Demokratie

Die FPÖ entdeckt die Religion

Herbert Kickl wurde als FPÖ-Parteiobmann bestätigt. In seiner Rede bedient er den üblichen Kulturkampf der extremen Rechten. Ganz offensiv findet aber auch Religion ihren Platz. Für die FPÖ ist das eine Gratwanderung. Natascha Strobl analysiert.

Es ist nicht das erste Mal, dass Herbert Kickl sich direkt auf das Christentum bezieht. Schon die Plakate bei diversen Wahlkämpfen nahmen Anleihen an die Bibel. Slogans wie “7 gute Jahre” oder  “Euer Wille geschehe” waren direkte Zitate. Am Parteitag in Salzburg zitierte er nun den Apostel Paulus und präsentierte sich als gläubiger Katholik. Den Glauben selbst erklärte er zu einer der Haupttugenden seiner Politik. (Anm.: Kirchenvertreter kritisieren die Inszenierung als parteipolitische Vereinnahmung.)


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Kickl mit Religion gegen FPÖ-Geschichte

Diese Art der Verpolitisierung von Religion ist nicht unüblich im internationalen Rechtsextremismus. Für die FPÖ ist es aber parteiintern eine Gratwanderung. Eine Stütze der FPÖ sind traditionell die deutschnationalen Burschenschaften. Diese sind dezidiert, anti-religiös und speziell anti-katholisch.

Das liegt an der Geschichte der bürgerlichen Revolution von 1848 (auf die man sich  beruft, die meisten Burschenschaften wurden aber erst später gegründet), die sich gegen die Herrschaft von Adel und Klerus wandten. Dieses antikatholische Element des „Dritten Lagers“ hat also direkt etwas mit den politischen Bedingungen seines Aufstiegs zu tun. Auf dieses deutschnationale Lager beruft die FPÖ sich. Der (politische) Katholizismus war hingegen fest im konservativen Lager verankert.

Das zeigt sich auch gut in der Ausrichtung der zwei Faschismen in Österreich.

  • Der Austrofaschismus entsprang dem Konservatismus und war ein katholischer Klerikalfaschismus.
  • Der Nationalsozialismus hat seine Hochburgen in protestantischen Gebieten und spielte auch mit einem anti-katholischen Ressentiment. (Was Teile der katholischen Kirche nicht von der Kollaboration abhielten.)

Wandel der extremen Rechten

Seit 20 Jahren ist ein Wandel der extremen Rechten zur Kulturkampf-Rechten zu beobachten. Dieser zeichnet sich dadurch aus, dass sicher geglaubte Dogmen aufgeben werden.

Stattdessen wird alles gemacht, was Aufmerksamkeit und Einfluss in den Sozialen Medien sichert. Da wähnt man sich manchmal plötzlich als Verteidiger von Frauenrechten (mit einem ganz eigenen Frauenbild) und sieht sich als Schützerin von Homosexuellen (auch das aber – sagen wir eher „interessant“), beides Gruppen, die man vehement bekämpft hat.

Religion spielt hier eine wichtige Rolle. Sie wird zum Identitätsmarker gegen „die Anderen“ – vor allem Muslime. Sie ist aber auch Rettungsanker gegen eine vermeintliche Dekadenz von links.

Religion in der FPÖ: Eine Ansage nach innen

Der ehemalige FPÖ-Chef HC Strache hat das als FPÖ-Chef schon für sich genutzt. Es gibt nicht nur das berühmte Bild von ihm auf der Wahlkampfbühne mit einem Kreuz in der Hand. Die FPÖ selbst hat aber lange mit dieser Vereinnahmung von Religion gefremdelt, weil es nicht in das dogmatische Bild der Burschenschafter passt. Kickl ist kein Burschenschafter und hat den Einfluss dieser Gruppe und nach zurückgedrängt (für FPÖ-Verhältnisse). Die offensive Bewerbung seines Glaubens ist dementsprechend auch als interne Ansage zu verstehen.

Er holt damit auf jeden Fall zum internationalen Trend der extremen Rechten auf. Die FPÖ war als lang bestehende Altpartei mit ihren NS-Wurzeln lange immun gegen diesen Trend. Nun geht auch sie in dieselbe Richtung ihrer Schwesterparteien: hin zum christlichen Nationalismus, rechten Katholizismus und völkischen Traditionalismus.


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