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Klimakrise

Soziale Kipppunkte: Wie uns die Klimawende noch gelingen kann

Von den Klima-Kipppunkten hast du vermutlich schon gehört, doch es gibt auch soziale Kipppunkte und die könnten sogar dazu führen, dass uns die Klimawende gelingt. Katharina Rogenhofer erklärt.
 

Politik und Wirtschaft schlafen beim Klimaschutz und den Menschen reicht es damit. Zum Wachrütteln kleben sich manche im Morgenverkehr auf Straßen. Andere protestieren vor bekannten Kunstwerken in Museen. Millionen von Menschen erobern an Klimastreiktagen weltweit die Straßen.

Viele Proteste der Klimabewegung haben in den vergangenen Jahren die Aufmerksamkeit auf die fehlende Klimapolitik gelenkt. Aber bringen Proteste überhaupt noch etwas? Und wie viele Menschen muss die Klimabewegung noch überzeugen, damit etwas passiert? Nach über vier Jahren Klimabewegung frage ich mich das auch immer wieder. Und es gibt ein paar Antworten, die mir Hoffnung geben.

An der Klimakrise kommt man nicht vorbei

Zuallererst: Die Proteste der Klimabewegung haben schon eines gebracht. Am Thema Klimakrise kommt man heute nicht mehr so einfach vorbei. Es gibt Klimaschwerpunkte in verschiedenen Medien. In Interviews werden Politiker:innen häufiger zur Klimapolitik befragt denn je. An vielen Orten bilden sich Bürgerinitiativen und auf Podiumsdiskussionen müssen sich Unternehmensbosse kritische Fragen gefallen lassen. 

Ist das schon genug? Nein, aber der Aktivismus hat die öffentliche Debatte geprägt, wie nichts anderes. Allerdings hilft Reden alleine nicht. Auf den Boden gebracht wurde zu wenig. Viele fragen sich zurecht, ob sich das alles überhaupt noch ausgeht. Mir hilft da das Bild der sozialen Kipppunkte. 

Was sind soziale Kipppunkte?

Von den negativen Kipppunkten der Klimaerhitzung hast du wohl schon gehört. Ein Beispiel dafür: Wenn der Permafrostboden wegen der Erderhitzung schmilzt, setzt das Methan frei. Und das wiederum führt zu unaufhaltsamen Temperaturanstiegen.

Es gibt aber auch positive Kipppunkte. Nämlich in Gesellschaften. Sie betreffen die Handlungsbereitschaft bei Krisen. Überschreitet die Gesellschaft so einen Kipppunkt, kann tiefgreifende Veränderung innerhalb recht kurzer Zeit passieren.

Eines der wohl besten Beispiele aus der Klimabewegung ist Greta Thunberg selbst. Niemand kannte sie, als sie sich alleine vor das schwedische Parlament setzte. Aber sie blieb nicht lange allein. Mit ihrem Protest inspirierte damit eine globale Bewegung. Das gibt es nicht nur beim Klima.

Ein Beispiel dafür, dass Protest viel ändern kann, ist Rosa Parks in den USA. Sie war Teil der Bürgerrechtsbewegung für die Gleichbehandlung Schwarzer und Weißer Amerikaner:innen. Und Parks löste so einen Kipppunkt aus. Sie setzte sich im öffentlichen Bus auf einen für Weiße reservierten Platz. Viele andere taten es ihr gleich, manche besetzten auch Bars oder Straßen und führten durch den zivilen Widerstand politische Veränderungen herbei.

Ziviler Widerstand war immer verpöhnt

Das spannende: ziviler Widerstand war damals genauso verpönt wie heute. Viele Menschen hießen die Aktionen der Schwarzen Bevölkerungen nicht gut. 57% sagten in Umfragen, solche Aktionen würden der Bürgerrechtsbewegung nur schaden. Doch diese Aktionen führten schließlich zum Erfolg der Bewegung. Gesetze, die davor undenkbar schienen, wurden auf einmal beschlossen. Rassismus gibt es noch immer. Aber heute kann man sich gar nicht mehr vorstellen, dass diese Ausgrenzung einmal moralisch akzeptiert war.

Zwar ist vorher nie klar, welche Aktion einen Kipppunkt auslösen wird, aber Proteste machen viel wahrscheinlicher, dass es passiert. Die Aufmerksamkeit, die öffentliche Debatte und das steigende Wissen in der Bevölkerung zu einem Thema führen zu einem guten Nährboden für gesellschaftlichen Wandel.

Friedliche Proteste sind erfolgreicher

Dabei sind friedliche Proteste erfolgreicher als gewaltsame. Das zeigt eine umfangreiche Studie von 323 Protesten. Gewaltfreie Bewegungen führten in 53 Prozent der Fälle zu politischen Veränderungen, verglichen mit nur 26 Prozent bei gewalttätigen Protesten.

Eine andere Zahl in dieser Studie gibt mir besonders viel Hoffnung: ALLE Bewegungen, die 3,5 Prozent der Bevölkerung mobilisieren konnten, waren erfolgreich. Es muss also nicht die Hälfte der Menschen aufstehen, um Veränderung herbeizuführen. Es reicht, wenn 3,5 Prozent der Menschen aktiv für ein Anliegen auf die Straße gehen.

Es gibt Hoffnung

In anderen Studien zeigt sich, dass neben den Aktiven ungefähr 20-25 Prozent von einer Sache inhaltlich überzeugt sein müssen, damit etwas passiert. Dieser Anzahl sind wir durch die Klimabewegung in den letzten Jahren viel näher gekommen. Vielleicht ist sie sogar schon überschritten. Manche Umfragen in Österreich legen das nahe. 

Und das bedeutet großes Potenzial für einen sozialen Kipppunkt und den raschen, tiefgreifenden Wandel, den wir brauchen. Was heute noch hoffnungslos wirkt, kann sich sehr viel schneller ändern, als es scheint.

Wenn du zum sozialen Kipppunkt beitragen magst, dann zeige ich dir hier, wo du aktiv werden kannst und was das gegen Klimaangst hilft.

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