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Ungleichheit

“Männer haben Angst vor mir.” – ein Gespräch mit Tereza Hossa

“Männer haben Angst vor mir.” – ein Gespräch mit Tereza Hossa
Foto: Marlene Feichtenschlager/ Moment.at
Goschert, radikal ehrlich und selbstironisch. Tereza Hossa ist Tierärztin und Kabarettistin. Dr. Hossa, nennt sie sich auf Social Media. Ungefiltert quatscht sie in zwei Podcasts, einmal im Monat auf der Bühne im Loft Vienna bei Klub Hossa und tourt mit ihrem aktuellen Programm “Tagada” durch Österreich und Deutschland.

MOMENT.at: Du bist mit Barbara Blaha kommenden Dienstag gemeinsam in der Kulisse in Wien. Der Abend heißt “Fabeln, die wir Frauen erzählen.” Welche falschen Fabeln wurden und werden dir erzählt?  

Tereza Hossa: Viele. Eine, die mir bis heute erzählt wird: Es muss erst einmal einen Mann geben, der dich aushält. Ich bin sehr, sehr extrovertiert und lustig. Ich glaube, das Erste, was der Arzt gesagt hat, als ich auf die Welt gekommen bin, war: “What a loud voice!”. Weil ich ein wahnsinnig lautes Organ habe. Perfekt für Demos. Aber die laute Frau an sich, ist nicht eine liebenswerte. Das wurde mir erzählt und wird es immer noch. Stimmt nicht. 

Was mir auch erzählt wird: dass ich nicht Kabarettistin und Tierärztin sein kann. Das geht nicht. Ich muss mich entscheiden. Aber das sagen mir jetzt die Leute seit zehn Jahren. Und seit zehn Jahren mache ich es so. Mir wurde auch gesagt, dass ich mein Leben lang mit meinem Gewicht zu kämpfen haben und niemals meine Monobraue schätzen werde. Meine Mama hat gesagt, entweder ich werde sie irgendwann einmal weg zupfen oder ich werde die neue Frida Kahlo. Mit 13 habe ich dann leider wirklich angefangen zu zupfen. Mir ist gesagt worden, du wirst niemals eine Monobraue mit vollem Stolz tragen. Aber ich bin mir sicher, es kommt noch. Jetzt habe ich das Augenbrauenpiercing. Also der erste Schritt Richtung Stolz auf meine Augenbrauen.

MOMENT.at: Welche Fabel ist die bedrohlichste? 

Tereza: Diese ganze Pseudoliberalisierung, dass wir mit dem Feminismus schon so weit sind, wie wir gerne wären. Also dieses Ablegen gewisser anscheinend konservativer Werte, die eigentlich die Frau absichern. 

Real Talk: Bevor man Kinder mit einem Mann kriegt – heiraten. Damit bist du abgesichert. Alleinerziehende Mütter sind die armutsgefährdete Gruppe. In meinem Umfeld will ich die wirklich schütteln manchmal. Der Mann muss ja nicht immer einen Scheiß bauen. Er kann einfach nur sterben. Und du hast keinen Anspruch auf irgendwas. Ich glaube, wir müssen jetzt gar nicht denken, was wir alles haben wollen, sondern wir müssen schauen: Was haben wir? Das müssen wir verteidigen. Aber aufs Blut. Leider. Ob es jetzt um Abtreibung geht, um Armutsgefährdung der Frau oder um Kinderbetreuung. 

MOMENT.at: Wann ist dir bewusst geworden, dass das Fabeln sind?

Tereza: Mir ist die ganze Zeit gesagt worden, niemand mag laute Frauen. Niemand mag selbstbewusste Frauen. Aber es gibt wahnsinnig viele Männer, die wirklich schwer in mich verliebt sind seit Jahren und damit leben müssen. Freundinnen wollen mich in ihrem Leben haben. Ich habe gemerkt: Ich werde geliebt.

Aber das ist diese Illusion des Frauenbildes. Auch mit dem Dünnsein, das jetzt wieder kommt. Ich habe dann immer die Frauen in meinem Leben angeschaut. Die schauen ja alle nicht so aus. Gerade im jungen Alter waren ja auch viele Mädels frühreif und viel stärker als die Jungs. Diese riesige Diskrepanz zwischen dem, was in deiner Nähe ist und dem, was dir gespiegelt wird, wie eine Frau sein soll. Das war das, was mich so irritiert hat.  

MOMENT.at: Du erzählst manchmal, dass dir von deinen Eltern immer vermittelt wurde, dir steht die ganze Welt offen. Hast du an einem Punkt gemerkt, dass dir in einer Männerwelt als Frau eben nicht die ganze Welt offensteht?

Tereza: Als ich 16 war, habe ich gedacht, Feminismus brauche ich nicht. Und dann kam die Bühnenerfahrung und die Tiermedizin. Auf der Vetmed-Uni waren wir 80 % Frauen. In Kleingruppen gab es meistens nur einen Mann. Es haben immer zwei Leute geredet: der Mann und ich. Gerade auf der Vetmed, haben Männer einen doppelten Vorteil. Dann ist immer gesagt worden: “Na, die armen Männer sind ja nur unter Frauen!” Das hat das Patriarchale noch mehr verstärkt. Weil natürlich ist ein Mann, wenn er ein bisschen was drauf gehabt hat, viel mehr aufgefallen als Frauen.

Und dann auf der Bühne. Ich bin nie auf die Bühne gegangen, weil ich gedacht habe, ich bin nicht lustig genug dafür. Mir ist nie gespiegelt worden, dass ich lustig bin. Lustig war mein Bruder. Und dann habe ich mit Poetry Slam angefangen und gemerkt: Ich bin lustig. Ich bin sehr lustig. Das ist ein lebenslanger Prozess. Ich habe eine Freundin einmal gefragt: Wo wäre ich jetzt, wenn ich ein Mann wäre? Sie hat gesagt: Teresa, wenn du ein Mann wärst, dann würdest du schon ein als Genie gelten. Aber ja, das Leben ist nicht fair. Habe ich auch drauf kommen müssen. 

MOMENT.at: Das Leben ist nicht fair. Du hast zu deinem aktuellen Programm auch einmal gesagt: Das Leben ist wie Tagada fahren. Es wird plötzlich immer schneller.

Tereza: Da kann man alle möglichen Metaphern drin finden. Grundsätzlich sitze ich einfach wahnsinnig gern vor dem Tagada im Wiener Prater. Also das ist die Baseline. Es erzählt die Geschichte einer jungen Frau, die nicht zur Ruhe kommt und denkt, nach dem Studiumsabschluss gehört ihr die Welt. Denkt man ja oft. Also ich denke das hin und wieder. Und dann haut es einen auf die Fresse. Das ist also ein bisschen wie Tagada fahren. 

MOMENT.at: Fahren Männer anders Tagada? Dürfen die einfach immer sitzen?

Tereza: Mehr auf jeden Fall. Nur, wenn ich immer gesessen bin, dann weiß ich auch nicht, dass andere immer stehen müssen. Männer werden ja auf eine gewisse Art und Weise sozialisiert. Ich will wirklich keine Lanze für Männer brechen. Aber als weißer, heterosexueller cis-Mann giltst du als die Norm. Das heißt, du hast nie Marginalisierungserfahrungen gemacht. Ich bin eine weiße, heterosexuelle cis-Frau und komme aus einem bürgerlichen Haushalt. Also mir geht es ein bisschen schlechter als weißen Männern. Aber ich weiß, ich bin eine andere Gruppe. Ich bin nicht die Norm. Von meiner Sozialisierung her glaube ich, dass es mir leichter fällt zu verstehen, wenn POCs von ihren Kämpfen erzählen, als es einem weißen cis-Mann fallen würde. Nicht, weil ich die Kämpfe verstehe, aber weil ich verstehe, wie es ist, von der Norm abzuweichen. Als weißer, heterosexuelle Mann bist du die Norm. Das heißt, du hast keinen Vergleich. 

MOMENT.at: Was hältst du vom 4B Bewegung, bei der Frauen beschließen, nicht mehr mit Männern zu daten, zu schlafen, keine Kinder zu bekommen und nicht zu heiraten?

Tereza: Ich finde es vom Marketing Gag her geil. Das macht Männern Angst. Und Männern Angst machen, ist gut.

MOMENT.at: Wie machst du Männern Angst?

Tereza: Weiß ich auch nicht. Aber die haben alle Angst. Vielleicht, weil ich als Tierärztin so gut kastrieren kann. Und weil ich sehr offen über Gewalt rede, die ich Männern antun könnte. Weil ich einfach auch sehr stark bin und ihnen nicht gefallen will. Alle denken, ich bin voll unsympathisch. Dann lernen sie mich kennen und merken: Die ist ja voll nett. Dafür muss ich dann gar nicht so nett sein. Das ist gut. Aber ich glaube auch, dass es vielen Menschen dann eher in den zwischenmenschlichen Beziehungen zusetzt. Weil was bringt es mir, wenn ich meinem Freund die ganze Zeit vorwerfe, dass er ein Mann ist? Aber was ich geil finde: Wenn man einen Mann nicht kennt und in eine Datingphase reingeht, muss er einen Pfand abgeben, also 500 € hinterlegen bei dir. Wenn er sich okay verhält und respektvoll ist, dann kriegt er die 500 € zurück. Wenn nicht, dann nicht. 

MOMENT.at: Hast du das schon mal ausprobiert?

Tereza: Ja, ich mache es gerade. Ich lebe jetzt in letzter Zeit davon. Das Problem ist nur, die verhalten sich jetzt alle mega cool und korrekt. Ich habe das Geld nimmer. Scheiß Männer.

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