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Arbeitswelt

Lohnrunde der Metaller: “Forderungen der Unternehmen bringen die Leute zum Kochen”

Krachend scheiterten in der vergangenen Woche die Lohnverhandlungen in Österreichs Metallindustrie. Forderungen der Arbeitnehmer:innen und die Angebote der Unternehmen für den neuen Metaller-KV liegen meilenweit auseinander. An diesem Donnerstag soll es in die dritte Runde gehen.

“Wenn da nichts passiert, werden wir Betriebsversammlungen einberufen”, sagt Karl Dürtscher, Verhandlungsführer der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA) zu MOMENT. Warum es aus seiner Sicht eine kräftige Lohnerhöhung braucht, erklärt er im Interview. Das Ergebnis der Lohnverhandlungen in der Metallbranche mit ihren rund 190.000 Arbeitnehmer:innen ist richtungsweisend für andere.

MOMENT: Sie fordern 4,5 Prozent mehr Lohn. Viel mehr als im vergangenen Jahr am Höhepunkt der Coronakrise. Warum stellen die Gewerkschaften jetzt höhere Forderungen?

Karl Dürtscher: Weil der Aufschwung da ist. Die Krise der Industrie ist vorbei. Das wurde uns auch von Seiten der Industrie bestätigt. Wir haben eine steigende Inflation. Wir haben vergangenes Jahr nur eine Steigerung der Löhne um die Höhe der Inflation abgeschlossen. Das Jahr ist besser ausgegangen, die Unternehmen schütten kräftig Gewinne aus, höhere als vor der Krise 2019. Trotzdem können sie ihr Eigenkapital steigern.

Sie sind sehr gut durch die Krise gekommen, nicht zuletzt durch die öffentlichen Hilfen, die geleistet worden sind. Das hat auch ermöglicht, dass die Belegschaften gehalten werden konnten und die Produktion schnell wieder anlaufen konnte. Es gab kaum Gehaltserhöhungen und die Beschäftigten haben durch die Kurzarbeit weniger verdient.

MOMENT: Das sieht der Fachverband der Metalltechnischen Industrie anders: Er sagte nach Scheitern der Gespräche, die Krise sei nicht überstanden.

Dürtscher: Man sagt immer: Jammern ist der Gruß des Kaufmanns. Die Zahlen im Lande sprechen eine andere Sprache. Ja, es gibt das Problem mit den gestörten Lieferketten. Das haben sich die Unternehmen aber auch selbst zuzuschreiben. Es gibt auch Firmen, die das gut lösen konnten und ihre Umsätze dadurch stark steigern konnten.

MOMENT: Können Sie nachvollziehen, dass die Unternehmensseite nun wie im vergangenen Jahr mit dem Hinweis auf die Krise verlangen, die Arbeitnehmer:innen sollen auf Lohnerhöhungen verzichten?

Dürtscher: Das ist jedes Jahr das Gleiche. Immer wird einem gesagt, man soll zurückhaltend sein. Da kommt dann ein Notenbanker daher und sagt, die Erhöhungen würden eine Lohn-Preis-Spirale in Gang setzen. Um die Lohn-Preis-Spirale geht es immer nur bei Lohnverhandlungen und nie dann, wenn Preise erhöht werden. Ich vergleiche das mal: Ich kann auch nicht zur Tankstelle fahren und sagen, ich zahl jetzt weniger für den Sprit, weil ich die Lohn-Preis-Spirale nicht anwerfen will. Da würde man gefragt, ob man nicht verrückt sei.

MOMENT: Was passiert, wenn es am Donnerstag wieder keine Einigung gibt?

Dürtscher: In dieser Woche finden überbetriebliche Konferenzen mit Betriebsräten der Unternehmen in allen Bundesländern statt. Dort schildern wir die Situation, stellen unsere Forderungen vor und was die massiven Gegenforderungen der Arbeitgeberseite sind. Das sind Zahlen, die bringen die Leute zum Kochen. Da ist die Kampfbereitschaft hoch. Wenn am Donnerstag nichts passiert, werden wir Betriebsversammlungen einberufen.

MOMENT: Bis wann müssen Sie sich mit den Unternehmensvertreter:innen einigen?

Dürtscher: Der Zeitdruck ist hoch. Mit 1. November sollte ein neuer Kollektivvertrag in Kraft treten. Die Leute sollten dann wissen, um wie viel Geld sie arbeiten.

MOMENT: Was ist für die Arbeitnehmer:innen jetzt wichtig abseits der Erhöhung von Lohn und Gehalt?

Dürtscher: Die Schichten müssen besser entlohnt werden. Die Zulagen sollten auf 1,50 Euro pro Stunde für die zweite Schicht und 5 Euro für die dritte Schicht, also die Nachtschicht, steigen. Wir fordern eine höhere Lehrlingsentschädigung. Die Arbeitszeit sollte anders verteilt werden. Angesparte Gleitzeit sollte auch in ganzen Tagen konsumiert werden können. Wir fordern Zeit, anstatt Geld nehmen zu können. Mehrgehalt über dem Tariflohn kann dann in Zeitguthaben umgetauscht werden. Wichtig ist uns auch: Es dürfen nur seriöse Unternehmen für die Überlassung von Arbeitskräften beauftragt werden.

MOMENT: Warum sind die Fronten so verhärtet?

Dürtscher: Das hatten wir schon öfters. Unsere Forderungen werden überlagert von Gegenforderungen, die nicht zu akzeptieren sind. Das Angebot zur Lohnerhöhung ist völlig unzureichend. Die Seite der Unternehmen hat ein Lohnangebot zwischen 1,9 und 2,2 Prozent in Aussicht gestellt. Das erste ist verbunden mit einer um 11 Cent erhöhten Zulage pro Stunde für die zweite Schicht. Diese erhöhte Zulage würden sich die Arbeitnehmer:innen praktisch selber zahlen, weil alle auf eine stärkere Erhöhung der Löhnen verzichten müssten. Das ist lächerlich.

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