Werden Frauen immer noch schlechter bezahlt als Männer?
Die ewig Lohnlücke
Den Murmeltier-Tag haben wir um eine Woche verpasst. Aber zum Glück haben wir unsere eigene Tradition: Und ewig grüßt die Lohnlücke! Frauen bekommen für die gleiche Arbeit weniger bezahlt. Ja, noch immer. Und nein, das hat nix mit Teilzeit oder Ausbildung zu tun. Das kann man rausrechnen, und dann bekommen Frauen immer noch weniger als Männer. Mehr als 12 Prozent. Aber irgendwie sind die Frauen da auch selbst schuld, schließlich suchen sie sich immer die Jobs aus, die besonders grottig bezahlt werden. Moment Mal!
44 Tage im Jahr gratis arbeiten
Wir haben es hier mit einer klassischen Henne-Ei-Frage zu tun. Aber der Reihe nach: Im Schnitt arbeiten Frauen, die Vollzeit hackeln gehen, 44 Tage pro Jahr gratis. Im Vergleich zu Männern. Das entspricht dem 12 Prozent Unterschied. Aber warum? Stimmt schon, Berufe, in denen viele Frauen arbeiten, sind schlechter bezahlt. Je höher der Frauenanteil, desto schlechter der Lohn.
Aber das liegt eben nicht daran, dass die Jobs so unterschiedlich sind, sondern daran, dass wir die Arbeit und Leistung von Frauen viel weniger wertschätzen.
Ein Automechaniker erhält im ersten Dienstjahr brutto 2.780 Euro, eine Altenpflegerin aber nur 2.330 Euro. Wir suchen Altenpflegerinnen so dringend wie Sebastian Kurz eine Ausrede vor Gericht. Mit unterschiedlicher Nachfrage kann der Gehaltsunterschied also nicht erklärt werden. Und sicher auch nicht damit, dass die Anforderungen oder Belastungen so viel niedriger wären. Der Job ist sauanstrengend.
Einfach andere Berufe wählen?
Die schlecht bezahlten, die sogenannten Frauenberufe, sind oft auch noch die richtig anstrengenden. Nämlich die mit der höchsten Burn-Out-Gefahr. Wir brauchen Leute, die soziale Berufe machen? Zum Beispiel 76.000 neue Pflegekräfte bis 2030?
Die Wahrheit ist: Wir zahlen Jobs, die vorranging von Frauen gemacht werden, automatisch schlechter. Und damit die Leistungen. Was Frauen zusammenbringen, ist irgendwie wertlos. Kennen wir ja aus dem Spitzensport. Egal ob beim Skispringen, im Fußball oder beim Schwimmen: Preisgelder und Bezahlung sind für Männer um ein Vielfaches höher.
Nagut, ein paar Schlaubis hatten da eine Lösung: “Die Frauen müssen endlich in die Männerbranchen … dann werden sie schon g’scheit verdienen!” Wir müssen sie also fit machen für Naturwissenschaft und Technik.
Frauen in die Technik!
Tausend “Frauen in die Technik”-Kampagnen später sehen wir: Die Lohndiskriminierung, also die Gehaltsschere, ist in männerdominierten Branchen am ärgsten! Anderthalb Jahre nach dem Masterabschluss verdienen Frauen im Ingenieurwesen 18 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Remember: im SCHNITT waren es 12 Prozent. In der Pädagogik nur um 3 Prozent weniger. Übrigens: In den Krippen und Kindergärten ist der Anteil männlicher Pädagogen seit 40 Jahren fast unverändert bei rund zwei Prozent.
Die Kampagnen hätten also ehrlicherweise heißen müssen: Frauen, kommt in die Technik. Damit wir euch dort auch den Mittelfinger zeigen können!
Und es geht noch schlimmer. Denn wir wissen mittlerweile auch: Wenn vermehrt Frauen in eine Branche drängen, dann SINKT im Schnitt der Lohn. Langsam, aber stetig. Dazu kommt, dass auch das Ansehen des Berufs leidet. Ein gutes Beispiel dafür ist der Beruf des Lehrers: Historisch eigentlich ein sehr angesehener Beruf. Heute machen den Job vor allem Frauen, die sind so wertlos, denen kann man sowas jederzeit ausrichten. Studien zeigen: Sobald in einer Branche mehr als 60 Prozent Frauen arbeiten, setzt der Effekt der Lohnentwertung ein.
Lohnentwertung: Die Branche passt sich an
Aber keine Sorge: Nur für die Frauen! Sie bringen ihre schlechte Bezahlung in die neue Branche quasi mit, die Männer werden nicht schlechter entlohnt als zuvor. Der Effekt zeigt sich übrigens auch in die gegenteilige Richtung. Übernehmen die Männer den Laden, dann steigt das Ansehen des Berufs – und das Gehalt.
Historisch schön zu sehen am Beruf der Programmiererin. Ja richtig gehört, Programmieren war zu Beginn des IT-Zeitalters ein Job, der fast ausschließlich von Frauen gemacht wurde. Bei lausiger Bezahlung. Als Computer immer wichtiger wurden, haben das zunehmend Männer übernommen. Bis heute ist es eine stark männlich dominierte Branche – mit entsprechend guten Gehältern.
Frauen müssen einfach nur besser verhandeln?
Und falls jetzt wer meint, die Frauen müssten eben besser verhandeln, dann klappt das schon mit der guten Bezahlung:
Jede dritte Forderung nach einer Gehaltserhöhung wird bei Frauen abgelehnt. Bei Männern nur jede 20.
Weil wir sie im Berufsleben so schlecht zahlen, dürfen Frauen die Arbeit zuhause dann gleich ganz unbezahlt machen. Hausarbeit leisten Frauen ja ein Vielfaches. Frauen hackeln zuhause über vier Stunden pro Tag, schupfen den Haushalt und kümmern sich um die Kinder, Männer hingegen nur zweieinhalb Stunden.
Aber hey, Frauen arbeiten halt nur Teilzeit! Das ist nur fair, dass sie dann mehr zuhause machen. Frauen arbeiten insgesamt länger als Männer, jeden einzelnen Tag. Ziemlich viel davon halt leider unbezahlt.
Jede zweite Frau arbeitet Teilzeit.
50 Prozent. Bei den Männern? 10 Prozent. Freiwillig? Nope. Fast 40 Prozent der Frauen arbeiten Teilzeit, weil sie für andere da sind: Weil sie jemanden pflegen oder Kinder betreuen: Für 7 von 10 Kindern in Österreich, die unter 6 Jahre alt sind, gibt es keinen Betreuungsplatz, der einen Vollzeitjob zulässt.
Meistens kriegen die Frauen ihre Kinder ja eher nicht allein – sie allein kriegen aber weniger Einkommen, wenn das Kind mal da ist: Bis das Kind die Volksschule verlässt, verdienen sie im Schnitt nur HALB so viel wie vor der Schwangerschaft. Männer verlieren nichts.
Was braucht es um die Lohnlücke zu verringern?
Endlich Leistungsgerechtigkeit: Gleicher Lohn für gleichwertige Leistung – egal, ob der Job vor allem von Männern oder Frauen gemacht wird. Über alle Branchen hinweg. Damit die sogenannten Frauenberufe nicht länger schlechter als die sogenannten Männerberufe bezahlt werden.
Ein erster Schritt dazu: Zahlen wir Pflege, Kinderbetreuung und Gesundheit endlich besser.
Und: verkürzen wir die Arbeitszeit für alle. Das entlastet die Mamas – und die Papas können zuhause mehr mitanpacken.