Teilzeitarbeit: Die 7 wichtigsten Fragen und Fakten
Wie viele Menschen arbeiten in Österreich in Teilzeit und welche Gruppen am meisten?
In Österreich arbeitet fast jede:r Dritte unselbstständig Beschäftigte in Teilzeit, das sind rund 30–31 % aller Erwerbstätigen. Bei Frauen ist die Teilzeitquote mit knapp 50 % besonders hoch, bei Männern liegt sie bei nur etwa 11 %. Damit arbeiten Frauen rund viermal so häufig in Teilzeit wie Männer.
Besonders betroffen sind dabei Mütter: Frauen mit Kindern unter 15 Jahren arbeiten bezahlt durchschnittlich rund 30 Wochenstunden, während Männer mit Kindern ihre Zeit in der Lohnarbeit meist nicht verringern, sondern im Schnitt sogar leicht erhöhen. Das zeigt, dass Teilzeitarbeit in Österreich stark mit traditionellen Rollenbildern und Betreuungsaufgaben verbunden ist.
Wohlgemerkt betreffen diese Zahlen nur die bezahlte Arbeit. Die tägliche Arbeitszeit von Frauen und Müttern ist tatsächlich höher als die von Männern und Vätern, wenn man Sorgearbeit und Hausarbeit berücksichtigt.
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Was sind die häufigsten Gründe, warum Menschen in Österreich Teilzeit arbeiten?
Die Gründe dafür, Teilzeit zu arbeiten, sind vielfältig und stark geschlechtsspezifisch:
Frauen nennen in 40 % der Fälle Betreuungspflichten für Kinder oder Angehörige als Hauptgrund. Weitere Gründe sind familiäre oder persönliche Verpflichtungen (7%), freiwillige Teilzeit (25%), Ausbildung (10%), Krankheit (4%) oder die Tatsache, dass keine Vollzeitstelle verfügbar ist (6%).
Männer hingegen geben am häufigsten eine Ausbildung (27%) als Grund an. Etwa 22 % entscheiden sich freiwillig für Teilzeit, 9 % wegen Betreuungspflichten, weitere 9 % finden keine Vollzeitstelle, 7 % arbeiten aus gesundheitlichen Gründen weniger. 24% gaben als Grund “Sonstiges” an.
Auch das Alter spielt eine Rolle: Bei Menschen unter 30 Jahren ist Ausbildung der wichtigste Grund für Teilzeitarbeit, zwischen 30 und 45 Jahren dominiert die Betreuung, ab 50 überwiegt die freiwillige Teilzeit.
Weshalb wird Teilzeitarbeit politisch so kritisiert?
Die Kritik an Teilzeitarbeit zielt vor allem auf die ökonomischen Folgen ab: Wer Teilzeit arbeitet, verdient weniger, zahlt damit weniger an Steuern und Abgaben ein und hat insgesamt geringere berufliche Aufstiegschancen. Betroffen sind vor allem Frauen, die damit im Alter ein höheres Risiko für Altersarmut haben. Teilzeitarbeit kann dadurch zur Gender-Falle werden.
Politisch wird über Anreize für mehr Vollzeitarbeit diskutiert, etwa durch die Gewährung von Vollzeit-Boni. Linke und Progressive plädieren auch dafür, die Vollzeitarbeit zu verkürzen. Das würde höhere Löhne für Menschen bedeuten, die gar nicht mehr Zeit in der Lohnarbeit verbringen können, auch wenn sie wollen (und mehr Freizeit für alle anderen). (Mehr zum Thema Arbeitszeitverkürzung findest du hier.)
Konservative und Liberale wollen der Teilzeit durch Strafen entgegenwirken – etwa durch Kürzungen bei Versicherungs- und Sozialleistungen für Teilzeitkräfte. Studien zeigen jedoch, dass finanzielle Anreize oder Strafen wenig bewirken, solange strukturelle Hürden wie fehlende Ganztags-Kinderbetreuung bestehen. Denn wer Teilzeit arbeitet, weil der Kindergarten bereits um 12 Uhr schließt, kann auch mit Bonuszahlungen keine Vollzeitstelle annehmen.
Wollen Unternehmen ihre Mitarbeiter:innen zu längeren Arbeitszeiten motivieren, steht ihnen natürlich ein sehr offensichtliches Mittel zur Verfügung, für das es keine Politik brauchen würde: höhere Löhne.
Wie wirkt sich Teilzeitarbeit auf Gehalt, Pension und Karrierechancen aus?
Frauen arbeiten im Schnitt bezahlt 31,4 Wochenstunden, Männer 38,5 – also rund ein Viertel mehr. Weniger Arbeitsstunden bedeuten nicht nur geringeres Einkommen, sondern auch weniger Einzahlungen in die Arbeitslosenversicherung und vor allem Pension. Dadurch verstärkt Teilzeit den ohnehin schon großen Gender-Pension-Gap in Österreich.
Auch in der Karriere wirkt sich Teilzeit aus: Führungspositionen und Aufstiegsmöglichkeiten sind in vielen Branchen immer noch an Vollzeitbeschäftigung gebunden. Gleichzeitig zeigt aber die Statistik, dass Frauen insgesamt mehr arbeiten als Männer, wenn unbezahlte Care-Arbeit mitgerechnet wird. Sie leisten also nicht weniger, sondern werden für einen großen Teil ihrer Arbeit schlicht und einfach nicht bezahlt. Auch diese Arbeit ist aber für die Volkswirtschaft und Gesellschaft notwendig.
Welche gesellschaftlichen Auswirkungen ergeben sich durch den hohen Anteil an Teilzeitarbeit?
Der hohe Anteil an Teilzeitbeschäftigungen in Österreich führt zu einer Polarisierung der Arbeitszeiten: Frauen arbeiten deutlich häufiger in Teilzeit und übernehmen damit auch den größten Teil der unbezahlten Care-Arbeit, während Männer überwiegend in Vollzeit bleiben. Das verstärkt traditionelle Rollenbilder und trägt zur Verfestigung des Gender Pay Gap und der Gender Pension Gap bei – Österreich liegt hierbei im EU-Spitzenfeld.
Gleichzeitig bedeutet Teilzeit für viele Frauen eingeschränkte Karrierechancen und eine höhere Gefahr von Altersarmut. Auf gesamtwirtschaftlicher Ebene geht der Arbeitsmarkt dadurch auch ein erhebliches Potenzial an Arbeitskraft verloren, das bei besserer Infrastruktur (wie zum Beispiel Ganztags-Kinderbetreuung) stärker genutzt werden könnte.
Welche Vorteile bringt Teilzeitarbeit gesellschaftlich trotz der Kritik?
Trotz der Kritik hat Teilzeitarbeit positive gesellschaftliche Auswirkungen. Sie ermöglicht vielen Beschäftigten eine bessere Vereinbarkeit von Beruf, Familie, Ausbildung und Freizeit. Dadurch bleibt mehr Zeit für Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen oder Weiterbildung – Bereiche, die für die Gesellschaft enorm wichtig sind, aber oft unbezahlt und ungesehen bleiben.
Auch Freiwilligenarbeit und Engagement werden durch Teilzeitarbeit ermöglicht. Teilzeit kann außerdem die gesundheitliche Belastung verringern, Work-Life-Balance fördern und Menschen dadurch länger im Erwerbsleben halten, insbesondere ältere Arbeitnehmer:innen. Vollzeit-Arbeitskräfte arbeiten in Österreich mehr Stunden als in fast allen anderen Ländern. Das spricht dafür, dass die Arbeitszeit nicht optimal verteilt ist. Viele Jobs sind so auch einfach zu anstrengend, um auf Dauer im Ausmaß der heutigen Vollzeit gemacht zu werden. Hier deutet die hohe Teilzeitquote auf einen Bedarf an eine allgemeine Arbeitszeitverkürzung hin.
Gesellschaftlich gesehen schafft Teilzeit auch Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt, etwa für Studierende oder Personen in Übergangsphasen.
Wie unterscheidet sich die Teilzeitquote im internationalen Vergleich?
Österreich hat eine der höchsten Teilzeitquoten in Europa. 2022 lag die Quote bei etwa 30 % – das ist Platz 2 in der EU, nur die Niederlande haben noch mehr Teilzeitbeschäftigte. Besonders auffällig ist der Unterschied zwischen den Geschlechtern: Während die Teilzeitquote bei Männern (11,3 %) nur leicht über dem EU-Schnitt liegt, ist sie bei Frauen mit fast 50 % dramatisch höher als im europäischen Durchschnitt (ca. 28 %). Österreich weist damit einen der stärksten Gender-Arbeitszeitunterschiede in Europa auf.
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