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Klimakrise

Heißestes Jahr seit 125.000 Jahren: Warum wir Temperaturen der Vergangenheit so genau kennen

Das Jahr 2023 wird vermutlich das heißeste seit 125.000 Jahren. So lautet zumindest die Einschätzung von Forscher:innen der EU. Aber wie können wir das überhaupt so genau einschätzen?

Berichten Medien über aktuelle Temperaturen, fallen sehr oft Superlative. Die Erderhitzung führt dazu, dass wir häufiger Extremwerte verzeichnen. Der September 2023 war etwa in Österreich der heißeste der Messgeschichte. Der Oktober genauso. Und laut EU-Klimawandeldienst “Copernicus Climate Change Service” wird das Jahr 2023 wohl zum heißesten seit 125.000 Jahren.

“Aber wer hat denn vor 125.000 Jahren die Temperatur vom Thermometer abgelesen??” Solche Fragen erhält man unweigerlich, wenn man über diese Extremtemperaturen schreibt. Wissen wir denn wirklich die genauen Temperaturen der einzelnen Jahre? Und wie zuverlässig sind diese Daten eigentlich?

Wie lange wird das Wetter schon aufgezeichnet?

Für einige hundert Jahre können wir auf menschliche Aufzeichnungen zurückgreifen. In Österreich ist die älteste erhaltene Messreihung ab 1767 erhalten. 1851 wurde der Vorgänger der GeoSphere Austria (vormals ZAMG) als erster eigenständiger Wetterdienst der Welt gegründet.

Tägliche Daten sind für Österreich aber grundsätzlich erst seit 1948 erhalten. Viele der früheren Daten sind auch nicht für exakte wissenschaftliche Aussagen geeignet. Dazu sind sie oftmals zu unpräzise oder durch Messfehler verfälscht. 
 

Wie können wir wissen, wie heiß oder kalt es vor Temperaturaufzeichnungen war?

Menschliche Aufzeichnungen reichen also nicht nur wenige Jahrhunderte zurück, sie sind noch dazu oft ungenau. Um weiter zurückzublicken, verwenden Wissenschaftler:innen indirekte Beobachtungen, sogenannte „Proxies“. Denn Temperaturen hinterlassen viele natürliche Spuren, die man auslesen kann. 

Dazu gehören etwa Eisbohrkerne. In Luftbläschen im Eis ist die Information über die Zusammensetzung der Luft enthalten. In Regionen, in denen Eis nie auftaut – etwa der Antarktis oder manchen Gebirgsgletschern – kann man diese Informationen auslesen. Dazu sind teils kilometertiefe Bohrungen notwendig. Das führt nicht nur zu Rückschlüssen über die Temperaturen. Wissenschaftler:innen können mittlerweile etwa auch ermitteln, wie hoch die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre war.

Eine weitere Möglichkeit zur Temperaturbestimmung liefern Baumringe. Mit ihnen lässt sich nicht nur das Alter eines Baums ermitteln. Die Breite der Ringe gibt, einfach gesagt, Auskunft über die klimatischen Bedingungen des jeweiligen Jahres. Durch Vergleiche mit anderen Holzstrukturen lassen sich so teilweise Klimatabellen über mehrere Jahrtausende erstellen.

Neben diesen beiden gibt es noch viele andere Möglichkeiten, Temperaturen der Vergangenheit herauszufinden. Ablagerungen in Gewässer, Korallenrückstände oder auch Pollen können dazu dienen, Temperaturen zu bestimmen. Die Methoden sind so komplex, dass sich eigene wissenschaftliche Felder darum gebildet haben – etwa die Dendroklimatologie für Klimaanalysen durch Holzstrukturen.

Ergeben solche Messungen nicht nur punktuelle Werte?

Wie heiß es vor 70.000 Jahren in einer bestimmten Region war, sagt an sich noch nichts über das weltweite Klima und den Temperaturverlauf aus. Deswegen werden die Ergebnisse auch mit möglichst vielen anderen verglichen. So können Wissenschaftler:innen einerseits ausschließen, dass sie von Temperaturschwankungen in die Irre geführt werden. Andererseits gleicht das mögliche Ungenauigkeiten bei Messmethoden aus. 

Unser Wissen über Temperaturen der Vergangenheit verdanken wir also nicht nur einzelnen Quellen. Unterschiedliche Forschungsfelder kümmern sich in allen Regionen der Welt darum, Werte über die Vergangenheit zu ermitteln.

Was wissen wir über die Temperaturen der Vergangenheit?

Eine grundsätzliche Erkenntnis ist: Das weltweite Klima hat sich schon immer verändert. Es unterliegt natürlichen Schwankungen, die teils auch sehr stark ausfallen, etwa in Eiszeiten. Diese natürlichen Schwankungen haben wir aber längst verlassen.

Daher schreiben wir auch nicht über den “Klimawandel”, wenn wir über die Erderhitzung berichten, sondern über die “Klimakrise”. Denn so schnell, wie in den letzten 50 Jahren, hat sich das Klima seit mindestens 2.000 Jahren nicht verändert, möglicherweise sogar seit 125.000 Jahren. Die Menge an CO2 in der Atmosphäre war seit 2 Millionen Jahren nicht mehr so hoch.

Dass diese Form der Klimaveränderung durch den Menschen verursacht wird, ist auch durch den Blick in unsere Vergangenheit mittlerweile gesichert.

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