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Wer kann sich Skifahren noch leisten?

Seitenansicht eines Skifahrers im Gegenlicht.
Credit: pixabay/StockSnap
Die Semesterferien stehen bevor und damit auch die Frage, wo die ÖsterreicherInnen diese mit ihren Kindern verbringen. Immer weniger Menschen denken dabei an einen Skiurlaub. Oft heißt es, weil sich den aufgrund steigender Liftpreise kaum noch jemand leisten kann - stimmt das wirklich?

Skifahren ist österreichischer Volkssport – manche Klischees lassen sich nur schwer besiegen. Richtig ist, dass Skifahren nach Ende des Zweiten Weltkrieges zu einem wichtigen Bestandteil der österreichischen Identität wurde (hier findest du eine Dissertation zu dem Thema). Die Unschuld der Alpen überstrahlte nach 1945 die Schuld der Menschen; die Bevölkerung konnte sich über neue, saubere Heldinnen und Helden freuen.

Angenehmer Nebeneffekt: Der Tourismus spülte Geld in die leeren Kassen. Das in der Nachkriegszeit entstandene Bild der skiverrückten Nation, die es an den Wochenenden auf die Berge treibt, ist bis heute in den Köpfen verankert.

Doch die Zahl derer, die regelmäßig Skifahren, nimmt kontinuierlich ab. Gaben in den 1980ern noch 4 von 10 ÖsterreicherInnen an, nie Ski zu fahren, waren es 2018 schon 6 von 10. Das wäre erstmal nicht weiter verwunderlich, betrachtet man die Kosten, die damit verbunden sind.

Wir haben uns angesehen, wie viel ein Paar mit zwei Kindern für einen einwöchigen Skiurlaub in den Semesterferien ausgeben muss. Es sind rund 4.000 Euro.

Für das Beispiel haben wir das bei Familien beliebte Skigebiet Serfaus-Fiss-Ladis gewählt. Die Preise beziehen sich auf Durchschnittswerte und lokale Angebote. Das Ergebnis kann natürlich nur eine grobe Annäherung sein. Aber selbst wenn man Ausgaben weglässt, weil die Kinder keinen Skikurs brauchen oder man sich ausschließlich selbst versorgt: Unter 2.000€ kostet der Urlaub auf keinen Fall. Für die Hälfte der heimischen Haushalte ist das zumindest ein Monatseinkommen oder mehr.

Doch wie sieht es aus, wenn man nur einen Tag mit der Familie auf der Piste verbringen will? Auch das ist mit etwa 420€ kein billiges Vergnügen.

420 Euro kostet dieselbe Familie ein Ausflug nach Stuhleck. Auch dieses Beispiel ist natürlich nur eine Annäherung. Es zeigt aber, wie teuer schon ein spontaner Skitag sein kann.

Was zweifelsfrei stimmt ist, dass Skifahren teurer wird – und das liegt vor allem an den Liftpreisen. Im Vergleich zum letzten Jahr stieg der Preis für Tagestickets um 3,4 Prozent an, der von 6-Tages-Tickets gar um 3,9 Prozent.
Letztere überstiegen zum ersten Mal die Marke von 300€. Die Preissteigerung bei Liftkarten liegt seit Jahren über der Inflationsrate  – warum ist das so?

Kostspieliger Schnee

Ein zentraler Grund dafür ist die Klimakrise. Im alpinen Raum stiegen die Durchschnittstemperaturen in den letzten 100 Jahren doppelt so schnell wie im globalen Mittel. Die Schneefallgrenze wandert nach oben, die Schneesicherheit sinkt. Um ihr Angebot aufrecht zu erhalten, greifen fast alle Skigebiete auf Schneekanonen und Schneelanzen zurück. Und deren Zahl ist die letzten Jahre explodiert: Gab es 2007 noch 7.000 Geräte auf Europas Pisten,  sind es laut VKI mittlerweile 30.000 – alleine in Österreich. Nur mehr 11 Skiregionen können auf künstliche Beschneiung verzichten. Angaben zur Anzahl der Skigebiete in Österreich gehen je nach Zählweise auseinander, über 400 sind es jedoch sicher. Traurige Ironie: Der immer stärkere und energieintensive Einsatz von künstlicher Beschneiung feuert umgekehrt auch wieder die Klimakrise weiter an.

Die Anschaffung und der Betrieb dieser Geräte sind kostspielig. Wir haben beispielsweise mit Angaben des Skigebiets Serfaus-Fiss-Ladis berechnet, dass die Anschaffungskosten für ihre Beschneiungsgeräte bei etwa 7 Millionen Euro liegen. Die laufenden Kosten dafür machen nach unseren Berechnungen zwischen 15 und 20 Millionen Euro aus.

Diese Kosten werden natürlich an die Gäste weitergegeben. Höhere Preise führen in der Folge dazu, dass eine wohlhabendere Kundschaft angesprochen wird: Laut einer Gästebefragung der Österreich Werbung konnten in der Wintersaison 2018/2019 etwa 60 Prozent der Urlauberinnen und Urlauber ein monatliches Haushaltsnettoeinkommen von über 3.000€ vorweisen – in Österreich liegt dieses durchschnittlich bei etwa 2.100€. Diese Gäste haben höhere Erwartungen bei Service und Qualität, was zu weiteren Investitionen der Skigebiete führt – die Preisspirale dreht sich nach oben.

 

Die Behauptung, dass sich niemand mehr das Skifahren leisten kann, ist in dieser Form falsch. 

-Peter Zellmann, Tourismusforscher

Und trotzdem: „Die Behauptung, dass sich niemand mehr das Skifahren leisten kann, ist in dieser Form falsch“, sagt Peter Zellmann vom Institut für Freizeit und Tourismusforschung. Der Grund ist aber nicht, dass es sich jeder leisten kann, sondern: „Der Skiurlaub war immer schon ein Luxusangebot.“ Die Preise würden zwar konstant steigen, aber das gelte auch für andere Lebensbereiche. Die kleine Gruppe, die ihn sich schon bisher leisten konnte, würde diese Verteuerung akzeptieren, da sich auch die Qualität der Angebote bessere. “Der Anteil derer, die früher auf Skiurlaub gefahren sind, lag bei 30 Prozent – und der hat sich bis heute nicht geändert.” Nur sehr wenige zusätzliche Menschen lassen sich durch die Preise von einem Skiurlaub abhalten.

Rückkehr des verpflichtenden Skikurses

Aber Skifahren verliert trotzdem an Bedeutung – als Alltagsaktivität. Dabei spielen erhöhte Preise eine Rolle, die Gründe dafür gehen aber auch tiefer. “Seit den 90er Jahren fahren die Schüler nicht mehr verpflichtend auf Skikurs“, so Zellmann.

Seit der Abschaffung der verpflichtenden Schulskikurse 1995 hat sich die Zahl der SchülerInnen, die an solchen freiwillig teilnehmen, von 250.000 nach Schätzungen auf 120.000 bis 130.000 verringert. Die türkis-grüne Regierung hat diesem Rückgang in ihrem Programm den Kampf angesagt: In ihrem Programm findet sich auch die Forderung nach einer verpflichtenden Wintersportwoche.

Aus diesem Rückgang „ist eine Elterngeneration entstanden, die nicht mehr Skifahren gelernt hat. Das hat vor allem in den Städten zu einem emotionalen Ausstieg geführt”, sagt Zellmann. 

Emotionale Schieflage

Dazu kommt, dass besonders im Osten viele kleine und talnahe Skigebiete ihren Betrieb wegen Schneemangel nicht aufrechterhalten konnten. Das sind die, die früher oft auch billiger gewesen sind. “Speziell Wien ist mit Schnee und Winter nicht mehr so verbunden. Man kann von einem emotionalen Ost-West-Gefälle sprechen. Denen, die ausgestiegen sind, geht aber auch nichts ab. Man hat ja viele andere Freizeitangebote, speziell im Winter. Daher ist der finanzielle Aspekt ein zu einfacher Erklärungsversuch.”

Skifahren wird also teurer. Und die Anzahl derer, die es als Alltagssport betreiben, geht nicht nur aber auch deshalb zurück. Dadurch verliert der Sport auch grundsätzlich an Bedeutung, wie Zellmann betont: “Ein Volkssport im Sinne der 70er und 80er Jahre ist Skifahren einfach nicht mehr.” 

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