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Demokratie

Der eine Satz, der das rechte Denken zusammenfasst

Natascha Strobl analysiert die politische Sprache von Jörg Haider und Donald Traump. Und wie sie zusammenhängt.

In Österreich blieb es von den meisten unbemerkt, aber der US-amerikanische Präsident Donald Trump hat vor kurzem einen bemerkenswerten Satz gesagt: „Sie versuchen MICH zu stoppen, weil ich für EUCH kämpfe.“ („They are trying to stop ME, because I am fighting for YOU.“)

Der Satz ist ein österreichischer Exportschlager, wurde er doch im Wahlkampf 1994 vom österreichischen Rechtspopulisten Jörg Haider geprägt. Damals stand auf seinen FPÖ-Plakaten: „Sie sind gegen ihn, weil er für Euch ist.“

Der AfD-Rechtsaußenableger Björn Höcke hat den Spruch auch vor nicht allzu langer Zeit in den sozialen Medien verwendet. Er hat sogar gleich das ganze Haider-Plakat nachgestellt (aufgekrempelte Ärmel, Hände entspannt hinter dem Kopf verschränkt und „Einfach ehrlich, einfach Jörg/Björn“). Die FPÖ kramt den Satz sowieso bei jeder sich gebenden Gelegenheit heraus – auch lange nach Haiders Parteiabspaltung und Tod.

Kämpfer gegen finstere Mächte

Die Idee dahinter ist, dass ein mächtiges ominöses „sie“ gegen den eigentlich sehr beliebten Politiker agiert, weil er kompromisslos aufseiten des „Volkes“ steht. Diese „sie“ hingegen haben andere Interessen, die inkompatibel mit diesem Engagement des Politikers sind. 

Es wird unterstellt, „sie“ wollen sich vor allem bereichern und still und heimlich die Macht aufteilen. Ein Mann wie Trump, Haider oder Höcke würden dieses dunkle Spiel gefährden und deswegen wenden „sie“ sich mit aller Macht gegen ihn. 

Der entscheidende Punkt ist, dass diese Mächte schlichtweg böse sind und ihr einziger Antrieb die Zerstörung des „Volkes“ ist, an dem sie sich gleichzeitig wie ein Parasit bereichern. Sie sind zudem so mächtig und gut vernetzt, dass es großen Mutes bedarf, sich ihnen entgegenzustellen. Diesen Mut besäße eben nur dieser eine Politiker. Dafür zahlt er dann einen großen Preis, nämlich Anfeindungen, die, so die Botschaft, ungerechtfertigt sind und einzig aus der Tatsache seiner Opposition zu diesen dunklen Mächten resultieren. 

In dieser Vorstellung dunkler, unbenannter Mächte, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit Böses tun, einfach weil sie böse sind, steckt auch die Idee einer Weltverschwörung – eine oft auch im Antisemitismus zu findende Erzählung.

 
Rechtspopulisten

Jörg Haider/FPÖ 1994, Strache/FPÖ 2008, Höcke/AfD 2019

Träger des „Volkswillens“

Ein weiterer Aspekt ist, dass der betreffende Politiker eine direkte Verbindung zum „Volk“ hat. Er weiß als Einziger, was es will und vertritt seine Interessen. Das ist eine völkische Sicht auf „Volk“. Sie enthält einen metaphysischen Gesamtwillen des „Volkes“, das in dieser Vorstellung immer aufgrund von Abstammung definiert wird (und nicht etwa als Wohnbevölkerung oder Staatsbürgerschaft).

Alle Menschen, die dazugehören (weil ihre Eltern und Großeltern schon dazugehörten), haben etwas, das sie zu einer gemeinsamen Gruppe macht. Die unterscheidet sich in dieser Vorstellung von allen anderen auf dieser Welt und macht so das Volk aus. Es wird nicht nur biologisch und genetisch gebildet, sondern auch ideell über Gedanken, Gefühle und Eigenschaften – den „Volkswillen“. Dieser „Volkswille“ bemächtigt den Politiker, im Namen des Volkes zu handeln.

Das ist nicht nur antidemokratisch, weil es willkürlich Menschen ein- und ausschließt, sondern auch gefährlich, weil es anstelle von politischen Aushandelsprozessen vermeintlich unhintergehbare biologische wie metaphysische Fakten setzt. 
 

 
Ein Mann mit Donald Trump-Maske vor dem Weißen Haus.

Ein Mann mit Donald Trump-Maske vor dem Weißen Haus. (Foto: Darren Halstead/Unsplash)

Der Erlöser

Wir haben es hier also gleichzeitig mit einer Abwehr von Kritik und Strategie zur Immunisierung, sowie mit einer Strategie zur Selbstermächtigung und Selbstüberhöhung zu tun. Der Held aus dem Volk und für das Volk wird von den bösen, mächtigen Kräften bekämpft, weil sein ehrliches Engagement ihre zwielichtigen Pläne durchkreuzt.

Es ist auch eine Personalisierung und eine Fokussierung auf eine einzelne Person. Statt Politik als Ringen verschiedener Weltsichten zu verstehen, die Konsens finden können oder polarisieren, wird eine Erlöserfigur konstruiert. Es hängt alles davon ab, ob sich diese einzelne Person durchsetzen kann. Der Politiker gibt sich also selbst die Rolle des Sprachrohrs des Volkes und ist gleichzeitig der Einzige, der für das Volk kämpft. Dadurch will er unantastbar werden, da angeblich jede Kritik an ihm auch dem Volk schadet, das er repräsentiert. 

„Sie sind gegen ihn, weil er für Euch“. In diesem kurzen, eingängigen Satz ist also die volle Breitseite rechten Denkens vorhanden: Statt Kritik sachlich oder unsachlich inhaltlich zu begegnen, wird eine dunkle Verschwörung aller KritikerInnen unterstellt, die unversöhnlich auf der anderen Seite stehen. Diese Sprache ist Ausdruck und Ursache eines stetig bröckelnden demokratischen Diskursrahmens – von Kärnten bis Washington. 

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