Kapitalismus

Budgetloch: Gespart wird immer nur bei der Mehrheit

Österreich rutscht in eine veritable Wirtschaftskrise. Hinzu kommt, dass die Schwarz-grüne Bundesregierung ein milliardenschweres Budgetloch hinterlassen hat. Wer soll das alles zahlen? Für die neoliberalen Ökonomen ist klar: wir alle. Natascha Strobl analysiert.

Die Lage ist ernst. Das Budgetloch wird immer größer und die Wirtschaftszahlen werden immer schlechter. Unternehmen gehen pleite oder wandern ab und Österreich droht eine Vertiefung der Rezession. Irgendwer muss das alles zahlen. IHS-Chef Holger Bonin macht nun unmissverständlich klar, wer das in seinen Augen sein soll: die privaten Haushalte. Mit anderen Worten: wir alle. Das ist nicht neu. Als der Wirtschaftsforscher Ende 2024 das Budgetdefizit noch um Milliarden zu klein schätzte, wollte er schon „etwas finden, das allen weh tut“. Nun trommelt er im Orchester mit anderen neoliberalen Ökonom:innen dasselbe weiter.

„Lohnzurückhaltung“ durch eine stärkere Berücksichtigung der in manchen Branchen gesunkenen Produktivität, fordert Bonin nun auf der einen Seite. Einsparungen des Staates bei den Ausgaben für die Haushalte auf der anderen Seite. Das kann Steuererhöhungen, Kürzungen von Leistungen und/oder Förderungen bedeuten. Die ausgegebene Message ist: Zähne zusammen beißen, jetzt wird es mühsam.


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Doch diese Durchhalte- und Verzichtsformeln gelten immer nur für die Mehrheit. Alternative Finanzierungsideen kommen meist gar nicht in den Sinn. 

Österreich: Hochsteuerland und Steueroase

So ist Österreich bereits ein absolutes Hochsteuerland und man müsste eigentlich Steuern senken. Das gilt allerdings nur für Arbeitseinkommen und den Konsum. Österreich ist eine Steueroase, wenn es um Vermögen und Erbschaften geht. Doch anstatt die völlig offensichtliche Lösung anzustreben, wollen neoliberale Ökonomen nun genau dort belasten, wo es ohnehin schon (zu) hoch ist. Es werden also jene belastet, die auch schon alle anderen Krisen bewältigen mussten.

Es werden weiter jene geschont, die bis jetzt nichts beigetragen haben. Bei Erbschafts- und Vermögenssteuern ist Bonin mittlerweile nicht mehr pauschal dagegen, aber trotzdem sagt er in der Pressestunde im ORF am Sonntag, man müsse da immer ganz vorsichtig sein.

Dabei ist die Schieflage zwischen den Beiträgen von Vermögen und Überreichen und denen von Arbeitseinkommen und der Mehrheit der Bevölkerung eine essentielle Gerechtigkeitsfrage in einer Demokratie. In Zeiten wie diesen ist der gesellschaftliche Zusammenhalt eine Überlebensfrage für das demokratische Staatswesen. Dieser wird aber direkt torpediert, wenn es so eine eklatante Ungleichbehandlung gibt. Dann fragen sich viele völlig zu Recht, wozu sie das alles machen und warum andere so geschont werden. Dann braucht man sich auch nicht wundern, wenn diese Leute irgendwann nicht mehr mitmachen und sich ausgenutzt vorkommen. Man treibt sie autoritären und rechtsextremen Parteien direkt in die Hände.

Demokratie funktioniert nur mit Gerechtigkeit

Die Verteilung der Krisenlast, die nicht von einer Mehrheit der Bevölkerung verursacht wurde, ist eine Frage zum Überleben der Demokratie. Der Krankenpfleger und die Pädagogin haben eben nicht “über ihre Verhältnisse” gelebt. Die haben einfach normal gelebt und sie müssen durch die ungebremste Inflation schauen, wie sie überhaupt über die Runden kommen. Krisenlasten können nicht immer auf alle verteilt werden, aber Gewinne werden nur von einer kleinen Mehrheit eingenommen. Jede Maßnahme, die nun wieder eine Mehrheit trifft, muss zumindest so abgesichert sein, dass künftige Gewinne auch einer Mehrheit zugutekommen. Passiert dies nicht, dann macht irgendwer bald als letzter das Licht der Demokratie aus.


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