print print
favorites-circle favorites-circle
favorites-circle-full favorites-circle-full
Arbeitswelt

Streik bei ÖBB, Westbahn & Co: Was hast du davon?

Im Handel und bei den Metallarbeiter:innen wurde es gerade noch abgewendet, im Gesundheitswesen gab es bereits Warnstreiks, nun kam ein weiterer Streik in Österreich dazu. Die Eisenbahner legten am Montag (28.11) die Arbeit nieder. Warum?

Wieso streiken die Eisenbahner:innen?

Im Prinzip ist es recht einfach. Die Unternehmen wollen nicht genügend zahlen. Ihr Angebot ist auch nach langen Verhandlungen immer noch weit von dem entfernt, was Arbeitnehmer:innen als eine gerechte Entlohnung ihrer Arbeit empfinden.

Wie allen Menschen in Österreich, macht auch den Beschäftigten bei Bahnunternehmen die derzeit hohe Teuerung zu schaffen. Dass das bei den jährlichen Lohnverhandlungen eine Rolle spielen würde, war klar. Eine kräftige und nachhaltige Lohnerhöhung ist überall notwendig.

Gleichzeitig gibt es aber spezifische Probleme in Bahnunternehmen, die eine Rolle spielen. Manche Mitarbeiter:innen verdienen in der Branche immer noch sehr wenig. Und die Bahnunternehmen kämpfen mit einem zunehmenden Personalmangel. In den kommen fünf Jahren sollen rund 40 Prozent der Beschäftigten in Pension gehen. Für alle Mitarbeiter:innen steigt deshalb die Arbeitslast.

Dabei muss die Bahn eine wichtige Rolle im Kampf gegen die Klimakrise einnehmen. Das Angebot muss in den nächsten Jahren also noch deutlich ausgebaut werden. Um das zu schaffen, genügt es eben nicht, einfach immer mehr Züge zu kaufen und Schienen zu legen. Es müssen auch die Arbeitsbedingungen in dieser Branche attraktiv sein, damit jemand diese Züge und die Schienen instand hält. Genau deshalb möchte die Gewerkschaft die heute niedrigen Einstiegsgehälter nachhaltig kräftig anheben.

Warum genügt das Angebot der Bahn-Unternehmen nicht?

Die Gewerkschaft vida ist für den Kollektivvertrag der Eisenbahner:innen zuständig. Sie hat heuer mit einer in Österreich ungewöhnlichen Forderung auf sich aufmerksam gemacht. Im Gegensatz zu anderen Teilgewerkschaften forderten sie kein prozentuelles Lohnplus, also etwa 8 Prozent mehr, sondern ein absolutes Lohnplus von 500€ pro Monat für jeden. Im Zuge der Verhandlungen hat die Gewerkschaft ihre Forderung bereits auf 400€ pro Monat herabgesenkt.

Die aktuelle Teuerung trifft Menschen mit geringem Einkommen am stärksten. Genau jene Menschen würden auch von einem absoluten Lohnplus am stärksten profitieren. Für Beschäftigte in der untersten Lohnstufe (1300€ netto) wäre das ein Plus von 24%. Je höher das Gehalt, desto geringer ist dann der prozentuelle Zuwachs.

Die Arbeitgeber:innen bieten hingen nur ein Lohnplus von 200 Euro, also nur die Hälfte von dem, was die Gewerkschaft fordert. Zusätzlich lockt die Arbeitgeber:innen-Seite mit Einmalzahlungen von bis zu 1000 Euro. Ob die Löhne dauerhaft steigen oder Arbeitnehmer:innen Einmalzahlungen bekommen, ist aber nicht egal. Einmalzahlungen sind auf lange Frist aber ein Nachteil – insbesondere für junge Arbeitnehmer:innen. Denn Einmalzahlungen werden in den Lohnverhandlungen zukünftiger Jahre nicht mehr berücksichtigt. Man verliert deshalb für den Rest des Arbeitslebens Geld. Die Gewerkschaft lehnt die Einmalzahlung deshalb ab.

ÖBB, Westbahn, Privatbahnen: Wer streikt denn da eigentlich?

Der Streik gilt allen Unternehmen in der Bahnbranche. Das sind nicht nur die staatlichen ÖBB, sondern auch die Westbahn und zahlreiche Regionalbahnen. Das sind etwa 50.000 Menschen. Zum Teil schlossen sich auch Mitarbeiter:innen anderer Verkehrsbetriebe dem Streik an.

Wie lange streiken die Eisenbahner:innen?

Die Arbeit wird in diesem Warnstreik am Montag (28.11) von 0 Uhr bis 24 Uhr niedergelegt. Den Takt im Bahnwesen und einzelne Züge kann das noch mehrere Tage nachwirkend betreffen. Sollten die Unternehmen nicht auf die Bedürfnisse der Arbeitnehmer:innen eingehen, könnten natürlich auch weitere Streiks folgen.

Was bringt es mir, wenn die Eisenbahner:innen streiken?

Viele Medien konzentrieren sich in der Berichterstattung darauf, dass Züge ausfallen und der Verkehr an Streik-Tagen schwieriger wird. Das stimmt natürlich und kann ärgerlich sein. Aber damit werden nur die negativen Auswirkungen eines Streiks für Kund:innen der Unternehmen betont.

Was selten dazu gesagt wird: Trotzdem gibt es gute Gründe, mit Streiks solidarisch zu sein. Die Verhandlungen bringen dir selbst natürlich erstmal nicht direkt etwas, falls du nicht im bestreikten Unternehmen arbeitest. Aber ein erfolgreicher Streik verbessert die Löhne und Arbeitsbedingungen für alle.

Studien zeigen: Auch wenn erstmal nur in einzelnen Branchen höhere Löhne oder andere Verbesserungen erkämpft werden, erzeugt das Druck auf alle anderen Unternehmen, ihren Mitarbeiter:innen mehr Geld zu zahlen. Diese könnten ja sonst die Branche wechseln. Bahnunternehmen suchen derzeit etwa viele neue Mitarbeiter:innen.

Dazu kommt, dass Menschen mehr zu unseren gemeinsamen Leistungen beitragen können, wenn sie mehr Einkommen haben. Sie zahlen dann höhere Steuern und Abgaben. Das kommt wiederum uns allen zugute. Gerade die Lohnabschlüsse in Branchen, in denen die Arbeitnehmer:innen gut organisiert sind, sind deshalb zumindest indirekt auch wichtig für den Rest von uns. 

Warum ist ein Streik gerade jetzt wichtig?

In Zeiten, in denen es eine hohe Arbeitslosigkeit gibt, drücken Unternehmen gerne die Löhne so weit wie es geht. Sie profitieren dann davon, dass viele Menschen eine Arbeit brauchen und es viel Konkurrenz um Jobs gibt. In den vergangenen Jahrzehnten gab es deshalb oft Reallohn-Verluste für Arbeitnehmer:innen. Sogar in der Corona-Krise waren die Arbeitnehmer:innen bei den Lohnabschlüssen sehr solidarisch mit den Unternehmen und stellten keine hohen Forderungen – umgekehrt entließen viele Unternehmen ihre Mitarbeiter:innen.

Diese Entwicklung macht es vielen Menschen aber auch schwerer, heute mit den hohen Kosten der Teuerung zurechtzukommen. Und gerade jetzt wäre eine wichtige Phase für Arbeitnehmer:innen am Arbeitsmarkt. Denn wegen des Wirtschaftswachstums der vergangenen Monate werden in vielen Branchen dringend Leute gesucht – auch bei Bahnunternehmen fehlen in den kommenden Jahren zehntausende Arbeitnehmer:innen. Das ist eine wichtige Gelegenheit für Arbeitnehmer:innen, endlich wieder einmal eine kräftige Erhöhung der Reallöhne zu erreichen. Dafür müssen diese aber auch stärker wachsen, als bestenfalls die höheren Preise beim Einkaufen abzudecken.

Sind das die einzigen Streiks in Österreich?

Nein. Österreich ist zwar ein Land, in dem traditionell wenig gestreikt wird. In der aktuellen Lage macht sich aber in vielen Branchen der Unmut über steigende Preise, schwieriger werdende Arbeitsbedingungen und zu niedrige Löhne bemerkbar.

Jüngst gab es aber etwa bereits Warnstreiks im Gesundheitswesen, des Sicherheitspersonals an Flughäfen und bei Essens-Lieferdiensten. Neben den Eisenbahner:innen haben derzeit auch die Mitarbeiter in der Brauindustrie erste Streikmaßnahmen gesetzt. Und für Anfang Dezember sind bereits Warnstreiks im Handel angekündigt. In der Metallindustrie wurden die Streiks diesen Herbst in letzter Sekunde durch einen Kompromiss der Sozialpartner verhindert.

In Österreich wird fast nie gestreikt

In Österreich wird fast nie gestreikt

Ein Streik in Österreich? Wie geht das?

Die wichtigsten Begriffe und Regelungen rund um das Streikrecht in Österreich haben wir hier für dich erklärt.

 

    Neuen Kommentar hinzufügen

    Kommentare 0 Kommentare
    Kommentar hinzufügen

    Neuen Kommentar hinzufügen

    Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Beitrag!