Seattles "Amazon Tax": Gewinner der Krise sollen zahlen
Seattle, Heimatstadt des Milliardenkonzerns Amazon, kämpft mit enormen sozialen Problemen - auch wegen Amazon. Jetzt sollen GroßverdienerInnen einen Anteil leisten die Krise zu meistern.
Der Online-Riese Amazon ist einer der größten Profiteure der Corona-Krise. Seattle, Heimatstadt des Milliardenkonzerns, kämpft dagegen mit enormen sozialen Problemen – auch wegen Amazon. Die Stadt beschloss jetzt etwas, was Großunternehmen zuvor erfolgreich blockierten: Wer besonders viel Gehalt bekommt, soll einen Anteil leisten die Krise zu meistern. Kleine Unternehmen und weniger gut Verdienende sind von der „Amazon Tax“ ausgenommen.
Die US-Metropole Seattle ist eine Stadt der krassen Gegensätze: Einerseits Sitz von milliardenschweren Unternehmen wie dem Online-Riesen Amazon, einem der wenigen und größten Profiteure der Corona-Krise. Unternehmenseigner Jeff Bezos gilt als der reichste Mensch der Welt mit einem Vermögen von 143 Milliarden Euro.
Auf der anderen Seite sind in Seattle immer mehr Menschen obdachlos. Im Jahr 2018 waren es 12.300 Menschen. Viele können sich Mieten in der Stadt nicht mehr leisten. Beides hängt miteinander zusammen: Umsatzstarke Tech-Unternehmen zahlen ihren ManagerInnen hohe Gehälter. Das lässt die Mieten steigen, bezahlbarer Wohnraum wird immer knapper, auch für die Mittelschicht.
Sondersteuer für große Einkommmen
Die Krise infolge der Coronavirus-Pandemie verschlimmerte für die Situation, im Budget klafft ein riesiges Loch. In dieser Woche beschloss der Rat der Stadt eine Sondersteuer für besserverdienende MitarbeiterInnen in großen Unternehmen: Das eingenommene Geld fließt zielgerichtet in ein Programm, das die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise bekämpft.
Zusätzlich sollen mit dem eingenommenen Geld städtische Dienstleistungen wie die Gesundheitsversorgung ausgebaut werden und neuer bezahlbarer Wohnraum entstehen.
Nur Großunternehmen betroffen
Der Clou: Nur Unternehmen, die ihren Beschäftigten jährlich insgesamt mehr als 7 Millionen Dollar an Gehältern zahlen sind von der Steuer betroffen. Und nur diejenigen MitarbeiterInnen, die mehr als 150.000 Dollar im Jahr verdienen, müssen die Sondersteuer abführen. Kleinere Unternehmen und weniger gut verdienende MitarbeiterInnen werden also nicht zusätzlich belastet.
Der progressive Steuersatz startet bei 0,7 Prozent vom Einkommen, höchstens 2,4 Prozent werden fällig für diejenigen, die am meisten Gehalt bekommen. Trotz dieser relativ geringen Steuersätze will die Stadt damit 214 Millionen Dollar pro Jahr einnehmen.
Früherer Plan scheiterte
Mit 7 gegen 2 Stimmen wurde der Plan nun angenommen. „Einen historischen Erfolg für die arbeitenden Menschen“, nannte es die Stadträtin Kshama Sawant. Ratsmitglied Teresa Mosqueda sagte: „Die EinwohnerInnen von Seattle haben es deutlich gemacht. Jetzt ist nicht die Zeit für Sparpolitik und Spaltung.“
Im Jahr 2018 hatte die Stadt bereits einmal versucht, größere Unternehmen dazu zu bringen, die grassierende Obdachlosigkeit in Seattle zu bekämpfen. Unternehmen mit mehr als 20 Millionen Dollar Umsatz im Jahr hätten pro MitarbeiterIn 275 Dollar zusätzlich in die Stadtkasse zahlen müssen.
Große Firmen wie Amazon und Starbucks gingen auf die Barrikaden, das Projekt wurde schnell beerdigt. Amazon hätte damit ganze 11 Millionen Dollar mehr an Steuern zahlen müssen. Zum Vergleich: Allein im 1. Quartal dieses Jahres machte die Firma 2,54 Milliarden Dollar Gewinn.