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Gesundheit

Hohe Kosten, wenig Angebot und im Strafgesetzbuch: Abtreibung in Österreich

Hohe Kosten, wenig Angebot: Abtreibung in Österreich, vor allem in Salzburg. Man sieht Barbara Blaha. Sie fordert Abtreibungen müssen straffrei werden
Abtreibung ist in Österreich immer noch nicht straffrei. Schwangerschaftsabbrüche werden nicht flächendeckend angeboten. Die neue türkis-blaue Landesregierung in Salzburg will Frauen das Leben schwerer machen. Was ist da los?

Schränkt die Salzburger Regierung Abtreibungen ein?

Es gibt da eine Sache, auf die können sich Konservative und Rechtsaußen immer sehr schnell einigen. Nein, nicht Asyl und Migration. Sondern: Frauen! Genauer gesagt: Frauen das Leben schwer machen. Die neue Landesregierung in Salzburg zeigt gleich mal, wie das geht.

Wenn ÖVP und FPÖ regieren, dann sucht man im Programm einige Dinge vergeblich.

  • Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung? Wer braucht denn sowas.
  • Gezielte Maßnahmen gegen Altersarmut? Wozu?

Stattdessen bekommen Mütter eine Herdprämie, damit sie brav zuhause bleiben. Und wenn sie schon daheim sind, dann sollen sie bitte auch ihre Schwangerschaften so abwickeln, wie es sich gehört. Du willst das Kind nicht? Du wolltest überhaupt nie schwanger werden?! Na dann gib es halt hinterher zur Adoption.

Im Regierungsprogramm steht:

„Wir werden eine Informationskampagne des Landes zur Vermeidung ungewollter Schwangerschaft sowie zu Adoption und Pflegeelternschaft als Alternative zum Schwangerschaftsabbruch ausarbeiten.“

Was war da nochmal zwischen einer Abtreibung und einer Adoption? Das war es: eine ganze Schwangerschaft. 9 lange Monate. Ein riesiger Eingriff in den Körper, der danach für immer anders ist als vorher.

Wer schwanger ist, riskiert Gesundheit und Leben

In den neun Monaten nimmt man eine Menge in Kauf: Gesundheitliche Belastungen, jede Menge Einschränkungen. Wer schwanger ist, riskiert Gesundheit und Leben: Ja, auch heute noch kann man bei einer Geburt sterben oder schwer verletzt werden.

Wer ungewollt schwanger ist und sich dafür entscheidet, abzutreiben, will eben nicht nur kein Kind, sondern auch keine Schwangerschaft.

Und zu den körperlichen kommen die finanziellen Einschnitte: Wer ein Kind in Pflege gibt, bleibt unterhaltspflichtig. Bis zu 16 Prozent des eigenen Einkommens stehen dem Kind zu, wenn es in einer Pflegefamilie groß wird.

Wer wirklich will, dass weniger Föten abgetrieben werden, stellt Verhütungsmittel kostenfrei zur Verfügung, Das ist nach wie vor der sicherste Weg, eine ungewollte Schwangerschaft zu verhindern.

Salzburg will nun auch eine Studie zu den Gründen für Abtreibungen durchführen – “um die Beratung anpassen zu können”. Aber Forschung über die Gründe, wieso sich Frauen für eine Abtreibung entscheiden, gibt es längst – eine Studie wurde 2000 vom Frauenministerium selbst beauftragt.

Hier geht es gar nicht darum, dass uns irgendeine Statistik fehlt. Sondern um Ablenkung. Solange wir darüber diskutieren, reden wir nicht über die Dinge, die für ungewollt Schwangere tatsächlich problematisch sind.

Abtreibung muss straffrei werden: Weg mit § 96

Erstens: In Österreich steht die Abtreibung immer noch im Strafgesetzbuch.

§ 96. „Wer mit Einwilligung der Schwangeren deren Schwangerschaft abbricht, ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr (…) zu bestrafen.“

Es ist die einzige medizinische Leistung in Österreich, auf die eine Haftstrafe steht. Steht so im Strafgesetzbuch, knapp hinter Mord und Totschlag.

Unter bestimmten Bedingungen ist die Leistung straffrei: Eine Abtreibung ist in Österreich grundsätzlich und für alle Beteiligten illegal. Nur in eng definierten Ausnahmen ist sie in den ersten zwölf Wochen nach der Befruchtung nicht strafbar. Abtreibungen werden damit grundsätzlich und bewusst als Unrecht deklariert. Das nur ausnahmsweise nicht bestraft wird. Und das hat handfeste Folgen.

Abtreibungen müssen in ganz Österreich möglich sein

Zweitens: Abtreibungen gehören in Österreich nicht zur medizinischen Grundversorgung. Und sind nicht für alle komplikationslos zugänglich – in manchen Bundesländern so gut wie gar nicht. Wer weit fahren muss, muss auch Reisekosten stemmen. Und es kostet viel Zeit. Zeit, die nicht alle Frauen haben: Weil sie arbeiten müssen, weil sie Kinder betreuen.

Oder weil sie nicht wollen, dass es wer mitbekommt: in der Arbeit, in der Familie. Damit zum Beispiel ihr gewalttätiger Partner nicht mitbekommt, dass sie die ungewollte Schwangerschaft beenden.

Die Kosten sollten die Krankenkassen tragen

Drittens: Selbst bezahlen müssen Schwangere den Eingriff in der Regel auch noch. Abbrüche sind verdammt teuer, sie kosten bis zu 800 Euro. Nur für Frauen mit geringem Einkommen gibt es Erstattungsmöglichkeiten – alle anderen müssen die Kosten alleine stemmen. Weil: Privatsache!

Dass man Abtreibungen auch ganz anders regeln kann, zeigen andere Länder vor.

Kanada hat sie schon 1988 aus dem Strafgesetzbuch gestrichen, detto Neuseeland. Und: In anderen Ländern Europas sind Abtreibungen auf Krankenschein längst Realität. In den Niederlanden sind sie für alle kostenlos, die in dem Land leben.

Auch in Frankreich übernimmt die Krankenkasse die Kosten. Und: Wer unter 18 ist, bekommt Verhütungsmittel gratis. Das Recht auf die Abtreibung soll in Frankreich jetzt sogar in die Verfassung kommen.

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