Grundsteuer und Leerstandsabgabe: Das ignorierte Milliardenpotenzial in Österreichs Gemeindekassen

Der Klimabonus ist weg, das Klimaticket wird teurer, Reisepass und Führerschein auch. Bei Familien und Pensionist:innen wird eingespart, bei behinderten oder suchtkranken Menschen ebenfalls. Die Gehälter von Lehrer:innen und Polizist:innen steigen zu wenig, um die Inflation auszugleichen.
Der Staat spart und verteuert also an allen Ecken und Enden (nur nicht bei Unternehmen und Vermögenden). Und trotzdem steigt sein Budgetdefizit immer weiter: Kürzlich wurde bekannt, dass das Defizit für heuer um zwei Milliarden Euro höher ist als erwartet. Es soll nun 4,9 Prozent der Wirtschaftsleistung betragen statt der ursprünglich vermuteten 4,5 Prozent. Grund dafür: die Defizite der Länder und Gemeinden, deren Ausgaben für Gesundheit und Kinderbetreuung zuletzt gestiegen sind.
Vergangenen Freitag haben Bund und Länder nach monatelangen Verhandlungen eine Einigung beim "Stabilitätspakt" erzielt: Künftig müssen die Länder nun etwas weniger sparen als bisher, weil der Bund einen größeren Teil der Verschuldung tragen wird. Das Defizit auf Länderebene bleibt aber weiterhin bestehen.
Gemeinde-Finanzen im Fokus
Der Bund hat nun die Bundesländer und Gemeinden zum Sparen aufgerufen. Das würde bedeuten: höhere Gebühren für Kanalbenützung und Müllentsorgung, keine Straßensanierungen, Schließung von Schwimmbädern, keine Zuschüsse mehr für gemeinnützige Feste oder Essen auf Rädern.
Wirklich nötig ist nichts davon. Denn die Gemeindefinanzen ließen sich rasch auch ganz anders sanieren: durch Maßnahmen, die auf die Vermögenden und auf klimaschädliches Verhalten abzielen. Das Potenzial ist beträchtlich: Allein eine modernisierte Grundsteuer und eine flächendeckende Leerstandsabgabe könnten mehrere Milliarden Euro einbringen.
Grundsteuer-Modernisierung ist seit 40 Jahren überfällig
Das Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO, der Fiskalrat, das Zentrum für Verwaltungsforschung KDZ, der Gemeindebund und das Momentum Institut sind sich einig: Eine Reform der Grundsteuer ist längst überfällig. Die letzte Anpassung ist 40 Jahre her, die Bemessungsgrundlage dementsprechend veraltet und weit entfernt von den tatsächlichen Immobilienpreisen.
Eine reformierte und erhöhte Grundsteuer könnte den Gemeinden bis zu 2,8 Milliarden Euro pro Jahr an zusätzlichen Einnahmen bringen. Zugleich würde dadurch die im internationalen Vergleich extrem niedrige Vermögensbesteuerung in Österreich ausgebaut. Ein modernes Modell dafür liegt bereits am Tisch: das Bodensteuer-Modell nach dem Vorbild Baden-Württembergs (wie das funktioniert, steht im aktuellen Policy Brief des Momentum Instituts). Der größte Unterschied zur aktuellen Berechnung: Im neuen Modell ergibt sich die Bewertung für die Grundsteuer ausschließlich aus dem Bodenwert. Die auf dem Grundstück befindlichen Gebäude werden nicht mehr berücksichtigt.
Zudem sollte klar sein: Eine Steuer auf Eigentum müssen die Eigentümer:innen tragen. Derzeit können Eigentümer:innen die Grundsteuer anteilig über die Betriebskosten auf die Mieter:innen abwälzen. Das sollte nach einer Reform nicht mehr möglich sein.
Leerstandsabgabe bringt Einnahmen und Wohnraum
Auf Landesebene könnten Leerstandsabgaben die Budgets stark entlasten. In ganz Österreich stehen hunderttausende Wohnungen leer, während die Mieten steigen. Durch klug ausgestaltete Leerstandsabgaben könnten die Länder ihre Einnahmen steigern und bis zu 678.000 leerstehende Wohnungen wieder auf den Markt bringen.
Derzeit heben nur vier Bundesländer (die Steiermark, Salzburg, Tirol, Vorarlberg) Leerstandsabgaben ein, und diese sind zu niedrig, um Wirkung zu entfalten. Damit sie funktioniert, muss eine Leerstandsabgabe mindestens so hoch sein wie die Wertsteigerung der Immobilie.
Abgaben auf Zweitwohnsitze und klimaschädlichen Straßenverkehr
Neben Grundsteuer und Leerstandsabgabe gibt es noch weitere Maßnahmen, mit denen Gemeinden ihre Budgets stabilisieren und gleichzeitig Fehlanreize abbauen können, ohne jene Menschen zu belasten, die ohnehin wenig haben:
- Zweitwohnsitzabgaben konsequent anheben
- Abgaben auf klimaschädlichen Verkehr: höhere Parkgebühren für große/schwere Fahrzeuge, City-Maut
- Wertschöpfungsabgabe als Ergänzung zur Kommunalsteuer
- Vergnügungssteuer für teure Großevents
- Wohnbau-Euro nach dem Vorbild der Wiener U-Bahn-Abgabe
- Anhebung der Ortstaxe
Der Werkzeugkoffer zur Sanierung der Gemeindefinanzen ist also gut bestückt – jetzt liegt es an den politischen Entscheidungsträger:innen, die vorhandenen Instrumente endlich zu nutzen.




