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Gesundheit

Schulstart im Zeichen von Corona und Delta: Was du wissen solltest

Am Montag beginnt im Osten Österreichs wieder die Schule - die anderen Landesteile folgen in den kommenden Wochen. In Zeiten von Corona ist das ein sensibles Thema - mit der rollenden Delta-Welle umso mehr. 

Die Zahl der täglichen entdeckten Fälle sind zum Schulbeginn in Österreich trotz der Impfkampagne höher als im Vorjahr. Das hat vor allem zwei Gründe.

Erstens: die Delta-Mutation des Corona-Virus ist deutlich ansteckender als die Varianten, die noch vor einem Jahr im Umlauf waren.

Und zweitens: die Impfkampagne hat bei weitem nicht alle Menschen erreicht. 4 von 10 Menschen im Land haben sich noch nicht impfen lassen. Das ist weit weg von jeder Hoffnung auf eine Herdenimmunität, mit der die Pandemie im Griff wäre. Der größte Teil der Menschen, die sich jetzt noch mit Corona infizieren, ist aus dieser Gruppe der Ungeimpften.

Wird der Schulstart die Corona-Infektionen in die Höhe treiben?

Der Schulstart wird von Expert:innen mit Nervosität betrachtet. Besonders bei kleinen Kindern unter 12 Jahren gibt es noch keine Möglichkeit auf eine Impfung. Eine Zulassung für 5- bis 12-jährige wird frühestens irgendwann im Herbst erwartet, nachdem die nötigen Tests abgeschlossen sind. Noch jüngere Kinder müssen noch länger warten. Schon jetzt ist außerdem zu beobachten, dass viele Eltern auch die bisher zugelassenen Altersgruppen nur zögerlich impfen lassen. 

All das macht die Schulen und Kindergärten zu besonders anfälligen Orten. Der Grund ist nicht schwer zu verstehen. Großteils ungeimpfte Kinder kommen in der Schule auf kleinem Raum zusammen. Die Ansteckungsgefahr ist offensichtlich. Zuhause könnten Kinder eine Infektion an ungeimpfte Eltern, Geschwister oder andere Verwandte und soziale Kontakte weitergeben. Die meisten Ansteckungen finden schon seit Beginn der Pandemie im privaten Raum statt – aber sie müssen natürlich von irgendwoher dorthin kommen.

Ein weiterer, deutlicher Anstieg der Corona-Fälle in den kommenden Wochen ist auf jeden Fall zu befürchten. In Ländern, in denen die Schulen bereits wieder geöffnet haben, ist ein solcher bereits zu beobachten. Das gilt etwa für Schottland. Auch die Infektionszahlen in deutschen Bundesländern steigen nach Schulstart bei Kindern und Jugendlichen viel stärker als in anderen, in denen noch Ferien sind.
 

Wie gefährlich ist Corona für Kinder?

Für Kinder selbst ist COVID zwar in der Regel weniger gefährlich, aber es gibt auch unter jungen Menschen schwere Krankheitsverläufe – insbesondere wenn eine Vorerkrankung ihren Körper ohnehin schon geschwächt hat. Auch Long Covid ist bei Kindern und Jugendlichen seltener, aber möglich und kann durchaus schwerwiegende Folgen haben.

Zudem ist die Pandemie für Kinder eine mentale Belastung. Auch die Erfahrung, wenn Eltern und Verwandte oder andere liebe Menschen krank werden, kann für die Kleinen belastend sein.
 

Sind Kinder „Treiber der Pandemie“?

Abgesehen vom direkten Risiko für die Kinder selbst, könnten Kinder auch Corona weitergeben. Ob Kinder „Treiber der Pandemie“ sind oder nicht ist schon seit Beginn der Pandemie immer wieder umstritten. Welche Antwort man gibt, ist oft abhängig von der Betrachtungsweise. Klar ist, dass Kinder keine „Schuld“ an der Pandemie haben. Die Verantwortung haben schließlich wir Erwachsenen.

Kinder dürften sich ganz grundsätzlich zwar ähnlich oft wie Erwachsene mit dem Virus infizieren, aber Ansteckungen besser verkraften und seltener weitergeben. Dass sie das Virus weitergeben können, ist aber unumstritten. Ob man sie deshalb als Treiber der Pandemie sehen will oder nicht, ist in letzter Konsequenz egal: Wer die Pandemie eindämmen will, muss auch diese Infektionen bestmöglich vermeiden.

Vergleichsweise neu ist die Situation, dass in der Erwachsenenwelt nun viele Menschen geimpft sind, Kinder und Jugendliche aber je nach Altersgruppe entweder noch gar nicht oder viel seltener. Das wird ihre Bedeutung für die Eindämmung der Pandemie wohl verhältnismäßig steigern.
 

Was ist beim Schulstart anders als im ersten Corona-Jahr?

Die ansteckendere Delta-Mutation dominiert das Infektionsgeschehen. Die Inzidenz ist diesmal höher (Anfang September 2020 waren etwa 30 Fälle pro 100.000 Einwohner gemeldet, jetzt sind es etwa 120). Schon die Zahl der entdeckten Fälle steigt seit Monaten. Die Dunkelziffer könnte Expert:innen zufolge derzeit in Österreich schon bei 4.000 bis 5.000 täglichen Infektionen liegen.

Gleichzeitig ist das Testangebot viel besser ausgebaut als noch im Herbst vor einem Jahr. Ein einfacher und breiter Zugang zu PCR- oder wenigstens Antigen-Tests wurde in Österreich erst ab dem Winter 2020/21 hergestellt. Das sollte helfen, die Pandemie besser einzugrenzen.
 

Was spricht für und gegen Schulschließungen?

Gezielte Schulschließungen gehören zu den Maßnahmen, die neben Arbeitsstättenschließungen am meisten gegen die Ausbreitung des Virus gebracht haben. Gleichzeitig sind Schulschließungen ein besonders harter Einschnitt. Kinder leiden psychisch und gesundheitlich unter der Isolation. Und sie können gerade in finanziell schwachen Familien in einen folgenschweren Lernrückstand geraten.

Auch die Frage der Betreuung von Kindern, die zuhause bleiben müssen, ist ungeklärt. Eltern und vor allem Mütter waren bei bisherigen Schulschließungen besonders belastet.

Schulschließungen sind für die Kinder, ihre Familien und die Gesellschaft sozial, wirtschaftlich und gesundheitlich schwerwiegende Maßnahmen und sollten nur ein Mittel sein, wenn es aus pandemischen Gründen gar nicht mehr anders geht.
 

Sind Schulschließungen in Österreich im Herbst zu erwarten?

Es ist davon auszugehen, dass die Politik das so gut wie möglich vermeiden möchte. Wenn die Welle aber zu hoch und die Fälle unter Kindern zu häufig werden, könnte es einfach wieder notwendig werden. Insbesondere lokale und regionale Maßnahmen sind dann einfach nicht auszuschließen und ziemlich wahrscheinlich. 
 

Was sind Alternativen zu Schulschließungen?

Wichtig wäre es auf jeden Fall, die Schulen so sicher wie irgendwie möglich zu machen. Die potenziellen Werkzeuge dafür sind mittlerweile bekannt. Von Luftfiltern in Klassen und wechselndem Präsenzunterricht in kleineren Gruppen über das Tragen von Masken in der Schule und die konsequente Impfung von Erwachsenen und älteren Jugendlichen, die mit den nicht-impfbaren Kindern in Kontakt kommen.
 

Wie gut ist Österreich für den Schulstart vorbereitet?

Das Konzept in Österreich setzt sehr stark auf Tests. Dreimal pro Woche soll getestet und so größere Cluster verhindert werden. Bei den sonstigen Maßnahmen setzt das Konzept für den Schulstart auf sehr lockere Regeln. Es wird vorerst einmal nur außerhalb der Klasse ein Mund-Nasenschutz von Kindern verlangt. Lehrpersonal und andere Erwachsene in den Einrichtungen müssen sich ebenfalls testen, sind aber nicht zum Impfen verpflichtet. Für Impfbare wird es in der Schule aber ein Angebot geben.

Bauliche Maßnahmen in Klassen – etwa Luftfilter – sind entgegen der Forderung vieler Beobachter:innen auch im zweiten Corona-Jahr ausgeblieben. Solange es noch einigermaßen warm ist, kann man das mit häufigem Lüften ausgleichen. Bei tieferen Temperaturen könnte der Verzicht auf aufgerüstete Zimmer aber zum Problem werden.

Der Fortschritt bei der allgemeinen Impfkampagne kann auch als Vorbereitung auf den Schulstart gesehen werden. Hier ist Österreich im Vergleich mit Ländern, die ähnliche Voraussetzungen haben, deutlich ins Hintertreffen gekommen. In Dänemark sind bereits viel mehr (8 von 10) Menschen geimpft. Dort denkt man derzeit zumindest, dass man deshalb auf viele vorbereitende und einschränktende Maßnahmen verzichten kann.
 

Was ist, wenn Kinder zuhause bleiben oder Schulen geschlossen werden müssen?

Wenn Schulen geschlossen oder Kinder wegen Fällen in ihrem direkten Umfeld zuhause bleiben müssen – was unweigerlich vorkommen wird – kommen Familien organisatorisch in Schwierigkeiten. Umso dringender muss auch die Politik dafür vorsorgen und Rahmenbedingungen schaffen. Familien, in denen der Urlaub aufgebraucht ist oder das Unternehmen sich quer legt, dürfen bei Quarantänemaßnahmen und Schulschließungen nicht im Stich gelassen werden.

Bisher wurden die Regeln für Sonderbetreuungszeiten für Eltern aber noch immer nicht wieder in Kraft gesetzt. Diese regelten einen Anspruch darauf, die Kinder in einem solchen Fall zu betreuen. Das Momentum Institut empfiehlt dringend die Wiedereinführung und dass Lohn- und Gehalt weiter fortgezahlt und vom Staat übernommen werden sollten.

Hast du noch eine Frage, die wir zu beantworten versuchen können? Dann hinterlasse uns doch einen Kommentar unter diesem Text. Wir freuen uns außerdem über Erfahrungen von Menschen in Schulen mit den Corona-Maßnahmen und werden das Thema im Verlauf des Schuljahres bestimmt öfter mit den Berichten von Betroffenen aufgreifen.

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