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Ungleichheit

Menschenverachtende Flüchtlingspolitik löst keine Probleme

Menschenverachtende Flüchtlingspolitik löst keine Probleme
So manches EU-Land sieht Italiens Asylpolitik mit "Rückkehrzentren" in Drittstaaten als Lösung. Doch das sind sie nicht. Sie sind menschenfeindlich und lösen gar nichts, kommentiert Lisa Wohlgenannt.
Die rechtsradikale Regierung in Italien brachte als erstes EU-Land Menschen in sogenannte "Rückkehrzentren" im Ausland. Betroffene aus Bangladesch und Ägypten wurden nun in die haftähnlichen Lager in Albanien gebracht. Ein Gericht in Rom hat das aber für unzulässig erklärt. Zum Glück. Doch die Rechten werden weiter an einer unmenschlichen Asylpolitik arbeiten - die keine Lösung, sondern nur einen Rechtsruck bringt. Über ein Mindestmaß an Menschlichkeit, die wirklichen Probleme und Lösungen.

Die rechtsradikale Regierung in Italien brachte als erstes EU-Land Menschen in sogenannte „Rückkehrzentren“ im Ausland. Bis die Asylverfahren geprüft sind, sollten Geflüchtete in haftähnlichen Lagern in Albanien eingesperrt werden. Nun wurden erste Betroffene aus Bangladesch und Ägypten in die Lager gebracht. Ein Gericht in Rom hat das aber für unzulässig erklärt. Beide Länder seien nämlich keine sicheren Herkunftsländer. 

In den Lagern aufgenommen werden sollen laut Plan “nur” erwachsene Männer aus sicheren Herkunftsländern. Alle anderen Geflüchteten – Kinder, Frauen, Kranke, Folteropfer und Menschen aus als nicht sicher eingestuften Länder – sollten weiter nach Italien können. 

Katastrophale Menschenrechtsverletzungen drohen

Die betroffenen Männer müssen deswegen wieder nach Italien gebracht werden, entschied das Gericht. Ein kleiner Wermutstropfen, der EU-weit große Wellen schlagen könnte. Italien ist das erste Land der EU, das Menschen in Rückkehrzentren in Drittstaaten brachte. Andere Staaten wollen das Modell aber nachahmen – auch Österreich unter (Noch-)Bundeskanzler Karl Nehammer. 

Menschenrechtsorganisationen warnten bereits vorher. „Überall, wo solche Programme umgesetzt wurden, führten sie zu katastrophalen Menschenrechtsverletzungen und hatten verheerende Auswirkungen auf Asylsysteme“, sagte zuletzt Eve Geddie, Direktorin Amnesty International EU. Die Regierungen wüssten, dass es rechtswidrig, undurchführbar und teuer ist, Menschen in Länder zu schicken, mit denen sie keine Verbindung haben und wo es keine Garantie für gerechte Verfahren gibt. 

Das Problem ist nicht so groß wie Rechte uns glaubhaft machen wollen

Darum geht es aber auch nicht. Es geht um Symbolpolitik. Das Ausmaß der Migration ist nämlich längst nicht so groß, wie vor allem die rechten Parteien uns glaubhaft machen wollen. Am häufigsten geht es dabei um das Asylrecht. Aber in Österreich wurden zuletzt wieder deutlich weniger Asylanträge gestellt. Gab es 2022 ein Hoch mit 112.272 Asylanträgen, waren es 2023 nur mehr 59.232.  2024 dürften es nach bisherigem Jahresverlauf nur  25.100 Anträge sein.

Für ein Land mit 8 Millionen Einwohner:innen sind das keine Zahlen, die unbewältigbar scheinen sollten. Aber das sind sogar nur die Anträge. 2023 wurde etwa die Hälfte der Entscheidungen negativ gefällt. Wer nicht aus eindeutig gefährlichen Ländern stammt, hat praktisch kaum Chancen auf Asyl. Sogar 4 von 10 Syrer:innen – einem Land mit autoritärer Führung, das einen Bürgerkrieg mit über 600.000 Todesopfern zu beklagen hat – wurden 2023 abgelehnt

Auf der Website der EU-Kommission ist zu sehen: Die meisten Aufenthaltstitel gingen 2022 an Menschen aus der Ukraine (374 412), gefolgt von Belarus (309 854), Indien (183 237), Marokko (164 761), Syrien (143 365), Türkei (113 914), Russland (112 197), China (81 262), Brasilien (104 822) und Afghanistan (92 539). Die Zahlen für 2023 sind ähnlich. 

Von echten und rechten Problemen

Oft wird von den rechten Parteien eine wachsende Kriminalität beschworen, womit diese menschenfeindliche Politik propagiert wird. Aber die Behauptung beruht auf einer Anzeigenstatistik, die diese Schlüsse gar nicht zulässt. Sie zeigt nämlich nicht mehr Kriminalität auf, sondern einfach nur mehr Anzeigen. Das ist auch darauf zurückzuführen, dass Menschen Straftaten eher anzeigen als früher. Expert:innen sagen ganz klar: westliche Länder wie Deutschland, Österreich und Co. werden sicherer, nicht gefährlicher. 

Probleme sollen nie ignoriert werden. Und es gibt Herausforderungen im Migrationsbereich – wie sprachliche Barrieren und Lernschwierigkeiten in Schulen. Eine sachliche, engagierte Migrations- und Integrationspolitik ist allerdings sinnvoller, als gegen Menschen aufzuhetzen, die hierher geflüchtet sind. Das wäre eine Lösung.

Integration in Österreich

Hierzulande bleibt Asylwerber:innen etwa Integration bewusst verwehrt. Solange ihr Asylverfahren nicht positiv abgeschlossen ist, haben sie zum Beispiel kein Recht auf einen Deutschkurs und sie dürfen nicht arbeiten. Und das ist kein Zufall, sondern politisch gewollt – vor allem von ÖVP und FPÖ. 

Boulevardmedien wie die Kronen Zeitung stürzen sich dann gerne auf Inhalte, wie kürzlich der neoliberale Thinktank Agenda Austria verbreitet hat: “Viele Migranten bei uns mit Sprachproblemen. Aktuelle Studie mit beängstigenden Erkenntnissen: Immer mehr Schüler sprechen daheim nicht Deutsch”. Ja, wie denn, wenn den Eltern der Kurs verwehrt bleibt? Und wenn man den Menschen über Jahre vermittelt: Ihr seid hier unerwünscht.

Genau dazu trägt diese immer noch menschenfeindlichere Asylpolitik bei – wie die “Rückkehrzentren” in Drittstaaten wie Albanien. Sie sind darüber hinaus ein Bruch der eigenen Gesetze und ein Angriff auf die grundlegendsten Rechte, die wir als Menschen einander zugestehen. Aber sie lösen gar nichts.  

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    Kommentare 1 Kommentar
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  • frizzdog
    22.10.2024
    passt doch eh: - die 18 sind doch wieder "zurückgekehrt" nach Italien :-))
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