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Ungleichheit

Strohmann-Argumente gegen Armut in Österreich

Armut in Österreich ist leider sehr real. Konservative, Rechte und Neoliberale nutzen aber oft sogenannte Strohmann-Argumente, um diesen Umstand ins Lächerliche zu ziehen. Natascha Strobl erklärt.

 
 

Die Armut in Österreich wächst rapide. Die nackten Zahlen: 1,7 Millionen Menschen in diesem Land leben in einem ständigen Existenzkampf. 20 Prozent aller Kinder sind armuts- und ausgrenzungsgefährdet. Gleichzeitig berichten Hilfsorganisationen von dramatischen Zuständen an den Tafeln, den Sozialmärkten und anderen Unterstützungsstellen. Und trotzdem wollen Konservative, Rechte und Neoliberale nicht darüber reden. Damit sie das nicht müssen, greifen zu ihrer stärksten Waffe: das Strohmann-Argument.

Armut in Österreich ist eine Schande

Egal unter welchem Gesichtspunkt man Armut in Österreich betrachtet: Sie ist ein menschliches Drama und eine Schande für ein angeblich so reiches Land. Besonders, wenn man bedenkt, dass gleichzeitig die börsennotierten Unternehmen Rekordgewinne machen.

2,3 Prozent der Bevölkerung sind erheblich materiell benachteiligt. Über 50.000 Menschen mehr als noch vor einem Jahr. Meistens sind es Alleinerzieherinnen und ihre Kinder. Kinder sind generell die Hauptleidtragenden von Armut. Armut bedeutet weniger soziale Kontakte, weniger Bildungschancen, kalte Wohnungen und nicht ausreichend gesunde und nährstoffreiche Nahrung. All das ist bekannt und trotzdem werden die Zahlen von Mal zu Mal dramatischer.

Was sind Strohmann-Argumente?

„Kein Problem“ denken sich da viele konservative und neoliberale Kommentator:innen. Sie stellen das Gerede von Armut als übertrieben dar. Dabei wird sie nicht geleugnet, sondern relativiert. Und zwar mit Strohmännern.

“Strohmänner” sind Aussagen, die niemand so gesagt hat, die aber trotzdem behauptet werden und an denen man sich dann abarbeitet. Sie dienen dazu, die Gegenseite lächerlich zu machen. Wie kann man nur so ein leicht durchschaubares und falsches Argument bringen? Damit möchte man die ganze Diskussion abwürgen.

Rosemarie Schwaiger kennt keine hungernden Kinder

Ein Beispiel ist die Journalistin Rosemarie Schwaiger, die unverhohlen höhnisch meint, dass es keine hungernden Kinder in Österreich gebe und ihr das alles wie im 19. Jahrhundert vorkomme. 

Eigentlich wird sie an der Stelle auf die Forderung angesprochen, Kinderarmut zu bekämpfen. Die Vorschläge reichen von einer Kindergrundsicherung bis zum Gratis-Essen in Kindergärten und Schulen. Schwaiger aber beendet die Diskussion mit der Feststellung, dass niemand in Österreich hungern muss.

Sie stellt das dann der Armut früherer Jahrhunderte gegenüber. Nur, dass die Situation so extrem wie damals ist, das hat so auch niemand behauptet. Armut und Mangelernährung beginnen nicht mit verhungernden Kindern im Straßengraben. Sie beginnen damit, nicht genügend Geld und Möglichkeiten für eine gute Ernährung zu haben.

Sie geht weiter über Kinder, die vom Schulessen abgemeldet werden, weil die Eltern es sich nicht mehr leisten können. Und sie endet bei Kindern (und Eltern), die Mahlzeiten auslassen, weil es kein Geld dafür gibt. Das SIND alles echte und viel zu weit verbreitete Probleme im HEUTIGEN Österreich. Schwaiger tut fast so, als wäre „nur“ vom Verhungern geredet worden und stößt sich an diesem „kleinen“ Aspekt, den so niemand behauptet oder in den Mittelpunkt gestellt hat.

Kritik und Zustimmung für Schwaigers Aussagen

Schwaiger wurde für diese zynische und infame Aussage viel kritisiert. Aber andere sprangen ihr sofort zur Seite und machten aus ihr deshalb das Opfer von gemeinen Angriffen.

Kurier-Chefredakteurin Martina Salomon meinte zu Schwaigers Aussage: “‘Die hungernden Kinder, ich weiß nicht, wo er die sieht. Wir haben eines der weltweit besten Sozialsysteme’ Na mehr hat sie nicht gebraucht. Der Shitstorm der politisch Gerechten walzte tagelang über sie hinweg.”

Auch Tweets wie dieser verharmlosen:

 

Man muss sich vor Augen halten, dass es hier um arme Kinder geht. Auf ihnen sollte der Fokus liegen. Stattdessen wird eine wichtige Debatte entgleist. Und über mögliche Lösungen gar nicht mehr geredet. Die Kommentator:innen, die dafür sorgen, spielen sich dann wie üblich als Opfer auf und nutzen die Möglichkeit zur Selbstinszenierung des Dagegenseins. Ihre schärfste Waffe: der Strohmann.

 

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