print print
favorites-circle favorites-circle
favorites-circle-full favorites-circle-full
Demokratie

Das Playbook gegen Kamala Harris

Das Playbook gegen Kamala Harris
Kamala Harris muss sich auf Niedertracht einstellen, wenn sie in den Kampf um das Präsidentenamt geht, sagt Natascha Strobl. Foto: Lawrence Jackson, Public domain, via Wikimedia Commons
Kamala Harris wird höchstwahrscheinlich die Präsidentschaftskandidatin, nachdem Joe Biden sich zurückgezogen hat. Die bisherige Vizepräsidentin rückt damit auch in den Fokus der auf Niedertracht basierenden MAGA-Kampagne (Make America Great Again). Hier ist das Playbook, das wohl gegen sie verwendet werden wird. Das lassen zumindest die Vergangenheit und die Gegenwart vermuten. Die Zukunft wird zeigen, ob wir Recht behalten.

#1 Zweifel an der Legitimität für das Amt

Harris ist die Tochter zweier Wissenschaftler:innen: einer Mutter aus Indien und eines Vaters aus Jamaica. Also wird Rassismus eine der wichtigsten Komponenten in der Kampagne gegen sie sein.

Dieser kommt aber nicht offen daher, sondern subtiler. Etwa in der Frage, ob sie überhaupt für das Amt der Präsidentin kandidieren darf. Sprich, ob sie in den USA geboren ist oder gar eine andere Staatsbürgerschaft hat. Das wurde genauso bei einem einzigen anderen Kandidaten gemacht: bei Barack Obama. Da wurde die Frage nach der Geburtsurkunde zu einer der wichtigsten Dirty Campaigning-Kniffe.

#2 Sie hat keine Kinder

Selbstverständlich wird die Frage nach Kindern nur bei Frauen gestellt. Harris hat keine leiblichen Kinder, ist aber Stiefmutter für die Kinder ihres Mannes aus einer vorherigen Beziehung. Nichts davon qualifiziert sie mehr oder weniger als Trump, über dessen Vaterqualitäten durchaus Zweifel bestehen.

Das zum Thema zu machen passt gut in die Linie von Trumps-Vize JD Vance, der laut vor kinderlosen Katzenfrauen gewarnt hat. Harris dürfte zum Sinnbild dieser misogynen Anschauung werden.

#3 Ist sie überhaupt eine Frau?

Die extreme Rechte pflegt eine Obsession mit einem sehr eingeschränkten Bild von Weiblichkeit. Transpersonen passen für sie nicht ins Weltbild, weil sie entweder diesem Bild nicht entsprechen oder ihm zu sehr entsprechen und der Unterschied zu Cisfrauen nicht mehr klar ist. (Es gibt kein Gewinnen bei diesem Thema.)

Das führt dazu, dass Frauen ihre Weiblichkeit abgesprochen wird und sie zu Männern oder Transfrauen gemacht werden. Es gibt eine ganze Online-Subkultur, die obsessiv Bilder nach (fiktiven) Markern absucht.

Prominente Opfer dieses Hasses sind Michelle Obama und Brigitte Macron. Da wird nach Penissen und Geburtsurkunden gesucht bzw. diese gefälscht und viral in Umlauf gebracht. Sie werden mit falschen Namen angesprochen und es zeigt sich, dass der Hass auf Transpersonen Hand in Hand mit Misogynie und Hass auf Cisfrauen einher geht.

#4 Sie hat einen weißen Mann geheiratet

Second Gentleman Doug Emhoff könnte schon bald den Rang einnehmen, den vor ihm Michelle Obama oder Jill Biden hatten. Die Ehepartner:innen des Präsidenten bzw. der Präsidentin haben eigentlich keine vordefinierte Rolle. Traditionell sind sie für sanftere, gesellschaftspolitische Themen wichtig (gesundes Essen, Anti-Mobbing, Bewegung für Kinder, …). Hillary Clinton war maßgeblich an der Gesundheitsgesetzgebung beteiligt.

Kinder und Ehepartner:innen sind eigentlich auch ein No-Go bei Attacken. Eigentlich. In ihrem Kulturkampf und Rassenwahn wird der Fakt, dass Harris einen weißen (jüdischen) Mann geheiratet hat, sicher ein Thema. Die damit verbundenen rassistischen und misogynen Implikationen sind Benzin für Online-Kulturkämpfe.

#5 Dating-Historie

Ein Klassiker ist, bei prominenten Frauen zu fragen, wieviel Sex sie in ihrem Leben hatten und ob sie das nicht für alles mögliche qualifiziert. Dazu werden Jugendfotos oder Fotos mit offenherziger Kleidung hervorgekramt. Da werden Ex-Lover gesucht, die ein Urteil über Beziehung oder Sexualleben abgeben können.

All dies ist bei Männern selbstverständlich kein Thema, sonst wäre Trump allein aus diesem Grund der ungeeignetste Kandidat aller Zeiten. Eine Frau in der Öffentlichkeit darf liebende Mutter ohne Ambition, aber bitte mit Qualifikation sein (sonst lebt sie auf Kosten der Steuerzahler:innen und das geht auch nicht). Sie darf ihr Leben (und schon gar nicht das Sex-Leben) nie genossen haben, sonst ist sie unseriös und verdächtig.

Gibt es ein zu weit?

Es ist fad, wie vorhersehbar diese Attacken sind. Und es ist traurig, dass insbesondere Frauen sie erleben müssen. Sie meinen aber nie nur die angegriffene Person, sondern alle Menschen, die auch in der Öffentlichkeit stehen könnten und die aus dieser verdrängt werden sollen.

Es sind übergriffige Attacken, die nichts mit den persönlichen Leistungen und Qualifikationen zu tun haben, sondern diese Wahlkämpfe in riesige Versuchslabarotieren des Kulturkampfs verwandeln sollen. Die Frage ist: Gibt es ein zu weit? Oder überdrehen sie irgendwann. Die Antwort wird sich im November zeigen.

    Neuen Kommentar hinzufügen

    Kommentare 4 Kommentare
    Kommentar hinzufügen

    Neuen Kommentar hinzufügen

  • Gerald Danner
    28.07.2024
    Die Armseligkeit der Rechtspopulisten und -extremen kann nicht oft genug aufgezeigt werden. Massen-Boulevardmedien (allen voran die KRONE) tun es leider nicht, da sie selber (als Trittbrettfahrer) von diesen üblen Kampagnen profitieren. DANKE für euer tägliches Eintreten gegen diese Niedertracht und das ständige Erinnern daran, wie Haltung und aufrechter Gang eine wohltuende Alternative darstellen können.
    Antworten
  • Tigerin
    24.07.2024
    Die Benutzung der Sprache beeinflusst auch das Denken . Wir könnten mit dem sprachlichen Gendern eine positive Veränderung unserer Gesellschaft voran bringen und zudem mehr Offenheit für verschiedene Lebensformen und vielfältige Identitäten bewirken.
    Antworten
  • Bogiefox
    24.07.2024
    Wie sieht es aus mit mMn legitimer Kritik, mit der weiteren Inhaftierung von Bipocs unter ihrer Administration? Es gibt einen Clip in dem sie sich lustig macht darüber, dass Menschen Geld lieber in Schulen investieren würden, als in Gefängnisse
    Antworten
  • frizzdog
    24.07.2024
    müssen wir uns wirklich mit den "inhalten" der trumpisten beschäftigen und nicht mit den zielen der künftigen präsidentin?
    Antworten