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Demokratie

Familien warten noch immer auf die Auszahlung der Familienbeihilfe

Foto: Symbolbild von Trần Toàn/Unsplash
Seit Monaten warten Menschen auf die Auszahlung von Familienbeihilfen. Menschen, die dringendst auf das Geld angewiesen sind. Kathrin ist eine davon und hat mit uns darüber gesprochen. Die Anträge liegen beim Finanzamt. Was ist da passiert?

Kathrin ist wegen psychischer Erkrankungen, die sie seit ihrer Jugend hat, nicht in der Lage sich selbst zu erhalten. Deshalb hat die 34-Jährige neben Rehabilitationsgeld Anspruch auf die erhöhte Familienbeihilfe. Das sind etwa 380 Euro im Monat. Und sie machen einen riesigen Unterschied.

„Mein Reha-Geld ist gerade einmal existenzsichernd”, sagt Kathrin. “Wenn ich die Familienbeihilfe nicht hab, muss ich überlegen, ob ich noch Lebensmittel einkaufen kann. Darüber, das Leben zu genießen und einmal auf einen Kaffee zu gehen, muss ich gar nicht nachdenken.“ Doch genau das ist in den vergangenen Monaten passiert. Die Familienbeihilfe blieb aus, obwohl Kathrin ziemlich sicher weiter Anspruch darauf hat – und sie ist nicht die Einzige, die auf das Geld warten muss, das so einen großen Unterschied in ihrem Leben macht.

Warum verzögert sich die Auszahlung der Familienbeihilfe?

Das Finanzamt kommt offenbar mit der Bearbeitung und Prüfung der vielen Anträge nicht hinterher. Warum das so ist? Um Familienhilfe nach dem 18. Geburtstag beziehen zu können, muss der Anspruch nachgewiesen werden. Dazu wird einen Monat vor Ablauf der Befristung ein Schreiben an Bezieher:innen geschickt, dass sie den Anspruch beweisen müssen. Für die Betroffenen ist das ein belastender Prozess, erzählt auch Kathrin. Sie muss ihre psychischen Erkrankungen und die erlebten traumatischen Ereignisse laufend aufs Neue durchleben, um diesen Nachweis zu erbringen.

Während der COVID-19-Krise wurden die Prüfungen anfangs ausgesetzt, um Familien zu entlasten, heißt es aus dem Finanzministerium. Ende März 2021 begann man aber wieder damit. Seither werden Ansprüche wieder überprüft und müssen nachgewiesen werden. Deshalb wurden laut Finanzministerium an 233.000 Familienbeihilfenbezieher:innen Aufforderungen zum Nachweis versendet.

Das Problem wird im Vergleich verständlich: Im gesamten Jahr 2019 langten rund 342.000 solcher Schreiben im Finanzamt ein. Innerhalb möglichst kurzer Zeit mussten also knapp zwei Drittel des üblichen Jahrespensums abgearbeitet werden. Es ist durchaus verständlich, dass das eine Herausforderung ist. Weniger klar ist, warum kein Modus vorbereitet wurde, in dem Menschen deshalb nicht auf für sie so wichtige Leistungen warten müssen.

Aus dem Finanzministerium heißt es, man habe „Personal und Ressourcen optimiert, um die zu erwartenden größeren Mengen an Rückmeldungen rasch abzuarbeiten“, erklärt Stefan Trittner, stellvertretender Sprecher des verantwortlichen Finanzministers Gernot Blümel. Eine konkrete Zahl, wie viele Personen zusätzlich diese Anträge bearbeiten, nannte er nicht.

Wann erfolgt die Auszahlung der Familienbeihilfe?

Die verbleibenden Antworten werde man so schnell wie möglich bearbeiten, versichert Trittner gegenüber MOMENT. “Wo es zu längeren Wartezeiten gekommen ist, entschuldigen wir uns dafür”, fügt Trittner hinzu. Auf die Frage, bis wann die Menschen, die noch immer warten, mit der Auszahlung der Familienbeihilfe rechnen können, konnte Trittner keinen konkreten Zeitraum nennen. 207.000 Antworten seien eingelangt, davon 93% bisher abgearbeitet, heißt es gegenüber MOMENT (Stand: 20. August). Gegenüber der APA hieß es am 28. Juli, man habe von den damals 205.000 Antworten bereits 90 Prozent abgearbeitet. Bleibt das Tempo gleich, dann  dauert es noch mehr als einen Monat, bis alle bisherigen Anträge bearbeitet sind.

Die Unterlagen von Kathrin inklusive medizinischem Gutachten liegen dem Amt seit Mai vor, erzählt sie. Seither wartet sie auf die Auszahlung der rund 380 Euro und wird auf Nachfrage immer wieder vertröstet. Ihr wurde Auszahlung bis Ende August zugesagt. Ende August ist in wenigen Tagen erreicht. Zumindest bisher erhielt Kathrin noch keine Familienbeihilfe. Es sind inzwischen drei Monate, in denen Kathrin ohne diese Unterstützung zurechtkommen muss. „Das sind mehr als 1.000 Euro, die ich dringend brauche“, sagt sie.

Wenn das Geld bewilligt wird, sollte Kathrin auch die vergangenen Monate nachbezahlt bekommen. Die erlebten Alltagssorgen und Einschränkungen dieser Zeit kann ihr – und tausenden anderen Menschen – aber niemand mehr rückwirkend abnehmen.

 

 

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