft erfahren müssen. „Mit 14 Jahren war ich mit einer weißen Freundin auf der Mariahilfer Straße und wurde plötzlich von einem Polizisten angehalten und durchsucht. Meine Freundin wurde nicht durchsucht“, erzählte sie dem Standard. Auch als Politikerin wurde sie immer wieder rassistisch angefeindet. Obwohl sie sich zu Beginn ihrer Karriere geschworen hatte, sich zum Thema Rassismus öffentlich nicht zu äußern: „Ich bin so viel mehr als ein schwarzer Frau.“, wehrte sie sich gegen rassistische Anfeindungen, denen sie ausgesetzt war. Zuletzt organisierte sie im Juni die BlackLivesmatter-Demo mit mehr als 50.000 TeilnehmerInnen in Wien mit. Denn ein Ziel treibt sie bis an, wie sie der Kleinen Zeitung im Interview verriet: „Die Politik muss genauso divers werden wie die Gesellschaft.“
Mireille spricht in den sozialen Netzwerken über Antirassismus, unterstützt WOC (women of color) und berichtet von ihrem Alltag als Ärztin. Mireille Ngosso ist auf Instagram unter @mireille_ngosso zu finden, auf Facebook findest du sie unter Mireille Ngosso und auf Twitter findest du sie unter dem Nutzernamen @missngosso.
Viktoria Schnaderbeck (*1991)
Viktoria Schnaderbeck, geboren 1991 in Graz, ist eine erfolgreiche österreichische Fußballerin. Als Kapitänin der österreichischen Frauennationalmannschaft und Spielerin für unter anderem Arsenal London und FC Bayern München wurde sie Meisterin in Deutschland und England und Halbfinalistin in der Europameisterschaft.
Das ist aber noch nicht alles. Schnaderbeck hat einen Verein mitbegründet, der Frauen und Mädchen im Fußball fördert. Und nebenbei hat Schnaderbeck mit ihrem Coming-Out als lesbische Frau Geschichte geschrieben. Sie war eine der ersten Profi-Fußballerinnen in Österreich, die sich geoutet haben.