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Lebensmittel aus dem Müll retten: "Ich kann mir nicht mehr vorstellen, normal einkaufen zu gehen"

Magda (Name geändert) rettet Lebensmittel aus dem Müll großer Supermarktketten. Für unsere Serie "Was ich wirklich denke" erzählt sie, woran sie sich im Müllraum immer hält und wieso sie sich nicht mehr vorstellen kann, im Supermarkt einzukaufen.

Es ist unglaublich, was ich schon alles in Mülltonnen von Supermärkten gefunden habe. Ganze Brathendl, die geschlachtet, gebraten und dann einfach weggeworfen wurden. Hundert Tafeln Schokolade, teure Fruchtsäfte, Kaffee, Säcke voll mit Brot, Dutzende Konserven Hundefutter und vor kurzem war sogar ein teurer Wein dabei.

Seit anderthalb Jahren esse ich hauptsächlich Lebensmittel, die ich aus dem Müll gerettet habe. Mittlerweile kaufe ich noch ab und zu Konserven oder Alkohol. Im Monat gebe ich vielleicht 20 Euro für Lebensmittel aus.

Das Dumpstern macht mir Spaß und ich spare eine Menge Geld.

 
Ausbeute: Chips, eine Weinfalsche, verschiedene Dosen und Gläser sind zu sehen

Die Ausbeute einer Nacht Foto: Christopher Glanzl/MOMENT/CC 2.0 BY-NC-SA

Will mich nicht an Lebensmittelverschwendung beteiligen

Wichtiger ist für mich aber, dass ich verschwendete Lebensmittel rette. Die schiere Masse der genießbaren Lebensmittel, die von den Supermarktregalen im Müll landen, kann man sich kaum vorstellen. Ich möchte mich mit meinem Geld nicht an dieser Verschwendung beteiligen. Ich kann mir gar nicht mehr vorstellen, regelmäßig im Supermarkt einzukaufen. Wenn ich Essen aus dem Müll rette, ist es zumindest nicht umsonst produziert worden.

Wer sich fürs Dumpstern interessiert, kann sich einfach mal in der Gegend umsehen und schauen, ob es Müllräume von Supermärkten gibt, die nicht verschlossen sind. Sonst gibt es viele Facebook-Gruppen, in denen man sich austauschen kann und vielleicht Anschluss findet.

 
Magda steht am Rande einer Mülltonne und sieht hinein. Sie trägt eine Maske.

Normales Einkaufen? Das kann sich Magda kaum noch vorstellen. Foto: Christopher Glanzl/MOMENT/CC 2.0 BY-NC-SA

Dumpstern mit Anstand

Ein paar Sachen sind mir beim Dumpstern wichtig: Wenn ich im Müll rumwühle, dann achte ich darauf, dass ich nachher alles ordentlich hinterlasse. Ich will nicht, dass die MitarbeiterInnen des Supermarkts meinetwegen mehr Arbeit haben oder sogar Probleme bekommen. Deswegen ist es auch wichtig, nicht zu früh zu kommen, sondern erst, wenn alle MitarbeiterInnen auch wirklich weg sind. Wenn man demonstrativ vor dem Müllraum steht und wartet, kann es schon einmal vorkommen, dass jemand droht, die Polizei zu rufen.

In vielen Supermärkten werden wir aber auch einfach akzeptiert. Dann liegen die Müllsäcke mit dem guten Essen ganz oben und wir müssen nicht wühlen. So mache ich das auch, wenn ich gute Lebensmittel finde, für die ich keinen Platz mehr habe.

Offenbar lohnt es sich für die Unternehmen, viel einzukaufen und auch wieder wegzuwerfen. Das ist gut für meinen Geldbeutel, aber ein im Grunde ein riesiges Problem. Die Verantwortung dafür können wir nicht an einzelne Unternehmen oder sogar Personen abwälzen. Ich wünsche mir Gesetze, die Verschwendung genießbarer Lebensmittel unter Strafe stellt. In Frankreich zum Beispiel dürfen Supermärkte unverkaufte Lebensmittel nicht mehr wegschmeißen. So eine Regelung wünsche ich mir auch für Österreich.

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