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Gesundheit

Ist es relevant, ob rechtsextreme PolitikerInnen Drogen konsumieren?

Illustration von Nats Analyse.

Dieser Tage wurde aufgedeckt, dass beim ehemaligen, hochrangigen FPÖ-Politiker und Hauptdarsteller der Ibiza-Videos Johann Gudenus Kokain in der Wohnung gefunden wurde.

Kürzlich wurde aufgedeckt, dass bei Johann Gudenus Kokain in der Wohnung gefunden wurde. Der Hauptdarsteller des Ibiza-Videos und bis zu dessen Erscheinen hochrangige FPÖ-Politiker streitet ab, dass es aus seinem Konsum kommt, auch wenn die Erklärung dafür nicht besonders glaubhaft ist. Aber darum soll es hier gar nicht gehen, sondern darum, ob wir ein Recht auf solche Informationen haben.

Heuchelei

Auf der einen Seite ist die FPÖ eine Partei, die eine autoritäre Linie nicht nur gegen Dealer, sondern auch gegen KonsumentInnen von Drogen fordert. Sie protestiert in Wien z.B. gegen niederschwellige Hilfseinrichtungen für Süchtige und politisiert das Thema auch gerne rassistisch. Wenn also gleichzeitig ein (ehemaliger) FPÖ-Funktionär aus sehr reichem Hause ebenfalls Drogen nimmt, dann ist das ein Widerspruch von politischer und privater Persona, der durchaus öffentlich relevant ist. Denn es zeigt, dass er ja offenbar findet, dass das Gesetz nur für die Anderen (und speziell für die ärmeren und migrantischeren) gelten soll. Das ist an Arroganz und Heuchelei nicht zu überbieten. Es ist verständlich und nicht völlig falsch, das aufzeigen zu wollen.

Erkrankung

Andererseits kämpfen gerade Suchtberatungsstellen noch immer sehr damit, Drogenkonsum öffentlich als das zu diskutieren, was es ist: Eine Erkrankung. Erkrankungen bestraft man nicht, sondern heilt sie. Jemanden für eine Erkrankung durch Spott und Häme öffentlich zu bestrafen, fiele uns bei einem gebrochenen Bein auch nicht ein. Suchterkrankungen sind oft unsichtbar und haben, wie oft bei psychischen Erkrankungen, das Stigma, dass man nicht wirklich an sie glaubt. Das führt auch oft dazu, dass Betroffene sie nicht wahrhaben wollen und sie unbehandelt bleiben. Oft auch in dem Glauben, man habe ja eh alles im Griff.

Jetzt mag Johann Gudenus für alles stehen, was man politisch ablehnt, aber bei dieser Frage geht es nicht nur um ihn. Es geht auch darum, wie sich andere Suchtkranke dabei fühlen sollen, wenn eine Suchterkrankung als politische und persönliche Waffe eingesetzt wird. Ich zweifle keine Sekunde daran, dass es gerade das Umfeld der FPÖ ist, dass diese Waffe ohne zu zögern und ohne Rücksicht auf irgendetwas oder irgendwen einsetzen würde, wenn sich die Gelegenheit bieten würde. Dem Umfeld der FPÖ ist es aber auch egal, ob Suchtkranke am Rand der Gesellschaft stehen oder ob ihnen niederschwellig geholfen wird. 

Andere Standards

Es fühlt sich oft ein wenig unfair an, dass wir an andere politische und moralische Standards gebunden sind als Rechtsextreme und nicht auch einfach so vom Leder ziehen können. Aber so ist es nun eben. Nicht weil wir so tolle Menschen sind, sondern weil unser Menschenbild aufgrund unserer Ideologie ein anderes ist. Weil wir davon ausgehen, dass Menschen gut sind, wenn man sie lässt und wir nicht in einer „Recht des Stärkeren“-Welt leben (wollen). Das bedeutet aber nun eben auch, beim Umgang mit Gudenus diese Standards nicht zu verlassen. Nicht seinetwegen, sondern weil eine Suchterkrankung nichts ist, was einem vorgehalten werden sollte.

Das ist kein Thema, mit dem man unbedingt viele Blumentöpfe gewinnt, trotzdem ist es richtig. Sucht ist keine persönliche Verfehlung, keine Strafe Gottes und auch keine unproblematische Lifestyle-Wahl. Sie ist eine Erkrankung. Genauso sollten wir sie behandeln. Auch im öffentlichen Diskurs. Auch dann, wenn es den politischen Gegner betrifft.

 

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