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Kapitalismus
Ungleichheit

Urteil gegen Maxenergy: Verträge mit Preisgarantie zu Unrecht gekündigt

Urteil gegen Maxenergy: Kund:innen müssen entschädigt werden.
Urteil gegen Maxenergy: Ex-Kund:innen müssen entschädigt werden, weil Preisgarantie nicht eingehalten wurde.
Für 18 Monate garantierte der Energianbieter Maxenergy 11.000 Kund:innen fixe günstige Preise für Strom und Gas - und kündigte ihnen bereits nach einem Jahr. Zu Unrecht urteilte jetzt ein Gericht. Kund:innen stehe Schadenersatz zu. Es geht um insgesamt rund 3,3 Millionen Euro für eine Preisgarantie, die nichts wert war. Was das Urteil für Kund:innen von Energieanbietern heißt.

Explodierende Strom- und Gaspreise, gepfefferte Jahresabrechnungen von Energieversorgern und erhöhte Tarife für neue Energieverträge: Für Österreichs Haushalte wird es immer teurer, das Licht und die Heizung aufzudrehen. Etwas durchatmen kann da, wer einen Energievertrag mit einer Preisgarantie abgeschlossen hat, etwa bei der Maxenergy Austria Handels GmbH. Der Anbieter garantierte 11.000 Kund:innen günstige Fixpreise für Strom und Gas, und zwar 18 Monate lang.

Eigentlich. Denn viele Haushalte staunten nicht schlecht, als ihnen Maxenergy Ende vergangenen Jahres den Vertrag mit den garantierten Preisen schon nach 12 Monaten kündigte. Von enorm steigenden Marktpreisen schreibt das Unternehmen in dem Kündigungsschreiben, das MOMENT vorliegt. Deshalb „sind wir leider veranlasst, Deinen Vertrag nach Ablauf der Mindestvertragslaufzeit mit uns zu beenden“, schreibt Maxenergy darin.

Urteil: Maxenergy muss sich an Preisgarantie halten

Zahlreiche Kund:innen wollten das nicht akzeptieren, legten Widerspruch ein. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) und der Verbraucherschutzverein (VSV) strengten Gerichtsverfahren an – MOMENT berichtete darüber. Tenor der Klagenden: Wer eine Preisgarantie für Strom und Gas über 18 Monate abgibt, kann diese nicht einseitig bereits nach 12 Monaten aufkündigen. Maxenergy behauptete jedoch, die Verträge rechtmäßig beendet zu haben. Schließlich ist in den AGB eine Mindestvertragslaufzeit von 12 Monaten angegeben.

Das Bezirksgericht Dornbirn in Vorarlberg, dort sitzt das Unternehmen, sah das anders und urteilte jetzt: Maxenergy kündigte die Verträge zu Unrecht. Richter Walter Schneider befand, „dass die Beklagte an die Preisgarantie in der vereinbarten Dauer von 18 Monaten gebunden ist“. Die Kund:innen durften zu Recht davon ausgehen, dass Maxenergy „für die Dauer des Garantiezeitraumes auf die Kündigung verzichtet“, heißt es im Urteil.

Maxenergy sei nun in der Pflicht, den Kund:innen Schadenersatz zu leisten. Denn diese mussten für die Restzeit der 18-monatigen Preisgarantie, Verträge bei anderen Energieanbietern abschließen – zu weitaus schlechteren Konditionen.

Es geht um mehr als 3 Millionen Euro der Kund:innen

Laut der MOMENT vorliegenden Klageschrift musste ein Kunde fast 1.350 Euro mehr für Strom und Gas zahlen. Geld, dass er nun von Maxenergy zurückverlangt. „Der Richter hat geurteilt, dass diese Ansprüche zu Recht bestehen“, sagt VSV-Chef Peter Kolba zu MOMENT. Theoretisch können jetzt alle vorzeitig von Maxenergy gekündigten Kund:innen klagen „und würden Recht bekommen“, so Kolba.

Das könnte teuer werden für das Unternehmen. Nicht bei allen Kund:innen geht es um so verhältnismäßig hohe Summen wie in der Klageschrift. Im Durchschnitt mussten sie laut Kolba jeweils rund 300 Euro mehr bezahlen. Bei 11.000 Verträgen käme da einiges zusammen: 3,3 Millionen Euro, die Maxenergy gezwungen werden könnte, zurückzuzahlen. Genau geklärt werden, muss das aber in einem weiteren Verfahren.

Maxenergy kann den Gerichtsentscheid „nicht nachvollziehen”, heißt es in einer Stellungnahme gegenüber MOMENT. Das Unternehmen kündigt darin an, in Berufung zu gehen. Dann liegt es am Landesgericht Feldkirch, ob es dem Urteil aus Dornbirn folgt. Bestätigen die Richter:innen dort, dass Maxenergy Schadenersatz leisten muss, wäre es amtlich. Maxenergy sagt weiterhin, es habe „rechtskonform gehandelt”.

Die Verträge nach einem Jahr zu kündigen, obwohl Maxenergy für 18 Monate einen stabilen Preis versprach, sei in Ordnung gewesen. Mit der „ausgesprochenen Kündigung zum Ende der Mindestvertragslaufzeit endet demnach auch die Preisgarantie, da nach diesem Zeitpunkt kein aufrechtes Vertragsverhältnis mehr besteht”, so Maxenergy. Es blicke dem weiteren Verfahren „mit Zuversicht entgegen und vertraut dabei auf die Kompetenz der Behörde”.

Wichtig: Wer Schadenersatz will, muss sich melden

Wie es dann weitergeht? Verbraucherschützer Kolba sagt: „Es ist zu erwarten, dass man sich nach dem letztinstanzlichen Urteil zusammensetzen wird und das regelt.“ Heißt: Urteilen die Richter:innen der zweiten Instanz genauso wie jetzt, könnte sich Maxenergy auf einen Vergleich mit seinen Ex-Kund:innen einigen.

Wichtig für betroffene Kund:innen sei allerdings, sich beim VSV zu melden oder selbst Klage einzubringen, so Kolba. Automatisch entschädigt würden die 11.000 Kund:innen nämlich auch nach einem endgültigen Urteil nicht. Und je mehr Kund:innen sich meldeten, die Hunderte oder gar über 1.000 Euro mehr zahlen mussten, weil Maxenergy sich nicht an die eigenen Versprechen gehalten hat, desto mehr können sie zurückfordern.

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte sich der Klage in Dornbirn angeschlossen. „Denn wir sehen das in der Sache genauso und unterstützen das”, sagt Thomas Hirmke, Leiter der Rechtsabteilung beim VKI zu MOMENT. Im niederösterreichischen Haag läuft ein weiterer, vom VKI angestrengter Prozess gegen Maxenergy wegen der vorzeitig gekündigten Preisgarantie. EIn Urteil steht hier noch aus.

Auch zahlreiche andere Energieanbieter kündigen ihren Kund:innen jetzt die Verträge, weil sie wie Maxenergy „zu den aktuellen Konditionen leider nicht weiter beliefern können“. Wem eine solche Kündigung ins Haus flattert, sollte prüfen: Erfolgte die Kündigung, bevor eine abgegebene Preisgarantie ausgelaufen ist? Falls ja, dann ist sie augenscheinlich zu Unrecht erfolgt, wie das Urteil gegen Maxenergy zeigt. Betroffene könnten zu viel gezahltes Geld für Strom und Gas zurückfordern. Gerechtfertigte Ansprüche anzumelden „ist deshalb jetzt das Gebot für alle“, sagt Kolba.

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