Warum hat uns eigentlich Sebastian Kurz die US-Wahl erklärt?

Vor einigen Jahren bekam ich von einem prominenten Grünen-Abgeordneten verbal eins drübergezogen, als ich Sebastian Kurz mit Donald Trump verglich. Der Abgeordnete wollte schließlich nicht in Koalition mit jemandem sein, der Politik wie Donald Trump macht.
Jahre später, also heute, gibt Sebastian Kurz selbst zu, wie viel ihn mit Donald Trump verbindet. Lang und breit darf er sich in TV (zuerst auf der rechtsaußen Plattform "nius", dann bei Servus TV, wenige Tage später auch im öffentlich-rechtlichen ORF bei "Im Zentrum") und Zeitungen ausbreiten, was denn der Grund für den Sieg Trumps ist. Schuld sind da auf jeden Fall “die Eliten”, die “jetzt ein Rendezvous mit der Realität” erleben.
Der Bundeskanzler und die Milliardäre gegen die Eliten
Diese bekannte und fade Zuschreibung wird mit jedem Mal aufwärmen nicht weniger lustig. Der ehemalige Bundeskanzler der Republik Österreich, der nun für Milliardäre arbeitet, und irgendwelche nebulösen Geschäfte aufbaut, gratuliert einem ehemaligen-und-jetzt-wieder-Präsidenten der Vereinigten Staaten, der in einem goldenen Turm mitten in New York City wohnt, dazu, es den Eliten jetzt mal so richtig gezeigt zu haben. Man möchte diese Leute schütteln und sie anschreien: "Ihr seid die Eliten!"
Eliten zeichnen sich im rechtsextremen Weltbild von Kurz und Trump aber nicht durch politische und ökonomische Macht aus. Elite ist für sie, wer sich dafür einsetzt, dass man ein Mal im Jahr das Geschlecht wechseln könnte. Diese intellektuelle Meisterleistung an Analyse inklusive Gejammer über einen angeblichen "Woke-Wahnsinn" bringt Kurz sehr prominent in all seinen Statements an.
Das Problem an ihr ist lediglich, dass Harris dazu gar nichts im Wahlkampf gesagt hat. Sie hat nicht mal ihre eigene Identität explizit zum Thema gemacht. Die Wahl wurde ganz woanders entschieden. Das hat etwa die Ökonomin der Stunde, Isabella Weber, als einsame Ruferin in der Wüste schon vor Monaten klar gemacht: Es geht um den eigenen Lebensstandard. Selbstverständlich spielen die rechtsextremen Kulturkämpfe eine Rolle, aber die kann man wohl kaum den Betroffenen selbst vorwerfen. Kurz mischt aber fröhlich beim Kulturkämpfen mit. Auch das hat einen Grund.
Interessenkonflikt wird verschwiegen
Sebastian Kurz steht auf der Lohnliste von Peter Thiel. Thiel ist ein Erfinder von Donald Trump und hat auch den künftigen Vizepräsidenten JD Vance finanziell massiv unterstützt. Schon vor der ersten Nominierung gehörte er zu Trumps eifrigsten Unterstützern, durfte gar am Nominierungsparteitag für die Wahl 2015/16 an prominenter Stelle sprechen.
Es gibt vieles, was man über Peter Thiel wissen muss. Das Wichtigste hat einer der intimsten Beobachter des Zerreißens der USA unmissverständlich festgestellt: er ist ein Faschist ist. Thiel spricht sich gegen die Demokratie aus, glaubt ganz im Sinne des italienischen Rassismus-Ideologen Julius Evola an eine Art Aristokratie des Geistes (zu der er selbstverständlich gehört) und pumpt seit Jahren kräftig Geld in autoritäre Projekte und Kandidat:innen. Und er kauft sich prominente Sprechpuppen ein, die offensichtlich vor allem einen PR-Charakter haben, wenn es die Zeit verlangt.
Kurz arbeitet für Thiel. Aber dieser massive Interessenkonflikt wird in österreichischen Massenmedien, die ohnehin schon im Verdacht der Einflussnahme und Inseratenkorruption stehen, einfach verschwiegen.
Die eigentliche Schlagzeile dieser Auftritte wäre: Ein Angestellter eines der größten Spender für Trump geht auf Europa-PR-Tour und verbreitet dabei all die faden wie falschen Talking Points der extremen Rechten.
Dieses Mal würden das wahrscheinlich auch jene sehen, die vor ein paar Jahren noch mit Kurz koaliert haben.



