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Arbeitswelt

EU-Lieferkettengesetz: Was kann es und wer ist davon betroffen?

Man sieht Katharina Rogenhofer verkleidet als Richterin vor einem Frachtschiff stehen - es geht ums EU-Lieferkettengesetz.
Vieles von dem, was wir täglich nutzen, kaufen und verbrauchen, wurde nicht in Europa hergestellt. Die billige Herstellung in anderen Ländern sorgt bei uns für niedrigere Preise, geht aber oft auf Kosten der dortigen Arbeitskräfte und der Umwelt. Das EU-Lieferkettengesetz soll dem jetzt Einhalt gebieten. Aber was kann so ein Gesetz wirklich ändern? Und ist dieses Gesetz gut genug? Katharina Rogenhofer erklärt.

Unternehmen sind weltweit vernetzt. Teile von Produkten kommen aus den unterschiedlichsten Ländern, werden über verschiedene Routen transportiert, weiterverarbeitet, zusammengesetzt und schließlich weltweit in Geschäften verkauft. Über diese Beziehungen von Abbaufirmen, Bauern, Produzenten, Rohstoffhändlern, Transporteuren, Verarbeitern und Verkäufern einen Überblick zu behalten, ist gar nicht einfach.

Dabei wäre es so wichtig. Denn in dieser Unübersichtlichkeit verstecken sich oft Ausbeutung und Umweltzerstörung. Um Profite hochzuhalten, wird sehr oft in Ländern produziert, in denen Arbeitskräfte weniger Geld bekommen, nicht arbeitsrechtlich geschützt sind oder wo keine Umweltauflagen erfüllt werden müssen. Gerade in der Textilindustrie, aber auch beim Abbau von Rohstoffen kommt es häufig zu Menschenrechtsverletzungen durch Kinderarbeit und Sklaverei-ähnliche Zustände.

Aber was kann Europa da schon tun? Diese Sachen passieren doch in Asien und Afrika! Und der Regenwald wird für die Rinderhaltung ja auch nicht in Europa abgeholzt. Diese Fragen stellen sich viele. Europa hat jedoch große Macht. Denn hier werden viele der fertigen Produkte billig verkauft, die durch die Ausbeutung entstanden sind.

EU-Lieferkettengesetz könnte Kinderarbeit verhindern

Und da kommen Lieferkettengesetze ins Spiel. Denn Europa – und jedes einzelne Land auch – kann Regeln für die Lieferketten von Unternehmen festlegen. Wer einen Firmensitz in Europa hat, oder Waren in Europa verkauft, muss dann bestimmte Standards erfüllen: Zum Beispiel sicherstellen, dass es in der Produktion keine Kinderarbeit gibt. Oder, dass dafür kein zusätzlicher Regenwald abgeholzt wird.

In Brüssel laufen die Verhandlung über ein EU-Lieferkettengesetz gerade. Die Kommission hat einen Entwurf vorgelegt, nach dem große Unternehmen Verantwortung für ihre Lieferkette übernehmen müssen. Ab 500 Mitarbeiter:innen und 150 Millionen Euro Umsatz heißt es: hinschauen oder Strafen riskieren! Nur in sensiblen Bereichen, wie der Lebensmittelproduktion und Textilindustrie, soll das Gesetz etwas früher gelten. Das würde gerade einmal jedes 500. Unternehmen in Europa erfassen.

Auch Umwelt soll geschützt werden

Ob das Gesetz so kommt, ist unklar. Das Tauziehen wird wohl noch länger dauern. Die Regierungen der EU-Länder wollen ein in vielen Punkten noch schwächeres Gesetz. Das EU-Parlament hingegen will, dass es mehr Unternehmen erfasst – schon ab 250 Mitarbeiter:innen. Auch Umweltziele soll es geben. So sollen Treibhausgase entlang der Lieferkette weniger und der Bodenverbrauch überprüft werden. Naturschutzorganisationen fordern aber noch mehr, etwa, dass der Regenwald und andere wichtige Lebensräume effektiv geschützt werden und rechtliche Schlupflöcher geschlossen werden. Damit Menschen klagen können, wenn ihre Menschenrechte verletzt werden.

Wirtschaft und Lobby gegen EU-Lieferkettengesetz

Die Wirtschaft lässt dagegen ihre Lobbyist:innen ausreiten. Sich um seine Lieferkette zu kümmern, das sei viel zu aufwändig für die “kleinen heimischen Betriebe”.  
Dabei sparen sie aus, dass regionale Produkte aufgrund der hohen Sozial- und Umweltstandards in Österreich sogar einen Vorteil gegenüber internationaler Handelsriesen hätten.

Natürlich würde ein Lieferkettengesetz dennoch den Aufwand verändern. Genau das soll es aber auch tun. Viel zu lange haben wir es erlaubt, dass Ausbeutung und Zerstörung der Natur zum Geschäft dazu gehören. Für eine gerechtere und nachhaltigere Zukunft müssen die Unternehmen sich ändern. Wenn sie die Verantwortung selbst nicht übernehmen wollen, dann eben per Gesetz.

Die Industrie und ihre Lobbygruppen wehren sich oft gegen wichtige Verbesserungen im Umweltschutz. Auch hier direkt in Österreich. Ein Beispiel dafür sind die Angriffe auf Umweltverträglichkeitsprüfungen.

Mehr dazu:

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Ein Lieferkettengesetz für Österreich soll das Ende der Ausreden für Konzerne sein

 
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