Die 5 Kardinalfehler der Krisenkommunikation der Regierung
Seit über einem Jahr schafft es diese Regierung nicht, diese Krise kommunikativ zu begleiten. Die Folgen sind Frust, Wut und Hilflosigkeit. Niemand weiß mehr so wirklich, was gerade gilt und viele leben nach ihren eigenen Regeln. Das führt dazu, dass manche sehr vorsichtig sind und niemanden mehr sehen, während andere sich genüsslich in der Straßenbahn die FFP2-Maske ausziehen.
Konsequenzen hat weder das Eine, noch das Andere. Niemand ist um die Einhaltung bemüht oder schafft eine gesamtgesellschaftliche Stimmung, die dazu führt, dass alle wissen, was zu tun ist und an einem Strang ziehen.
Ich fasse hier die fünf aktuell schlimmsten Versäumnisse zusammen:
#1 Moderieren statt Gestalten
Eine Krise braucht einen Ausweg oder zumindest den Pfad zu einem Ausweg. Die österreichische Bundesregierung, vor allem der Gesundheitsminister, hat sich entschlossen, diese Krise aber nur noch nebenstehend zu moderieren. „Wir haben hier Zahlen, sie sind schlecht“. Dabei ist es seine Rolle (und die der ganzen Bundesregierung) den Weg aufzuzeigen, auch wenn er schwierig und steinig ist. Die Gegenwart ist schon da und sie ist erdrückend. Der Weg in die Zukunft muss gestaltet werden – und das tut die Regierung nicht.
#2 Chaos statt Klarheit
Ampel, Impfen, Kontaktbeschränkungen – wer weiß denn aus dem Kopf, was gerade gilt und wann wer dran kommt? Statt klarer Regeln, die gelten und nach denen man sich richten kann, herrscht das Chaos. Fehler, Missgeschicke und Unvorhergesehenes (z. B. Lieferengpässe bei Impfstoffherstellern) kommen vor, gerade in so einer Situation. Dann muss aber klar und ruhig der neue Fahrplan kommuniziert werden. Es gibt aber weder Ziel noch Fahrplan.
#3 Mal hü, dann hott
„Ansteckungsrate über 1000 ist alarmierend“, „Ansteckungsrate bis 6000 ist ok.“ „7-Tage-Inzidenz unter 30, 50, 100, aber richtig handeln“ und „zusammensetzen muss man sich erst ab 7-Tage-Inzidenz von 400.“ Bei diesen Tempowechseln ist es schwierig, mitzukommen. Sie unterminieren das Vertrauen und die Glaubwürdigkeit in die ganze Krisenbekämpfung. Wenn Ansteckungsraten und Inzidenzen nur willkürliche Zahlen sind, dann muss man sie nicht weiter beachten. Besser wäre es konsistent und glaubwürdig eine Zahl zu kommunizieren und diese nicht ständig aufzuweichen.
#4 Viele Politiker (sic), keine Expertin
Einer der größten Fehler ist, dass keine ExpertInnen voran gestellt werden, die erklären können, welche neuen medizinischen Entwicklungen passieren. Die Sicherheit eines Impfstoffes können ExpertInnen viel glaubwürdiger erklären, als der Kanzler. Was bedeutet „Sicherheit vor schwerem Verlauf“? Was ist dieses PIMS-Syndrom bei Kindern? Warum kann man in einem Jahr keine Intensivplätze aufstocken? All diese Fragen wären gesondert in einem Briefings von ExpertInnen besser beantwortet, also von PolitikerInnen.
#5 Selbstgerechtigkeit statt Ehrlichkeit
Statt Fehler zuzugeben oder auf Augenhöhe zu kommunizieren, lobt sich die Regierung noch selbst, wenn die Lage längst mehr als dramatisch ist. In Wien werden die Intensivplätze knapp und es gibt eine schleichende Triage, wie hier von Intensivmediziner Wolfgang Hagen beschrieben.
Gleichzeitig stellen sich Gesundheitsminister und Kanzler hin und philosophieren, wie gut Österreich da stehen würde, würde es nicht die britische Variante geben. Und dass man Testweltmeister sei. All dieser selbstgerechte Nebel verhindert einen klaren und ehrlichen Blick auf den Ist-Zustand und Augenhöhe statt Blabla.
Kommunikation alleine löst eine Krise nicht. Aber sie kann helfen, dass allen die Lage klar ist und alle gemeinsam dazu beitragen, sie zu lösen. Eine Person alleine kann die Gesamtlage nicht überblicken. Es ist eine politische Aufgabe für das Gemeinsame zu sorgen.