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Demokratie

Chuzpe: Eva Dichand vergleicht sich mit Opfer rechtsextremer Hetzjagd

Ausschnitte aus einem ganzseitigen Text der Zeitung "Heute", in dem Eva Dichand die Berichte über die Vorwürfe und Ermittlungen gegen sie und ihre Zeitung als Hetzjagd bezeichnet.
Eva Dichand ist sauer. Sie ist so richtig sauer und führt das auf einer ganzen Seite der Zeitung, die sie herausgibt, aus. Dabei nutzt sie ohne jede Scham einen Vergleich mit dem Opfer einer rechtsextremen Hetzjagd. Natascha Strobl kommentiert zum Widerspruch.

Österreich ist ein kompliziertes Land. Wenn man eine aktuelle Entgleisung erklären möchte, muss man kilometerdick in das bisher Geschehene zurückgehen. Es begab sich nun also so: der Ibiza-Skandal betraf eigentlich die FPÖ. Aber nach und nach – gerade vor dem Rücktritt des Kanzlers Sebastian Kurz – wurde klar, dass es auch bei der ÖVP einige Dinge gab, die juristisch aufgearbeitet werden müssen.

Eine der zentralen Figuren in dieser Aufarbeitung ist Thomas Schmid, der ehemalige Generalsekretär im Finanzministerium und Vorstand der staatlichen Beteiligungsagentur Öbag. Im Rahmen der Ermittlungen wurden viele SMS öffentlich (“kriegst eh alles was du willst”).

SMS zwischen Dichand und Schmid im Fokus

Darunter waren auch SMS von Eva Dichand an Thomas Schmid. Diese SMS waren sehr unfreundlich, um nicht zu sagen drohend. “Wir können auch anders” und “Wir schauen uns das jetzt an” lauten diese SMS etwa.

Der Verdacht stand im Raum, dass es hier um einen Abtausch von Inseraten in Dichands Tageszeitung Heute gegen wohlmeinende Berichterstattung ging. Dieser Verdacht dürfte sich insofern erhärtet haben, als im März 2023 die Büroräume der Tageszeitung durchsucht wurden. Auch in Österreich ist das nicht unbedingt tagtägliche Normalität. Selbstverständlich berichteten die anderen Medien – teils auch genüsslich, buhlte man doch um dieselben Inserate und pflegte alte Animositäten.

Hetze und Ermittlungen sind nicht dasselbe

Eva Dichand hat nun äußerst dünnhäutig zum Rundumschlag ausgeholt. Sie sehe sich in einer Linie mit SZ-Vize Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid, die vor wenigen Wochen eine Hetzjagd diverser rechtsextremer Portale über sich ergehen lassen musste, für einen Vorwurf, der sich zum größten Teil in Luft aufgelöst hat. Dichand schreibt nun ohne jede Scham, dass sie wisse, wie das ist, schließlich werde ja gegen sie ermittelt und ihre (unbestritten von ihr verfassten) SMS öffentlich.

Damit stellt Dichand gleich zwei ungustiöse Gleichsetzungen her.

Zum einen sieht sie sich selbst als ein Opfer und vergleicht sich dafür mit jemandem, der an den Rand der Existenz gebracht wurde.

Zum anderen vergleicht sie die erbarmungslose Hetzjagd rechtsextremer Portale und Mobs mit der Staatsanwaltschaft, die im Auftrag des Staates (auch) die Mächtigen kontrolliert. Es ist völlig klar, dass das nicht einmal im Ansatz dieselbe Situation ist.

Schwere Vorwürfe zu klären

Sicher ist die Situation nicht angenehm und natürlich lässt sich über so machen Medienbericht der Konkurrenz diskutieren. Aber Dichand kann sich vor Gericht wehren und wird dabei sicherlich von den besten Anwält:innen vertreten. Der im Raum stehende Vorwurf ist schwerwiegend. Lässt er sich am Ende beweisen, wäre das eine Katastrophe für die betroffenen Teile der Politik und Medien – und so schlussendlich für die Demokratie.

Schließlich geht es auch nicht um sie persönlich, sondern um ihre Rolle als Herausgeberin einer auflagenstarken Tageszeitung. Nichts davon ist vergleichbar mit der Jagd auf eine Einzelperson, die bis ins Intimste derb und aggressiv angegriffen wird. Einen Vergleich verbietet der Anstand. 
 

Ablenkung aus Eigennutz

Dieses Verhalten vernebelt vor allem den Blick auf ein wichtiges Thema und zieht es in die Beliebigkeit und die Lächerlichkeit: von der extremen Rechten angestoßene Hetzjagden gegen Personen, oft Frauen. Hier braucht es Lösungen und kein bequemes „Weiter so“.

Das bedeutet, es muss auf irgendeine datenschutzkonforme Art und Weise möglich sein, anonyme Trolle ausfindig zu machen. Behörden müssen ermitteln, es braucht Geld und psychologische Betreuung für Opfer, damit sie den Weg vor Gericht anstellen können. Schließlich braucht es auch die Zivilgesellschaft, die sich wie eine Mauer um angegriffene Personen stellt.

Nichts lenkt davon so sehr ab, wie jeden persönlichen Zwist und jedes Ungemach mit Behörden in diese ernste Diskussion hineinzureklamieren, weil man glaubt, die Welt dreht sich nur um einen selbst.

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