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Guten Morgen!
Eine schlimme Angst, eine wandelbare Zahl und ein angekündigter Verkehrskollaps, den es nie gab. Der Morgenmoment, heute gemeinsam zusammengestellt von der gesamten Redaktion.
#1 Das willst du teilen
Roj (22) ist aus den kurdischen Gebieten in Syrien nach Österreich geflohen. Seit dem Einmarsch der Türkei hat sie wieder mehr Angst um FreundInnen und Verwandte, die noch dort sind. Auf Moment erzählt sie dir, was sie wirklich denkt.
#2 Zahl des Tages
72 - Es ist nicht einfach zu beurteilen, ob Donald Trump der geschickteste oder einfach nur schamloseste Spin-Drescher der Welt ist. Der US-Präsident nimmt es jedenfalls mit der Wahrheit nicht so genau. Die Washington Post steht mit ihrer Zählung bei 13.435 falschen, irreführenden oder gelogenen Aussagen seit Amtsantritt. Trump ist der Hohepriester der Fake News.
Eine ganz besonders tolle Erzählung hat er schon mehrmals ganz öffentlich angepasst. Sie handelt von einem Polizisten in New York City, der ihm angeblich einmal vorgeschwärmt hat, wie toll sich sein Pensionsfonds unter Trump entwickelt. Trump erzählt diese Geschichte seit Dezember 2018 immer wieder bei seinen Auftritten. Das Problem: Die Zahlen ändern sich dauernd. Der Fonds sei um 39% gewachsen, sagte Trump anfangs mehrfach. Man weiß schon nicht. ob das stimmte. Aber irgendwann waren es dann 41%, dann 46%, dann 44%, schließlich 49% und ganz neu von vorgestern: 72%.
#3 Besser geht doch
An der Linken Wienzeile wird seit einigen Wochen ein Radweg gebaut. Die dem Automobil stets wohlgesonnenen Chronik-Ressorts heimischer Zeitungen waren deshalb im Vorfeld ganz nervös. Eine kleine Auswahl aus den einstigen Schlagzeilen zum Projekt: "Im Herbst staut es sich", "Verkehrschaos ante portas", "Start für Baustelle und Staus" hieß es vor dem Baustart. Ein halb enttäuschtes "(Noch) kein Kollaps" war noch eines der Highlights kurz danach. ÖAMTC und Wirtschaftskammer haben Horrorszenarien errechnen lassen und die wurden eifrig zitiert.
Ganz schön blöd, aber die angekündigte Katastrophe ist ausgeblieben. Das Chaos hat sich Urlaub genommen und ist zu Hause geblieben. Jetzt könnte der Radweg sogar schneller fertig sein, als vorher gedacht. Bleiben zwei Fragen: Werden die Chronikressorts auch beim nächsten kleinen Bauprojekt wieder die Apokalypse an die Wand malen? Und wenn der eine gesperrte Fahrstreifen jetzt wochenlang eigentlich gar niemandem abgegangen ist, warum brauchen wir ihn dann überhaupt?
#4 Der Reihe nach
In Chile protestieren hunderttausende Menschen gegen die Regierung. Auslöser war eine Preiserhöhung der U-Bahntickets, doch die Ursache für die größten Proteste seit Chiles Rückkehr zur Demokratie 1990 liegt tiefer.
General Augusto Pinochet, 1973 durch einen Militärputsch an die Macht gelangt, peitschte bis 1990 ein radikal wirtschaftsliberales Programm mit weitreichende Privatisierungs- und Deregulierungsmaßnahmen durch. Strom, Wasser, Bildung, Krankenversicherungen und Altersvorsorge: Alles in privater Hand.
Chile ist weltweit das Industrieland mit der höchsten Vermögenskonzentration: Das oberste Prozent der Bevölkerung besitzt fast ein Drittel des Reichtums. Die Hälfte der Bevölkerung Chiles verdient weniger als 500 Euro im Monat. Der Großteil gibt zehn Prozent seines Monatslohns allein dafür aus, zur Arbeit und wieder nach Hause zu kommen.
Nach Ausbruch der Proteste schickte der rechtskonservative Präsident und Multimilliardär Sebastián Pinera das Militär: mehr als 7.000 Menschen wurden verhaftet, mehr als 1.000 verletzt, 17 Menschen getötet. Die massiven Militär- und Polizeieinsätze konnten die Proteste nicht eindämmen, nun entließ der Regierungschef einige Minister und kündigte Sozialreformen an.
- Die Proteste gehen weiter: Gekämpft wird für eine neue Verfassung, für ein öffentliches Bildungs- und Gesundheitssystem, Verteilungsgerechtigkeit. Auf vielen Plakaten steht: “No tenemos miedo": Wir haben keine Angst.
#5 Lesetipp
Drei Kinder, zwei Autos, keine Wohnung: Horrende Mieten, fehlender Mieterschutz und unsichere Jobs prägen den Alltag in vielen US-amerikanischen Großstädten. Für tausende Menschen ist die letzte Stufe vor der Obdachlosigkeit das Leben im eigenen Auto. Wie es ist als Familie aus dem Mittelstand zu rutschen und im Auto wohnen zu müssen, erzählt diese Reportage.
Wir wünschen dir einen traumhaften Mittwoch!
Die Redaktion