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Arbeitswelt

Inflation? Abgehoben. Minister? Auch.

Porträt von einer enttäuschten Barbara Blaha.
Aktuell ist Österreich trauriger Spitzenreiter bei der Teuerung. Andere Länder haben die Inflation deutlich besser im Griff. Trotzdem macht sich der Wirtschaftsminister keine Sorgen. Moment mal mit Barbara Blaha
 

Die Preise rauschen weiter nach oben. Österreich hält jetzt wieder bei 9,6 Prozent Inflation. Aber: KEINE SORGE!  Martin Kocher hat alles im Blick:

“Wir reden jetzt von ein paar Monaten, in denen die Inflationsrate in Österreich etwas höher gelegen ist. Das ist für mich noch nichts, was mir große Sorgen bereitet. Wenn das über fünf Jahre so gehen würde, wäre das anders.” – Martin Kocher

Äh???? Moment mal!

 

In Sachen Teuerung sind wir mit 180 Sachen unterwegs. Der Arbeitsminister steigt nicht auf die Bremse, es bereitet ihm nicht einmal „große Sorgen”. 

Österreich aktuell Spitzenreiter bei Inflation

Nun: Mir schon. Denn: Andere Länder haben ihre Inflation deutlich besser im Griff. Wir sind wieder bei fast 10 Prozent sind, hat Deutschland hat 7,6, Frankreich 6,9 Prozent. Und Spanien hat mit nicht einmal 3,8 Prozent nur rund ein Drittel unserer Teuerung.

Und was sagen Experten dazu, dass die Preise bei uns noch immer schneller und höher steigen als im europäischen Schnitt?

„Wir erleben derzeit eine starke Umverteilung zugunsten der Unternehmen” – Ökonomin Isabella Weber

Was zur Hölle machen wir falsch?

Was andere gegen Inflation tun

Nun: Frankreich und Spanien haben allen Leuten, die besonders unter den hohen Preisen leiden, Kohle in die Hand gedrückt. Das hat Österreich auch gemacht –  Hilfszahlungen an besonders betroffene Haushalte ausschütten.

Aber: Anders als wir haben sie in Frankreich und Spanien nicht nur einmal mit dem Zecherl “Einmalzahlung” die Bremse angetippt. Sondern sie sind wirklich auf die Bremse gestiegen – und mit dem Fuß drauf geblieben. Bei Gas und Strom, an der Tankstelle, im Supermarkt, bei den Mieten, bei den Öffis.  

Wir?

Nicht.

Das Leben ist im Schnitt in Österreich seit 2019 um fast 400 Euro im Monat (!!) teurer geworden. Tendenz: Weiter aufwärts. Die liebe kleine Einmalzahlung vom letzten Jahr ist — futsch.

Die Inflation ist keine Naturgewalt

Dass die Inflation kein Naturgesetz ist, sondern schon steuerbar, das sieht man aber nicht nur im internationalen Vergleich … sondern an der Supermarkt-Kassa. Seit Russlands Überfall auf die Ukraine sind die Preise im Supermarkt um 19 Prozent gestiegen. Insgesamt, also quer über alle Bereiche, sind es aber nur 12 Prozent. Woran liegt das? 

Die Europäische Zentralbank hat die Preise im Supermarkt auf beiden Seiten  der deutsch-österreichischen Grenze verglichen. Und siehe da: In Österreich sind die Preise – bei teils identischen Produkten – im Schnitt um 13 Prozent höher.

Putin und der Krieg in der Ukraine allein können also nicht schuld sein? Da spielt es wohl auch eine Rolle, dass in Österreich der Lebensmittel-Einzelhandel in der Hand einiger weniger Großkonzerne ist. In kaum einem anderen EU-Land ist der Markt so konzentriert.

Die Nachfrage ist ja da?

Dazu kommt noch: Wer jeden Tag in den Nachrichten hört, dass die Preise – leider, leider! – immer weiter nach oben steigen, der akzeptiert auch eher einen obszönen Preis. Klar: NORMALERweise würde ich bei so hohen Preisen den Laden verlassen und zur Konkurrenz gehen … aber … ich hab ja grad selber die Gasrechnung bekommen, dreimal so hoch wie letztes Jahr. Logisch, dass alles teurer wird!

Aber hey, regt’s euch nicht auf, wenn ihr das überteuerte Essen kauft, seid ihr echt selbst schuld. Oder, wie es unser Wirtschaftsminister formuliert: “Wenn jemand die teuer gewordenen Produkte kauft, gibt es die Nachfrage dafür.”

Was soll man denn sonst machen? Aufhören zu essen? 

Politisch eingreifen bei Inflation

Das – ODER politisch eingreifen. Die Chance, mit Preisbremsen alle im Land zu entlasten – WIE FRANKREICH UND SPANIEN DAS GEMACHT HABEN; VERDAMMT! -, die hat Österreich mittlerweile verpasst. Selbst wenn wir bei der Energie auf die Bremse steigen würden, es würde jetzt kaum noch was helfen.

“Jetzt ist es dafür zu spät, die Kostensteigerungen schieben sich bereits durch die gesamte Wirtschaft, und da kann man nicht mehr hineingehen und für alle Bereiche Preisbremsen definieren.” – Isabella Weber

Aber die Preise sind trotzdem keine Naturgewalt. Die Regierung könnte die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel aussetzen. 

Preiskontollen, Fixpreise, Übergewinnsteuern

Das gibt allen mehr Luft, die jeden Euro dreimal umdrehen müssen. Aber nur, wenn wir streng kontrollieren, dass der Handel die Steuersenkung auch wirklich weitergibt. Preiskontrollen helfen auch dabei, dass der extrem konzentrierte Lebensmittelhandel in Österreich keine Fantasiepreise von den Kundinnen und Kunden verlangen kann. Für zentrale Grundnahrungsmittel könnten wir überhaupt Fixpreise festsetzen: Sicher, 45 Brotsorten kosten im Wettbewerb, was sie wollen. Aber zumindest ein gesundes Mischbrot darf nicht mehr als 1,80 Euro kosten.

Und: wir brauchen konkrete Modelle für eine Übergewinnsteuer. Nur wenn die Politik klarmacht, dass sie gewillt ist, einzugreifen, dann wissen Unternehmen auch: Wir brauchen gar nicht versuchen, die Gewinne künstlich nach oben zu treiben – und lassen die Preise eher unten. 

 

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