Manchmal sind Verbote sozial gerechter als Steuern
Unser Wirtschaftswissenschafter Oliver Picek erklärt, worum es bei aktuellen Wirtschaftsthemen geht. Heute um Verbote beim Klimaschutz.
Klima- und Umweltschutz war insgesamt das wichtigste Wahlmotiv der gestrigen Wahl, getragen vor allem von den Wählerinnen. Die zwei auf den ersten Blick „hippsten“ Koalitionsformen – weil noch nie da gewesen – sind Schwarz-Grün und Schwarz-Grün-Neos. In beiden Fällen wird eine CO2 Steuer am Tisch liegen, sofern es zu Koalitionsverhandlungen kommt. Sie würde in einem ersten Schritt zunächst wohl nicht allzu hoch ausfallen.
Effizienz und Gerechtigkeit
Man sagt gerne über die CO2-Steuer, sie habe das Potenzial, die effizientesten Wege aufzuzeigen, wie Emissionen gekürzt werden können. Doch ist Effizienz immer sozial gerecht? Führt man eine Steuer auf CO2 ein, werden bestimmte Aktivitäten und Konsumgüter teurer. So kann sich jeder Haushalt mit seinem Haushaltsbudget theoretisch selbst aussuchen, welche klimaschädlichen Aktivitäten er nun unterlässt, und welche er sich weiterhin leistet. Die Familie im Haushalt kommt so zur individuell effizientesten Verteilung ihres Budgets auf ihre möglichen Ausgaben (inklusive Sparen). Für bestimmte Tätigkeiten muss man mit CO2 Steuer also mehr Geld ausgeben, wenn man sie weiter betreiben will.
Doch 25 Prozent der Haushalte können in Österreich nicht sparen. Ein Haushalt, der mit Öl heizt, weil der Umbau zu teuer ist, und deshalb Nettoverlierer einer CO2 Steuer (selbst mit Klimabonus) wäre, muss also in Zukunft auf etwas anderes verzichten: Entweder auf den Wochenendausflug mit der Familie zum See, weil das Benzin zu teuer ist, oder auf die neuen Turnschuhe für die Kinder. Ein sehr reicher Haushalt, der genügend finanzielle Möglichkeiten hat, muss jedoch nicht verzichten.
Privatjet statt Wochenendtrip zum See?
Für die Gerechtigkeitsvorstellung hinter der volkswirtschaftlichen Theorie, die eine CO2-Steuer als „Marktinstrument“ preist, ist das volkswirtschaftlich effizient. So kann es passieren, dass es effizienter ist, den Multi-Millionär im Privatjet herumfliegen zu lassen, aber Tausend Wochenend-Ausflüge von Familien der unteren Mittelschicht zu streichen.
Ein Milliardär kann weiterhin mit dem Motorboot am Wörthersee herumfahren und mit der Luxusjacht die Weltmeere verpesten. Das nötige Kleingeld ist weiterhin da. Sehr wohlhabende Haushalte können weiter transatlantisch in ihre Thailand-Urlaube fliegen – plant man doch einfach ein bisschen mehr Geld für die Urlaubskassa ein. Die breite Mittelschicht hingegen wird nur mehr in Europa Urlaub machen können. Auf diesem Weg sichert eine CO2-Steuer, dass die finanziell stärksten beim Klimaschutz nicht wirklich mitmachen müssen. Doch stimmt das mit der Gerechtigkeitsvorstellung der Mehrheit der Bevölkerung überein?
Verbote zuerst?
Effizienz bedeutet also nicht immer Gerechtigkeit. Wenn der CO2 Ausstoß schädlich ist und alle weniger verursachen müssen, wieso soll man sich davon mit genug Geld freikaufen dürfen? Warum sollen stattdessen nicht gerade die den größten Anteil an der Reduktion des CO2-Ausstoßes tragen, die ihn auch verursachen?
Für besonders klimaschädliche Tätigkeiten sollte sich die Politik überlegen, ob sie in Zukunft noch erlaubt sein sollten. Damit ist weniger der Passagierflug oder das Schnitzel gemeint, die sich nicht sofort abschaffen lassen. Aber müssen private Motorboote mit Dieselantrieb auf Seen herumfahren? Elektroboote, Ruderboote oder Segelyachten tun es doch auch. Müssen Multi-Millionäre Privatjets besitzen? Reicht die Business Class nicht aus?
Das Widerstreben breiter Bevölkerungsschichten gegen den Klimaschutz ist groß gerade unter denen, die Angst haben, ihn sich nicht leisten zu können. Ein paar Verbote würden da für den Anfang nicht schaden, damit die Elite die Bevölkerung glaubhaft mitnehmen kann. Zum Beispiel eines, nicht in der Privatjacht zur Klimaschutzkonferenz zu fahren.